Pterophorus pterodactylus, pentadactylus - Alucita polydactyla

[439] Schließlich wollen wir noch mit ein paar Worten der Geistchen oder Federmotten (Pterophoridae) gedenken, welche die letzte Schmetterlingsfamilie bilden. Ihre Flügel sind in lange, beiderseits gefranste Zipfel gespalten, so daß sie mit den Fahnen nebeneinander liegender Federn verglichen werden können. Die Vorderflügel pflegen sich in zwei, die hinteren in drei oder bei anderen jeder in sechs Federn zu zerlegen, dabei gäbe die Verschiedenheit des Aderverlaufes Anlaß genug, noch mehrere Gattungen von den schon vorhandenen abzutrennen. Der Körper und vorzugsweise die Beine sind sehr gestreckt und zart, der Kopf ist kugelig, die Rollzunge stark entwickelt; die Taster sind vortretend und mit langem Mittelgliede versehen. Nebenaugen kommen vor, fehlen aber auch. Die sechzehnfüßigen Räupchen leben frei an niederen Pflanzen oder Sträuchern und verpuppen sich an denselben in losen Gespinsten oder auch an der Erde. Bei Pterophorus (Alucita) fehlen die Nebenaugen, die Vorderflügel spalten sich erst vom letzten Drittel an in zwei Federn und zwar in zugespitzte, am Innenwinkel gerundete. Die sehr zahlreichen Arten wurden von Zeller in mehrere Gruppen je nach dem Aderverlaufe geordnet. Eine der gemeinsten Arten, von Schonen und Gothland bis nach Sicilien und östlich bis in das Kasansche verbreitet, ist der 22 bis 24 Millimeter spannende Pterophorus pterodactylus. Körper und Vorderflügel sind graugelb oder zimmetbraun, letztere an der Theilungsstelle und am Saume dunkler gefleckt. Die grauen Hinterflügel haben an der dritten Feder sehr lange Fransen. Dies letzte Merkmal unterscheidet die Art von dem ungemein ähnlichen P. fuscus. Sehr leicht kenntlich wird durch die schneeweiße Färbung der P. pentadactylus (Fig. 8, S. 436), eine der größten und am meisten verbreiteten Arten, die in ganz Europa, mit Ausnahme des hohen Nordens vorkommt. Die Raupe lebt auf der Acker- und Zaunwinde.

Die Arten, deren Flügel dadurch fächerartig werden, daß sich jeder in sechs linienförmige Federn bis zur Wurzel spaltet, und denen gleichzeitig Nebenaugen zukommen, hat man neuerdings sogar zur Familie der Alucitinen erhoben. Die zierliche Alucita polydactyla theilt das Ansehen mit mancher recht ähnlichen Art. Bei ihr ist das letzte Tasterglied aufsteigend und dem vorletzten an Länge gleich, die blaß gelbgrauen Flügelstrahlen erscheinen durch mehrere dunkle Querbinden wie gewürfelt, zwei verloschen weiß gerandete durchziehen die Vorderflügel, von denen die äußere mit einem einfachen dunkeln Flecke am Vorderrande beginnt. Das 13 Millimeter spannende Geistchen verbreitet sich im mittleren Europa allgemein. Die Raupe lebt in der Blüte des Geisblattes (Lonicera periclymenum), in welche sie sich am unteren Röhrentheile einbohrt, so daß der Saum vorn nicht zur Entwickelung gelangt, sondern geschlossen bleibt. Wo sie einmal haust, findet sie sich alljährlich wieder. An der Erde erfolgt die Verwandlung zur Puppe.

Quelle:
Brehms Thierleben. Allgemeine Kunde des Thierreichs, Neunter Band, Vierte Abtheilung: Wirbellose Thiere, Erster Band: Die Insekten, Tausendfüßler und Spinnen. Leipzig: Verlag des Bibliographischen Instituts, 1884., S. 439-440.
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