Weißbunter Erlenwürger (Cryptorhynchus lapathi)

[152] Der weißbunte Erlenwürger, Weidenrüßler (Cryptorhynchus lapathi), ist der einzige europäische Vertreter einer sehr artenreichen (200) südamerikanischen Gattung und eine von den sechsundzwanzig Arten, welche, auf noch drei andere Gattungen vertheilt, als die einzigen Glieder einer der größten Sippen (Kryptorhynchiden) der ganzen Familie in Europa zu Hause sind. Der Rüssel des genannten Käfers läßt sich in eine tiefe Brustfurche legen, welche zwischen den [152] Mittelhüften endigt und die Vorderhüften natürlich auseinanderdrängt. Zu der unten gegebenen Abbildung sei noch bemerkt, daß die Fühlergeisel aus sieben Gliedern besteht, und daß der Körper durch dichtes Schuppenkleid schwarz, braun und weiß erscheint, am letzten Drittel der Flügeldecken kreideweiß. Das hübsche, 7,5 bis 9 Millimeter lange, sehr unebene Thier sitzt am Weidengebüsch, am Schwarz- und Weißeller, ohne durch seinen Fraß an den Blättern schädlich zu werden.


1 Weißbunter Erlenwürger (Cryptorhynchus lapathi), vergrößert und in natürlicher Größe. 2 Braunwurz-Blattschaber (Cionus scrofulariae) und Puppengehäuse an der Futterpflanze in natürlicher Größe. Käfer außerdem vergrößert.
1 Weißbunter Erlenwürger (Cryptorhynchus lapathi), vergrößert und in natürlicher Größe. 2 Braunwurz-Blattschaber (Cionus scrofulariae) und Puppengehäuse an der Futterpflanze in natürlicher Größe. Käfer außerdem vergrößert.

Im Mai begegnet man ihm am zahlreichsten und dann gewöhnlich gepaart, das Männchen auf dem Weibchen sitzend; dann werden die Käfer sparsamer, sind während des Juli und einen Theil des August verschwunden, nach dem Herbste hinzeigen sich aber wieder vereinzelte. Am 28. August 1872 sah ich so im Vorbeigehen wohl ein Dutzend verbundene Pärchen und selbst am 3. Oktober noch vereinzelte Käfer. Da sich Ende Juli reife Larven und Puppen finden, so dürften die später erscheinenden Käfer junge sein, welche ihr Brutgeschäft noch betreiben, oder sich wieder verkriechen, um nach der Ueberwinterung an dasselbe zu gehen. Das befruchtete Weibchen legt seine Eier an das Holz der genannten Futterpflanzen und die Larve frißt zunächst flach unter der Rinde platzweise, so daß diese durchlöchert erscheinen kann, und geht dann in einem gerade aufsteigenden Gange im Holze weiter, möglich, daß diese Fraßweise auf eine zweijährige Brut deutet, da auch bei anderen bohrenden Larven im ersten Jahre eine oberflächliche, im zweiten eine in das Holz übergehende Fraßweise beobachtet worden ist. Die erwachsene Larve kehrt sich am Ende des Ganges um und verpuppt sich. An den Saalufern bei Halle lebt die Larve in den alten knorrigen Wurzelstöcken der Korbweiden, welche durch sie und andere Bohrer nach und nach früher absterben, als wenn sie unbewohnt wären. Schädlicher werden die Larven entschieden in jungen Ellernpflanzungen und Ausschlagbeständen, wo sie junges und älteres Holz zerbohren und dasselbe absterben machen. Auch in jüngeren Birkenbeständen kommen sie vor und tödten dieselben. Wo sie einmal in so verderblicher Weise hausen, bleibt nichts weiter übrig, als die mit Brut besetzten Theile abzuhauen und zu verbrennen.

Quelle:
Brehms Thierleben. Allgemeine Kunde des Thierreichs, Neunter Band, Vierte Abtheilung: Wirbellose Thiere, Erster Band: Die Insekten, Tausendfüßler und Spinnen. Leipzig: Verlag des Bibliographischen Instituts, 1884., S. 152-153.
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