Gemeine Labyrinthspinne (Agelena labyrinthica)

[663] Die gemeine Labyrinthspinne (Agelena labyrinthica) vertritt für offene Waldplätze, Wiesen und sonnige Bergabhänge, die mit niederen Pflanzen und Gestrüpp bewachsen sind, in ihrer Lebensweise die Hausspinne. Sie ist noch etwas kräftiger gebaut als diese (13 bis 22 Millimeter lang), von derselben Gestalt, am graugelben Vorderleibe mit zwei schwarzbraunen Längsstreifen gezeichnet, die nach den Seitenaugen hin spitz auslaufen. Ueber den grau und schwarz gemischten Hinterleib zieht ein Mittelstreifen grauröthlicher Haare, welcher in einen orangenen Fleck über den heraustretenden Spinnwarzen endet und an welchen sich seitlich fünf bis sechs von Punkten ausgehende, geschwungene, schräg nach vorn gerichtete Streifen von gleichfalls grauröthlicher Behaarung anschließen. Die Hüften und Schenkel sind gelb, die übrigen Glieder der Beine rothgelb, an den Spitzen rothbraun, sonst ungefleckt. Die ziemlich gleich großen Augen ordnen sich wie bei der vorigen Art, nur treten die Scheitelaugen weiter zurück und näher aneinander, fast so nahe wie die Stirnaugen. Weil das Endglied der oberen Spinnwarzen fast doppelt so lang als das voraufgehende Glied und emporgerichtet ist, so erscheint das Schwänzchen sehr entwickelt. Das Endglied der männlichen Taster ist kurz und dick, nicht länger als das dritte Glied, während es bei Tegenaria beinahe anderthalbmal länger ist. Die Spinne legt unter Kräutern und niedrigem Buschwerke, an freien und sonnigen Stellen, wie bereits erwähnt, ein wagerechtes Gewebe als Hängematte an und läßt es in eine walzige, beiderseits offene, mehrfach gekrümmte Röhre, welche ihre Warte bildet, aus laufen. Dieselbe wird von oben her mit trockenen Blättern verwebt, um einigen Schutz gegen Regen und die brennenden Sonnenstrahlen zu gewähren. Bei schönem Wetter durchläuft die Labyrinthspinne öfters die Grenzen ihres Baues, dessen weiter Rand durch mehr als dreißig Centimeter lange Fäden mit der Umgebung verbunden ist. Sie zeigt sich in ihren Bewegungen ungemein flink und gierig nach Beute. Ihr Nest verläßt sie so leicht nicht, sondern flickt es immer wieder aus, sobald es an einer Stelle Schaden erlitten hat. Im Juli und August erfolgt die Paarung und zwar in derjenigen Röhre, in welcher sich das Weibchen aufhält. Dieses legt hierauf eine verhältnismäßig geringe Anzahl (60 bis 70) großer Eier in einen aus mehreren Schichten bestehenden Schlauch, dessen Außenseite mit Erdklümpchen und Pflanzenüberresten aus der Umgebung verwebt ist. Derselbe wird in der Nähe des Nestes aufgehängt und von der Mutter sorgsam überwacht. – Die Spinne hat eine weite Verbreitung; denn man findet sie in England, Schweden, Deutschland, Frankreich, Ungarn und sicher auch in Rußland. In ersterem Lande soll nach Listers Beobachtungen die Begattung schon im Mai erfolgen und die junge Brut, durch dichte Fäden geschützt, in Mauerlöchern und hinter Baumrinde überwintern, während nach den in Frankreich und Deutschland angestellten Beobachtungen sich die Eier in dieser Lage befinden.

Quelle:
Brehms Thierleben. Allgemeine Kunde des Thierreichs, Neunter Band, Vierte Abtheilung: Wirbellose Thiere, Erster Band: Die Insekten, Tausendfüßler und Spinnen. Leipzig: Verlag des Bibliographischen Instituts, 1884., S. 663.
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