Goldstirnige Töpferwespe (Trypoxylon aurifrons)

[287] Zahlreiche Arten von Mordwespen, kleiner und unansehnlicher im Körper, aber gleich thatkräftig und besorgt um ihre Nachkommen, bevölkern das reich mit Blattläusen besetzte Gebüsch und siedeln sich im Sandboden, in altem Mauer- oder Holzwerke an, sei es, daß sie selbst bauen, sei es, daß sie die Anstrengung anderen überlassen und nur auf List sinnen, um ihr Kukuksei fremden Nestern im Verstohlenen einzuverleiben. Infolge ihres verschiedenartigen Flügelgeäders wurden sie verschiedenen Sippen zuertheilt. So bilden die Töpferwespen (Trypoxylon) durch ihre zwei Unterrandzellen, welche in der Anlage vorhanden, deren zweite aber von so blasser Ader begrenzt wird, daß man sie leicht übersieht, den Uebergang zu allen denen, wo überhaupt nur eine vorkommt. Die am Innenrande tief ausgeschnittenen Augen, der gestreckte, keulenförmige Hinterleib, welcher beim kleinen Männchen stumpf, beim Weibchen spitz endet, lassen die Gattung leicht erkennen. Die gemeine Töpferwespe (Trypoxylon figulus, Fig. 8, S. 288), ein durchaus schwarzes, schlankes Thierchen, welches in der Größe zwischen 4,5 und 11 Millimeter schwankt, macht sich während des ganzen Sommers durch sein geschäftiges Aus- und Einfliegen an alten Pfosten, an der Rinde beraubten, absterbenden Baumstämmen bemerklich. Vielfach die Bohrlöcher anderer Insekten benutzend, tragen die Weibchen Blattläuse oder kleine Spinnen für die Brut ein, theilen die Röhren durch Lehmwände in Zellen und verstreichen zuletzt den Eingang in gleicher Weise. Darum gab man ihnen den deutschen Namen. Die Made entwickelt sich rasch, spinnt sich dann ein, wird aber erst im nächsten Frühjahre zur Puppe. – Südamerika ernährt größere Arten, welche wieder in anderer Weise bauen. Die 19,5 Millimeter lange weißfüßige Töpferwespe (Trypoxylon albitarse) legt unter starkem Gesumme röhrenförmige, fast achtundsiebzig Millimeter lange Nester in die Ecken oder an die Pfosten menschlicher Wohnungen an und trägt Spinnen ein. Der flüchtige Töpfer (Trypoxylon fugax) Brasiliens benutzt verlassene Nester einer Polistes und verschließt die Zellen mit rother Erde; eine andere nordamerikanische Art baut entweder selbst in ähnlicher Weise wie ein Spinnentödter, jedoch kürzere Zellen, oder sie benutzt dessen verlassene Nester, theilt aber jede Zelle durch eine Querwand in zwei, weil sie dann immer noch groß genug für ihre Zwecke sind. Die Zellen der goldstirnigen Töpferwespe (Trypoxylon aurifrons) in Amazonien nehmen sich ungemein zierlich aus. In Form einer stark gerundeten, sehr kurzhalsigen Steinkruke werden sie unter einander an verschiedene Gegenstände angeklebt und mit Raupen gefüllt.

Quelle:
Brehms Thierleben. Allgemeine Kunde des Thierreichs, Neunter Band, Vierte Abtheilung: Wirbellose Thiere, Erster Band: Die Insekten, Tausendfüßler und Spinnen. Leipzig: Verlag des Bibliographischen Instituts, 1884., S. 287.
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