[685] Der Schwertfisch oder Butskopf (Orca gladiator, Delphinus orca, gladiator, grampus und Duhamelii, Phocaena und Orcinus orca) kann eine Länge von 9 Meter erreichen, bleibt jedoch meist erheblich hinter diesen Maßen zurück, indem er durchschnittlich kaum über 5 bis 6 Meter lang wird. Dieser Länge entsprechen reichlich 60 Centim. lange und 15 Centim. breite Brustflossen, eine etwa anderthalb Meter breite Schwanzfinne und eine kaum weniger lange Rückenfinne. Der Kopf ist im Verhältnisse zur Größe des Thieres klein, der Scheitel etwas eingebuchtet, die auf ihrer Oberseite flache, auf ihrer Vorderseite schwach gewölbte Stirne gegen die ziemlich breite, kurze und niedrige Schnauze stumpf abgerundet, das kleine, langgeschlitzte Auge nicht weit hinter der Mundspalte und wenig höher als dieselbe, das äußerst kleine Ohr hinter den Augen und fast in der Mitte zwischen diesen und den Brustfinnen, das halbmondförmige Spritzloch über und hinter den Augen gelegen, der Hals nicht abgesetzt, der Leib spindelförmig gestreckt, auf der Rückenseite nur wenig, seitlich und unten stärker gewölbt, der Schwanz, dessen Länge fast den dritten Theil der Gesammtlänge einnimmt, gegen das Ende hin seitlich zusammengedrückt und oben und unten scharf gekielt, die verhältnismäßig kurze und breite Brustfinne etwa im ersten Viertel des Leibes seitlich und ziemlich tief unten angesetzt, an ihrer Einlenkungsstelle verschmälert, an der Spitze abgerundet, die etwas hinter dem ersten Drittel der Länge wurzelnde Rückenfinne sensenförmig und mit der Spitze oft seitlich umgebogen, die große Schwanzflosse zweilappig, in der Mitte eingebuchtet und an den Enden in Spitzen vorgezogen, die Haut vollkommen glatt und glänzend. Die Färbung scheint vielfach abzuändern. Ein mehr oder minder dunkles Schwarz erstreckt sich über den größten Theil der Oberseite, ein ziemlich reines Weiß über die Unterseite, mit Ausnahme der Schnauzen- und Schwanzspitze; beide Farbenfelder sind zwar scharf begrenzt, jedoch bei den verschiedenen Stücken nicht übereinstimmend vertheilt. Hinter dem Auge steht in der Regel ein länglicher, weißer Fleck; ein von oben gesehen halbmondförmiger schmutzigbläulicher oder purpurfarbener Streifen zieht sich vom hinteren Rande der Rückenflosse aus nach vorn herab, kann jedoch auch gänzlich fehlen.
Es scheint, daß der Schwertfisch in früheren Zeiten verbreiteter war als gegenwärtig. Die römischen Naturforscher geben auch das Mittelmeer als seine Heimat an. Unter Tiberius, erzählt Plinius, strandeten einmal gegen dreihundert Wale, Elefantenwale und Widderwale, bei denen die weißen Flecken wie Hörner aussahen. Dem fügt Aelian hinzu, daß der Widderwal die Stirne [685] mit einer weißen Binde geziert habe, welche aussehe wie das Diadem eines makedonischen Königs. Bei Corsica und Sardinien gäbe es viele dergleichen Thiere.
In der Neuzeit hat man von seinem Vorkommen im Mittelmeere nichts mehr vernommen. Er bewohnt das nördliche Atlantische, das Eismeer und vielleicht das nördliche Stille Meer, schwärmt jedoch regelmäßig bis zu den Küsten Englands, Frankreichs und Deutschlands hinab. Auffallenderweise erscheint er nicht in den Winter-, sondern in den Sommermonaten in den südlicheren Gewässern, indem er im Mai anzukommen und im Spätherbste zu verschwinden pflegt. Nach Tilesius sieht man ihn im Nordmeere gewöhnlich zu fünf und fünf, wie einen Trupp Soldaten, Kopf und Schwanz nach unten gekrümmt, die Rückenflosse wie ein Säbel aus dem Wasser hervorstehend, äußerst schnell dahinschwimmen und wachsamen Auges das Meer absuchen; nach Lösche vereinigen sich mindesten ihrer vier und niemals mehr als ihrer zehn. Sie sind nirgends häufig, finden sich aber ebensowohl inmitten der Weltmeere wie nahe an den Küsten, dringen hier auch nicht selten in Buchten ein oder steigen selbst weit in den Flüssen empor. Schwimmen sie in bewegter See, so sieht es aus, als ob ihnen die aufrechte Haltung der hohen Rückenfinne viel Beschwerden verursache, weil dieselbe zu dem schlanken Leibe in keinem Verhältnisse zu stehen scheint und schwerfällig hin- und herschwankt; der erste Eindruck aber verschwindet gänzlich bei genauerer Beobachtung. »Sieht man diese Mörder«, sagt Lösche, »in der ihnen eigenthümlichen Schwimmweise durch das Wasser streichen oder bei hochgehender See in schön gerundeter Bewegung Welle auf und ab eilen, so stellt man unwillkürlich Vergleiche mit dem kunstvollen Fluge der Schwalben an, Vergleiche, welche durch die eigenthümliche Art der Farbenvertheilung nur an Berechtigung gewinnen. Jedenfalls muß man unter allen Walen gerade ihnen den Preis der Schönheit zuerkennen. Sie halten sich gewöhnlich sehr lange unter Wasser auf, verweilen ungefähr fünf Minuten an der Oberfläche und blasen drei- bis zehnmal kurz und scharf einen einfachen, dünnen und niedrigen Strahl. Doch bleiben sie nicht während der ganzen Zeit mit dem Obertheile des Kopfes und Rückens über Wasser, sondern ›runden‹, wie es die echten Delfine thun, indem sie nach jedem einmaligen Blasen untertauchen, dicht unter der Oberfläche hinziehen, wieder einen Augenblick erscheinen, um zu blasen etc., bis sie endlich in schräger Richtung in die Tiefe gehen.«
Ihre Jagd gilt nicht bloß kleineren Fischen, sondern auch den Riesen des Meeres; denn sie sind nicht nur die größten, sondern auch die muthigsten, raubsüchtigsten, gefräßigsten, blutdürstigsten und deshalb gefürchtetsten aller Delfine. Schon Plinius sagt: »Der Widderwal wüthet wie ein Räuber; bald versteckt er sich in dem Schatten großer Schiffe, welche vor Anker liegen, und lauert, bis jemandem die Lust ankommt, zu baden, bald steckt er den Kopf aus dem Wasser und sieht sich nach Fischerkähnen um, schwimmt sodann heimlich hinzu und wirft sie um«. Die neueren Beobachter vervollständigen nur die Berichte der Alten. Rondelet bemerkt, daß der Schwertfisch die Walfische verfolge und sie beiße, bis »sie schreien, wie ein gehetzter Ochse«. Deshalb bitten die Fischer, welche nach der Neuen Welt segeln, die dortigen Barbaren, daß sie den Orken nichts thun mögen, weil sie mit deren Hülfe die Walfische, Robben und andere Ungeheuer leichter fangen können; »denn die Orken zwingen die genannten Thiere, die Tiefe zu verlassen und an den Strand zu ziehen, wo es dem Fischer leicht wird, sie mit Pfeil und Wurfspießen umzubringen«. Nach Anderson werden die Thiere in Neuengland »Walfischmörder« genannt. Die Grönlandsfahrer sehen sie oft bei Spitzbergen und in der Davisstraße. Mehrere von ihnen fallen den Walfisch an, ängstigen ihn und reißen mit ihrem furchtbaren Gebisse ganze Stücke aus seinem Leibe, wodurch er dermaßen entsetzt und abgemattet wird, daß er die Zunge herausreckt. Um diese ist es den Mordfischen am meisten zu thun; denn sowie er den Rachen aufsperrt, reißen sie ihm die Zunge heraus. Daher kommt es, daß die Fänger dann und wann einen todten Walfisch antreffen, welcher die Zunge verloren hat und davon gestorben ist. Pontoppidan beschreibt den Schwertwal unter dem Namen Speckhauer. »Ihrer zehn oder mehrere beißen sich in den Seiten des Walfisches so fest ein, daß sie daran wohl eine Stunde lang hängen und nicht eher loslassen, als bis sie einen [686] Klumpen Speck von der Länge einer Elle herausgerissen haben. Unter ihrem Angriffe brüllt der Walfisch jämmerlich, springt wohl auch manchmal klafterhoch übers Wasser in die Höhe; dann sieht man, daß sein Bauch ebenfalls von diesen seinen Feinden besetzt ist. Zuweilen tummeln sich diese so lange um ihr Schlachtopfer herum, bis sie es fast gänzlich abgehäutet und ihm den Speck abgerissen haben. Die Fischer finden dann zu ihrem Vortheile eine Menge Speck im Meere; denn die ›Speckhauer‹ selbst fressen davon nichts, sondern haben bloß ihre Lust daran, den großen Fisch zu plagen.«
»Es ist dieses Thier«, bestätigt der gewissenhafte Steller, »ein abgesagter Feind vom Walfische und stellt diesem Tag und Nacht nach. Verbirgt er sich in einer Bucht am Lande, so lauern sie auf ihn, bis noch mehrere herzukommen, alsdann führen sie solchen in der Mitte wie einen Gefangenen unter entsetzlichem Aechzen und Stöhnen nach der See, wo sie sich untertauchen und ihn mit ihrem schrecklichen Gebisse und Zähnen anfallen, und hat man niemals an den ausgeworfenen Walfischen wahrgenommen, daß etwas von ihnen gefressen worden, daß also dieses eine Naturfeindschaft ist.« Wie sonst noch aus der Steller'schen Beschreibung hervorgeht, glaubte man früher, daß der Schwertfisch in der Rückenfinne die Hauptwaffe besäße. »Doch solches«, bemerkt unser Gewährsmann, »ist falsch, weil dieselbe, ungeachtet sie zwei Ellen hoch und sehr spitzig, auch in der See wie ein schneidiges Horn oder Knochen anzusehen, doch weich ist, aus lauter Fett besteht und überdies, um zu verwunden, nicht einen einzigen Knochen hat.« Steller ist es auch, welcher die Angabe des Plinius bestätigt. »Alle diejenigen«, sagt er, »welche in der See fischen, fürchten sich ungemein vor diesem Thiere, weil solches, wenn man ihm zu nahe kommt oder es mit einem Pfeile verwundet, die Boote umwirft. Dahero bekommt es, wo es entgegenkommt, Geschenke und wird mit einem besonderen Spruche persuadirt, daß es gute Freundschaft halten und keinen Schaden zufügen wolle.«
Kein einziger der vorerwähnten Berichterstatter scheint gefabelt oder auch nur übertrieben, jeder vielmehr die Wahrheit, wenn auch nicht alle Wahrheit gesagt zu haben. Jedenfalls verdient der Schwertfisch die ihm von Linné beigelegte Bezeichnung »Tyrann oder Peiniger der Walfische und Robben« vollständig und wetteifert nicht allein, sondern übertrifft sogar jeden Hai, jedes Raubthier der See überhaupt. Wo er sich zeigt, ist er der Schrecken aller von ihm bedrohten Geschöpfe; wo er auftritt, verlassen diese, falls sie es vermögen, die Gewässer. Keineswegs an seine hochnordische Heimat gebunden, durchschweift dieses furchtbare, ebenso schnelle und gewandte wie stürmische, gefräßige, grausame und blutgierige Thier weite Meeresstrecken, überall Tod und Verderben bereitend. So lange ein Trupp der Mordfische sich auf der Jagd befindet, eilt er ohne Aufenthalt seines Weges dahin; gesättigt aber gefällt er sich in wilden Spielen, indem jeder einzelne abwechselnd auf- und niedertaucht, sich dreht und wendet, oft auch mit mächtigem Satze über das Wasser emporspringt oder sonstige Gaukelei treibt, dabei aber immer noch sei nen Weg so rasch fortsetzt, daß die ganze Gesellschaft bald dem Auge entschwindet. Kein einziger Delfin ist im Stande, mit dem Schwertfische an Schnelligkeit zu wetteifern. Seine ungeheuere Gefräßigkeit nöthigt ihn oft, nahe der Küste sich aufzuhalten, wo er insbesondere die von Fischen wimmelnden Flußmündungen aufzusuchen pflegt; bei Verfolgung größerer Beute aber schwimmt er auch meilenweit in das hohe Meer hinaus und meidet auf Tage, vielleicht auf Wochen die Nähe des Landes. Wo immer Grönlandswale, Weißwale und Seehunde sich finden, wird man, laut Brown, diesen ihren rastlosen Feind niemals vermissen. Der Weißwal wie der Seehund stürzen bei seinem Anblicke angsterfüllt der Küste zu, ersterer in der Regel zu seinem Verderben, der letztere keineswegs immer zu seiner Rettung. Alle Walfänger hassen seinen Anblick; denn seine Ankunft ist das Zeichen, daß jeder Walden von ihm bejagten Theil der See meidet, sei es auch, daß er sich zwischen dem Eise verbergen müsse, um der ihm drohenden Verfolgung zu entgehen. »Im Jahre 1827«, erzählt Holböll, »war ich Augenzeuge einer blutigen Schlächterei, welche dieses raubwüthige Thier verursachte. Eine [687] große Herde Weißwale war in der Nachbarschaft von Gotteshafen auf Grönland von ihrem blutdürstigen Feinde verfolgt und in eine Bucht getrieben worden, aus welcher jene keinen Ausweg fanden. Hier rissen die Schwertfische die unglücklichen Belugas buchstäblich in Fetzen. Sie tödteten viel mehr Weißwale, als sie zu verzehren im Stande waren, so daß die Grönländer, abgesehen von ihrer eigenen Beute, noch einen erheblichen Antheil von der des Schwertfisches gewinnen konnten.« Was die Robben thun, um sich vor letzterem, ihrem furchtbarsten Feinde, zu retten, ist bereits (S. 629) erwähnt worden. In vielen Fällen wenden sie alle Mittel vergebens an; die Anstrengung und vielleicht mehr noch die Todesangst, welche sie ausstehen, lähmt ihre Kräfte: der mordsüchtige Delfin erreicht sie, packt sie mit seinen zähnestarrenden Kiefern, erhebt sich mit ihnen über die Oberfläche des Wassers, schüttelt sie, wie eine Katze die Maus, zermalmt und verschlingt sie. Und nicht mit einer Beute begnügt sich das gefräßige Ungeheuer, sondern bis zum Platzen, buchstäblich bis zum Ersticken, füllt es mit ihnen und anderen Thieren seinen nimmersatten Schlund. Eschricht entnahm dem Magen eines fünf Meter langen Schwertfisches dreizehn Meerschweine und vierzehn Robben, dem Rachen aber den funfzehnten Seehund, an welchem das Ungethüm erstickt war. Auch Scammon fand den Magen eines von ihm erlegten Schwertfisches mit jungen Seehunden angefüllt und konnte beobachten, daß selbst die größten Seelöwen es vermeiden, mit jenem zusammenzutreffen, vielmehr, so lange Buts köpfe sich zeigen, auf den sicheren Felsen verweilen. Mit ebenso unbeschränkter Gier stürzt sich der Schwertfisch auch auf den Grönlandswal. »Gelegentlich«, sagt Brown, »findet man mehr oder minder große Stücke von Fischbeinplatten im Meere schwimmen, welche, aller Vermuthung nach, nur vom Schwertfische abgerissen worden sein können und wahrscheinlich zu der Erzählung Veranlassung gegeben haben, daß der gefürchtete Delfin es namentlich auf die Zunge des Walfisches abgesehen habe.« Ob letzteres wirklich begründet ist, steht dahin; wahr aber scheinen alle Erzählungen zu sein, welche von Angriffen der Schwertfische auf Grönlands- und andere große Wale berichten. Drei oder vier solche Ungeheuer werfen sich ohne Bedenken selbst auf den größten Bartenwal, welcher bei Wahrnehmung seiner furchtbarsten Feinde geradezu von Furcht gelähmt zu sein scheint und zuweilen kaum sich anstrengt, ihnen zu entgehen. »Der Angriff dieser Wölfe des Weltmeeres«, sagt Scammon, »auf eine so riesenhafte Beute erinnert an den von einer Meute gehetzten und niedergerissenen Hirsch. Einige hängen sich an das Haupt des Wales, andere fallen von unten über ihn her, während mehrere ihn bei den Lippen packen und unter Wasser halten oder ihm, wenn er den gewaltigen Rachen aufreißt, die Zunge zerfetzen. Im Frühlinge des Jahres 1858 wurde ich Augenzeuge eines solchen, von drei Schwertfischen auf einen weiblichen Grauwal und sein Junges ausgeführten Angriffes. Das Junge hatte bereits die dreifache Größe des stärksten Butskopfes erreicht und lag wenigstens eine Stunde mit den dreien im Kampfe. Die grimmigen Thiere stürzten sich abwechselnd auf die Alte und ihr Junges und tödteten endlich das letztere, worauf es auf den Grund des etwa fünf Faden tiefen Wassers herabsank. In Verlaufe des Kampfes wurde auch die Kraft der Mutter fast erschöpft, da sie verschiedene tiefe Wunden in der Brust und an den Lippen erlitten hatte. Sobald aber das Junge erlegen war, tauchten die Schwertfische in die Tiefe, um hier große Fleischstücke loszureißen, dieselben im Maule bis zur Oberfläche des Wassers emporzubringen und zu verschlingen. Während sie so sich sättigten, entrann die geängstigte Walmutter, jedoch nicht ohne einen langen Streifen blutgetränkten Wassers hinter sich zu lassen.« Wie dieser erfahrene Seemann und Walfischfänger fernerhin berichtet, hat man beobachtet, daß Schwertfische bei harpunirten Walen sich eingefunden und ungeachtet aller Abwehr seitens der Walfischfänger ihre oder richtiger jener Beute unter Wasser gezogen haben. Nach so vielen und übereinstimmenden Berichten läßt sich kaum an der Wahrheit derselben zweifeln, auch wenn man, mit Lösche, den allgemeinen, zu Uebertreibungen reizenden Haß der Seeleute und ihre gestaltungstüchtige Einbildungskraft gebührend in Betracht zieht. Uebrigens fand auch die Bemannung des Schiffes, auf welchem Lösche beobachtete, einmal einen frisch getödteten Nordwal auf, welchem die linke Unterlippe und der größte Theil [688] der Zunge fehlte, welcher aber sonst keine Verwundung zeigte. »Seit einigen Tagen hatten wir Mörder gesehen, und mußten diese unter solchen Umständen für die Thäter halten.« Wahrscheinlich verschonen die furchtbaren Thiere keinen ihrer Verwandten, mit alleiniger Ausnahme des Potwales. In den Augen der Möven und anderen fischfressenden Seevögel sind sie willkommene Erscheinungen, weil bei den durch sie verursachten Schlächtereien immer etwas für jene abfällt. Nach Scammons Beobachtungen unterscheiden alle Möven die Butsköpfe sehr wohl von anderen Delfinen und begleiten sie so viel wie möglich fliegend auf weithin, in der Hoffnung, durch sie zu reicher Beute zu gelangen.
Ueber die Fortpflanzung der entsetzlichen Räuber fehlen uns zur Zeit noch alle Nachrichten. Man weiß nicht einmal, wann die Weibchen ihre Jungen zur Welt bringen.
Obgleich der Schwertfisch, wie Steller sagt, fast gar kein Fleisch besitzt, sondern aus lauter flüssigem Fette besteht, wird doch nirgends regelmäßig auf ihn gejagt. Dies erklärt sich, laut Scammon, eben sowohl daraus, daß dieser Wal wegen seiner verschiedenartigen und unregelmäßigen Bewegungen jede Verfolgung erschwert, wie aus dem geringen Nutzen, welchen er, als eines der magersten Glieder seiner Familie, nach seinem Tode gewährt. Einzelne fängt man zuweilen in Flüssen. So kennt man drei Beispiele, daß Schwertfische in der Themse harpunirt wurden. Banks, welcher beim Fang des einen zugegen war, erzählt, daß der bereits mit drei Harpunen bespickte Schwertfisch das Fischerboot zweimal von Blackwall bis Greenwich und einmal bis Deptford mit sich nahm. Er durchschwamm den Strom, als er schon sehr schwer verwundet war, noch immer mit einer Schnelligkeit von acht Seemeilen in der Stunde, und behielt seine volle Kraft lange bei, obgleich er bei jedem Auftauchen eine neue Wunde erhielt. Niemand wagte, so lange er am Leben war, ihm sich zu nähern. Von einem anderen Schwertfische, welcher auf den Strand gerathen war, wird berichtet, daß die Fischer, welche ihn auffanden, viele Mühe hatten, ihn mit langen Messern und scharfen Ruderstangen zu tödten. Im Todeskampfe gab er seinen Schmerz durch klägliches Aechzen und Stöhnen zu erkennen. Erst im Jahre 1841 wurde die genaue Beschreibung des Schwertfisches entworfen. Bei dem holländischen Dorfe Wyk op Zee strandete ein fünf Meter langes Weibchen und gab einem tüchtigen Naturforscher Gelegenheit, es zu beobachten. Als dieser es zuerst sah, prangte es noch in einem eigenthümlichen Farbenglanze. Das Schwarz spielte in allen Farben des Regenbogens, und das Weiß glich an Reinheit und Glanz dem Porzellan. Aber schon nach wenigen Tagen war von dem Farbenschimmer nichts mehr zu sehen; die oberste Haut trennte sich nach und nach ab, und nach Verlauf einer Woche war das Thier durch die eingetretene Fäulnis gänzlich verstümmelt und entstellt. Jetzt wurde es versteigert. Es fanden sich viele Kauflustige ein, und einer erstand es für die Summe von 140 Gulden. Der gute Mann hatte sich verrechnet; denn er gewann bloß 40 Gulden aus dem Thrane und nicht mehr aus dem Gerippe, welches dem reichen Museum zu Leyden zu ganz besonderer Zierde gereicht.
Der Schwertfisch ist ein so auffallender und beachtenswerther Delfin, daß alle Völkerschaften, welche mit ihm zu thun haben, ihm auch einen besonderen Namen beilegten. Die meisten dieser Namen bedeuten Todtschläger oder Mörder. So nennen ihn die Nordamerikaner »Killer«, die Engländer »Thrasher«, die Norweger »Speckhugger«, »Hvalhund« und »Springer«. Bei den Schweden heißt er »Opara«, bei den Dänen »Ornswin«, bei den Portugiesen und Spaniern »Orca«, bei den Franzosen »Epaular« oder »Orque« und bei den Russen »Kossakta« etc.
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