Kornmotte, weißer Kornwurm (Tinea granella)

[433] Die Kornmotte, der weiße Kornwurm (Tinea granella, Fig. 5), wird als Raupe, wie der früher erwähnte »schwarze Kornwurm«, dem Getreide auf den Speichern schädlich. Man kann [433] den bis 13 Millimeter spannenden Schmetterling während des Juni im Freien allerwärts bei Tage fest sitzen sehen, dachartig mit den durch die Fransen nach hinten verbreiterten Vorderflügeln den Leib deckend. Ich erzog ihn aus Holzschwämmen der Eichen und Obstbäume. Die stumpf lanzettförmigen Vorderflügel – diese Gestalt haben sie ohne die Fransen – sind silberweiß, dunkelbraun bis schwarz marmorirt. Die Fransen und Ränder erscheinen dunkelfleckig, und ziemlich beständig verläuft der größte Fleck von der Mitte des Vorderrandes bindenartig bis zum Innenwinkel. Die Hinterflügel sind einfarbig, glänzend weißgrau. Die fadenförmigen, schwarzen Fühler erreichen ungefähr zwei Drittel der Vorderflügellänge, die walzigen Taster stehen geradeaus und wenig über den Stirnschopf hervor. An den bläulichgrauen Beinen sind die Schienen mit zwei silberweißen Sporenpaaren bewehrt, die der hintersten mit langen, weißen Haaren besetzt. Eben ausgekrochen paaren sich die Thierchen, und das Weibchen sucht nachher mit Vorliebe die Getreidespeicher auf, wenn es nicht daselbst geboren wurde, legt ein bis zwei Eier an ein Korn, welcher Art, scheint ihm ziemlich gleichgültig. Bis Mitte Juli spätestens beendigt es dieses Geschäft und büßt es mit dem Tode. Dort kann man die kleinen Leichenzahl reich in den Spinnengeweben hängen sehen. Nach zehn bis vierzehn Tagen kriechen die Räupchen aus. In der letzten Woche des Juli wird man sie schon gewahr an den kleinen Kothhäufchen, welche an den von ihnen benagten und zu drei, vier und mehr zusammengesponnenen Körnern hängen, sie halten sich nicht an ein Korn, sondern naschen an mehreren und verbinden dieselben durch ein Gewebe, unter dessen Schutze sie äußerlich daran fressen. Die Raupe ist beinfarben, an Kopf und Nackenschild dunkler, hat sechzehn Beine und erreicht in einer Länge von etwa 10 Millimeter ihr volles Maß. Ende August oder anfangs September wird sie unruhig, läuft auf dem Getreide umher, überall Seidenfäden zurücklassend, und sucht ein geeignetes Plätzchen zur Verpuppung. Dasselbe findet sie ebensowohl in ausgehöhlten Körnern, wie in den Ritzen der Dielen oder Balken. Im Gespinste, welches sie aus den Abnagseln ihrer Umgebung anfertigt, bleibt sie bis zum Frühlinge liegen, dann erst wird sie zu einer bräunlichgelben Puppe, deren Kopfende in eine stumpfe Spitze ausläuft. Die Gespinste finden sich öfters in kleinen Gesellschaften beisammen.

Quelle:
Brehms Thierleben. Allgemeine Kunde des Thierreichs, Neunter Band, Vierte Abtheilung: Wirbellose Thiere, Erster Band: Die Insekten, Tausendfüßler und Spinnen. Leipzig: Verlag des Bibliographischen Instituts, 1884., S. 433-434.
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