Ihre Abarten: italienische (Apis ligustica), egyptische (Apis fasciata), afrikanische, Biene von Madagaskar

[214] Es ließe sich noch vieles von diesen so überaus interessanten Thierchen erzählen, besonders auch Züge aus ihrem Leben, welche von mehr als bloßem »Instinkte«, von einer gewissen Ueberlegung Zeugnis geben, weil sie außer dem Bereiche der Gewohnheiten und der angeborenen Beschäftigung liegen: allein wir dürfen sie nicht zu sehr bevorzugen vor so vielen anderen [214] Verwandten, deren Lebensverhältnisse kaum minder reich an beachtenswerthen Einzelheiten sind. Am Schlusse sei nur noch bemerkt, daß man in Rücksicht der Körperfärbung sechs Spielarten unterscheiden kann. Hiernach wäre die vorher beschriebene dunkle, einfarbige a) die nordische Biene, welche sich nicht nur über den ganzen Norden von Europa ausbreitet und bis vor noch wenigen Jahren daselbst die einzige war, sondern auch im südlichen Frankreich und Spanien, in Portugal, einigen Gegenden Italiens, in Dalmatien, Griechenland, der Krim, auf den Inseln Kleinasiens und dessen Küstenstrichen, in Algier, Guinea, am Kap und in einem großen Theile des gemäßigten Amerika anzutreffen ist. b) Die italienische Biene (Apis ligustica, Fig. 2, S. 212), mit braunrother Hinterleibswurzel und hochrothen Beinen der Königin. Sie findet sich in den nördlichen Gegenden Italiens, in Tirol, der italienischen Schweiz und wurde in eine große Menge von Bienenstöcken Deutschlands eingebürgert. c) Eine sich von der vorigen durch ein gelbes Schildchen unterscheidende Abart kommt im südlichen Frankreich, Dalmatien, im Banat, auf Sicilien, der Krim, auf den Inseln und dem Festlande von Kleinasien wie im Kaukasus vor. d) Die egyptische Biene (Apis fasciata, Fig. 3, S. 212), ebenfalls mit rothem Schildchen und weißer Behaarung. Sie lebt in Egypten und breitet sich über Sicilien und Arabien, weiter nach dem Himalaya und China aus. Die Einbürgerungsvereine haben sie neuerdings auch in Deutschland eingeführt. Die egyptische Biene geht unmerklich über in e) die afrikanische, welche mit Ausnahme Algiers und Egyptens über ganz Afrika ausgebreitet ist. f) Die auffallend schwarze Biene von Madagaskar ist nur auf der genannten Insel und auf Mauritius heimisch. In Kaschmir, wo jeder Landwirt Bienenstöcke hält und dieselben so anlegt, daß walzige Oeffnungen für sie in den Wänden des Wohnhauses gelassen werden, ist die Biene kleiner als bei uns und vermuthlich eine andere Art, die sich auch in einem Theile des Pendschab wieder findet; dagegen kommt auf den südlichen Gebirgen eine andere Biene vor, die größer ist als unsere nordische, auch in zahlreicheren Völkern bei einander lebt, deren Honig aber häufig giftige Eigenschaften besitzen soll.

In den Gleicherländern, vorzüglich in Brasilien wie auf den Sundainseln und in Neuholland, leben in zahlreichen Arten wilde Bienen, die im ersteren Lande unter dem gemeinsamen Namen der »Abelhas« gekannt sind und ohne Pflege von Seiten der Menschen diesen reiche Vorräthe von Honig liefern, wenn sie ihre Nester aufzufinden wissen. Höchst eigenthümlich ist die Art, welche die Eingeborenen Neuhollands bei dieser Gelegenheit befolgen. Sie fangen eine Biene, kleben ihr ein weißes Federchen an, lassen sie wieder fliegen und setzen ihr über Stock und Stein, durch Busch und Hecke nach. Trotz der Stolperei, die bei einer solchen Hetzjagd nicht ausbleiben kann, sollen sie die gezeichnete Biene selten aus den Augen verlieren und in der Regel als Lohn für ihre Mühe das Nest auffinden.

Quelle:
Brehms Thierleben. Allgemeine Kunde des Thierreichs, Neunter Band, Vierte Abtheilung: Wirbellose Thiere, Erster Band: Die Insekten, Tausendfüßler und Spinnen. Leipzig: Verlag des Bibliographischen Instituts, 1884., S. 214-215.
Lizenz:
Kategorien: