Priocnemis variegatus, Agenia punctum, domestica

[278] Von Pompilus unterscheidet sich die Gattung Priocnemis (Fig. 4, S. 277) durch die über das Ende der oberen hinausgehende untere Schulterzelle, welche hier also länger ist als dort, durch eine Querfurche im zweiten Bauchringe des Weibchens und durch einen Sägerand der mehr kantigen Hinterschienen, ein Unterschied, welcher gleichfalls bei dem genannten Geschlechte besser ausgeprägt ist als beim Männchen. Die zahlreichen, oft recht ähnlichen Arten zu unterscheiden, bietet nicht mindere Schwierigkeiten, wie bei der vorigen Gattung. – Sehr ähnlich ist Agenia, nur hat der Hinterleib einen kaum bemerkbaren Stiel, und der Sägerand fehlt den Hinterschienen. Die Weibchen bauen in Sand, an Lehmwände, hinter Baumrinde usw. eine Anzahl tonnenförmiger Zellen, welche aus lauter kleinen Lehmklümpchen zusammengeleimt werden, wie die hier dargestellten Zellen unserer Agenia punctum (Fig. 5, S. 277) zeigen, welche ich mehrfach hinter Rindenstücken an schadhaften Stellen der Baumstämme aufgefunden habe. Eine jede wird für die Larve mit einer mäßig großen Spinne versorgt, der vorher die Beine abgebissen worden sind. Gueinzius entwirft von einer Art, der 19 Millimeter messenden Agenia domestica, wie ich sie genannt habe, ein sehr friedliches [278] Bild, indem er schreibt: »Von allen mir bekannten ist dieses Hymonopteron das zutraulichste und eine gewisse Anhänglichkeit an den Menschen bethätigende. An verschiedenen Orten, wo ich jahrelang in der Nähe von Waldungen wohnte, hatte ich jeden Sommer immer einige Stücke in meinem Zimmer. Stand ich in der Thüre und die Sonne fiel auf meine Beinkleider, so erschien die Wespe, um sich daselbst mit gespreizten Beinen zu sonnen, spazierte gemächlich an den Fensterscheiben auf und nieder, oder schnurrte neben mir so lange an den Fenstern herum, bis ich sie hinausließ. Hatte ich ein Buch in der Hand und die Sonne fiel auf dasselbe, so setzte sich gleich eine Wespe breitbeinig darauf. Anhauchen schien ihr nur zu gefallen, und wegblasen ließ sie sich auch nicht, kam wenigstens gleich wieder und kletterte am Arme empor, setzte sich in den Bart, auf den Mund; Blasen mit demselben erschreckte sie nicht und ans Stechen dachte sie nie. So wurde mir diese Wespe durch ihre allzugroße Zudringlichkeit öfters lästig. Hatten die Thierchen sich draußen des letzten Sonnenstrahles erfreut, so krochen sie durch ein verstecktes Loch im Fensterrahmen in das Zimmer und suchten hier ihre Verstecke auf. Diese Art baut Zellen von Erde unter Kisten oder in Kasten, auch in beutelförmige Vogelnester; die Zellen sind weniger nett und regelmäßig, auch nicht überkleidet. Als Nahrung für die Brut werden nur graue Wolfsspinnen eingetragen«.

In heißen Ländern leben auf ähnliche Weise noch außerordentlich stattliche, bis zweiundfunfzig Millimeter messende Arten, die auf eine Reihe anderer Gattungen vertheilt worden sind, hier aber nicht weiter erörtert werden können.

Quelle:
Brehms Thierleben. Allgemeine Kunde des Thierreichs, Neunter Band, Vierte Abtheilung: Wirbellose Thiere, Erster Band: Die Insekten, Tausendfüßler und Spinnen. Leipzig: Verlag des Bibliographischen Instituts, 1884., S. 278-279.
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