Sand-Knotenwespe (Cerceris arenaria)

[286] Zur nächsten Verwandtschaft gehören die mit vielen Arten über die ganze Erde ausgebreiteten Knotenwespen (Cerceris). Bei ihnen setzt sich das erste Hinterleibsglied knotig gegen die übrigen ab, und auch die folgenden schnüren sich in den Gelenken merklich ein, so daß die Hinterleibsform die Gattung auf den ersten Blick erkennen läßt. Die zweite Unterrandzelle ist dreieckig und gestielt und die Randzelle am Ende stumpf gerundet (Fig. 4, S. 201). Zwischen den nicht merklich gebrochenen Fühlern zieht eine Längsleiste nach dem Gesichte herab, welches sich bei dem immer kleineren Männchen durch reichlich gelbe Zeichnung auf schwarzem Grunde und durch goldiges Wimperhaar an den Ecken des Kopfschildes auszeichnet. Während dem Weibchen dieser Schmuck fehlt, hat es bei manchen Arten eigenthümliche Platten und nasenartige Ansätze des Gesichtes vor seinem Männchen voraus. Ueberdies liegt noch ein durchgreifender Geschlechtsunterschied in der Bildung des letzten Rückengliedes, der sogenannten oberen Afterklappe. Dieselbe ist beim Männchen regelmäßig viereckig, beim Weibchen vorn und hinten bogig verengt, so daß ein eiförmiger oder elliptischer Umriß zu Stande kommt. Schwarze Körperfarbe und gelbe oder weiße Binden am Hinterleibe bilden das Kleid der meisten Knotenwespen, in den wärmeren Erdstrichen finden sich aber durchaus roth oder rothgelb gefärbte, mit untergeordnet dunkeln Zeichnungen. Man trifft die mäßig beweglichen Wespen auf Blumen und ihre gekrümmten, bis 26,2 Centimeter tief gehenden Röhren in der Erde. Verschiedene Arten tragen verschiedene Kerfe als Larvenfutter ein, unsere heimischen vorherrschend Sand- und Schmalbienen sowie andere Aderflügler. Fabre verschaffte sich aus dem Neste der Cerceris vespoides Rossi's (major Spin.) den Cleonus ophthalmicus, einen sonst schwer aufzufindenden Rüsselkäfer, in größeren Mengen. Durch einen oder zwei Stiche zwischen den ersten und zweiten Brustring seitens der Wespe verfällt der Käfer sofort in Scheintod. Dufour sah eine andere Art in Frankreich schöne und seltene Prachtkäfer zu Neste tragen und nannte sie darum [286] den Prachtkäfertödter (Cerceris bupresticida). Bewundernswerth war die Leichtigkeit, mit welcher in beiden letzten Fällen die Beute, welche das Körpergewicht der Räuberin öfters nicht unmerklich übertrifft, in der Umarmung mit den sechs Beinen heimgetragen wurde, und in wie kurzer Zeit die sorgsame Mutter mit neuem Vorrathe wieder ankam, wenn man ihr grausamerweise den alten abgenommen hatte. Die ganz niedere Jagd der Entomologen hat auch ihren Reiz und bei weitem mehr Wechsel in ihren Methoden, wie das »edle Weidwerk«! Lepeletier beobachtete, wie manchmal während des Einschleppens der Beute eine Larvenfliege (Tachine) herbeikam, um ihr Ei daran zu legen, und fand später auch die Tonnenpuppe der Fliege im Neste. Mord, Raub und Betrug sind nun einmal die Künste, welche handwerksmäßig hier nicht weniger, wie bei tausend und aber tausend anderen Kerfen und höheren Thieren betrieben werden, ihnen zur Erhaltung, uns theilweise zum Segen! Die Sand-Knotenwespe (Cerceris arenaria, Fig. 6, 7, S. 288), unsere größte und gemeinste Art, vertritt die Gattung auf unserem Bilde.

Quelle:
Brehms Thierleben. Allgemeine Kunde des Thierreichs, Neunter Band, Vierte Abtheilung: Wirbellose Thiere, Erster Band: Die Insekten, Tausendfüßler und Spinnen. Leipzig: Verlag des Bibliographischen Instituts, 1884., S. 286-287.
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