Celonites apiformis - Ceramius Fonscolombi

[238] In ihrem Körperbaue und theilweise in der Lebenseinrichtung bieten die Faltenwespem trotzdem mancherlei Unterschiede und Grund zu einer Vertheilung auf drei Sippen. Bei den einen haben die Vorderflügel nur zwei geschlossene Unterrandzellen, nimmt das Kopfschild in einer vorderen Ausrandung die Oberlippe auf und endigt die Zunge in zwei feine Fädchen. Das Schildchen reitet auf dem dahinter liegenden Theile, dem sogenannten Hinterschildchen. Die Fühler endlich erscheinen aus nur acht Gliedern zusammengesetzt, indem die letzten, nach vorn keulenartig anschwellenden, zu dicht aneinander liegen, um erkannt werden zu können. Mit den eben erwähnten Kennzeichen stattete Mutter Natur die Schmarotzerwespen (Massaridae) aus, etwa dreißig Arten, welche in warmen Ländern leben und auch in zweien, Celonites apiformis und Ceramius Fonscolombi, dem südlichen Europa angehören. Die Lebensweise der meisten ist noch nicht hinreichend erforscht, da man sie aber bei einigen als eine schmarotzende erkannt hat, meint man, die ganze Sippe als solche bezeichnen zu dürfen.

Die Lehm- oder Mauerwespen (Eumenidae) bilden die zweite Sippe. Sie haben im Vorderflügel drei geschlossene Unterrandzellen (man könnte sogar von vieren sprechen, weil der Cubitus meist bis zum Flügelsaume reicht), eine lange, drei theilige Zunge, fadenförmige Taster, sechsgliederige an den Kiefern, viergliederige an der Unterlippe, ein herzförmiges oder ovales, nie in einen Zahn auslaufendes Kopfschild; die Augen reichen bis zur Wurzel der Kinnbacken herab und sind am Innenrande, nahe dem Scheitel, tief ausgeschnitten. Die gebrochenen Fühler verdicken sich schwach nach vorn und bestehen aus zwölf oder dreizehn Gliedern. Die Kinnbacken, länger als breit, pflegen schnabelartig nach unten zu stehen. Die Krallen der Füße tragen an der Innenseite einen, in seltenen Fällen mehrere Zähnchen, und die Mittelschienen nur einen Sporn. Wie die vorigen leben sie einzeln, vorzugsweise in Lehmwänden, steilen Abhängen fetten Sandes, einige in trockenen Pflanzenstengeln, in welchen sie Zellenreihen von Erde anlegen (Odynerus rubicola), unsere heimischen Arten wenigstens nie in schlichter Erde oder lockerem Sande, und versorgen ihre Brut ein- für allemal mit dem gehörigen Vorrathe eingetragener Larven.

Die Papierwespen (Vespidae) endlich leben zumeist gesellig, haben unfruchtbare Weibchen als Arbeiter, bauen sehr künstliche Nester, in denen diese die Brut auffüttern, wie die Honigbienen und Hummeln. Aeußerlich stimmen sie sonst in allen Stücken mit den vorigen, haben aber einfache Fußklauen, an den Mittelschienen zwei Sporen, eine kurze, vierlappige Zunge, kürzere Kinnbacken, bis zu deren Wurzel die Augen meist nicht herabreichen, und ein mehr viereckiges Kopfschild. Die beiden letzten Sippen führten bei Linné den Gattungsnamen Vespa.

Ein ungemein artenreiches, über die ganze Erde verbreitetes Geschlecht der Lehmwespen, welches die eine Grundgestalt des Hinterleibes vergegenwärtigt, ist Odynerus. Dieser nämlich anhangend, beginnt mit einem mehr oder weniger glockenförmigen Gliede, welches in der Weise schmäler als das zweite wird, daß der Hinterleib an der Verbindungsstelle beider etwas eingeschnürt erscheint und besonders am Bauche eine tiefe Grube bekommt; das Kopfschild ist ausgerandet und läuft seitlich in je ein Zähnchen aus. Schwarz, lebhaft gelbe Binden am Hinterleibe und vielleicht noch gelbe Fleckchen am Kopfe oder Mittelleibe, stellt sich als die fast allen Arten [238] gemeinsame Tracht heraus. Das kleinere, schlankere Männchen hat eine etwas breitere Hinterleibsspitze mit zwei Anhängen an den Geschlechtswerkzeugen, welche nach dem Tode nicht selten wie zwei kleine Stacheln, jederseits einer, aus jener hervorragen; außerdem charakterisirt es sich bei vielen Arten noch durch die an der Spitze spiralig nach außen umgebogenen Fühler. Man hat in Rücksicht auf kleine Abweichungen von diesem allgemeinen Baue, ob z.B. der Hinterrücken gerundet oder kantig, das erste Hinterleibsglied gerundet oder durch eine Querleiste vorn in einen steil abfallenden vorderen und einen wagerechten hinteren Theil geschieden ist, ob die Kinnbacken drei, auch vier, oder ob sie fünf Zähne an der Kaufläche haben, ob die rücklaufenden Adern näher oder ferner von den Enden der zweiten Unterrandzelle münden usw., in neueren Zeiten verschiedene Gattungen davon abgetrennt, welche aber entschieden vielfach ineinander übergehen.

Quelle:
Brehms Thierleben. Allgemeine Kunde des Thierreichs, Neunter Band, Vierte Abtheilung: Wirbellose Thiere, Erster Band: Die Insekten, Tausendfüßler und Spinnen. Leipzig: Verlag des Bibliographischen Instituts, 1884., S. 238-239.
Lizenz:
Kategorien: