Katzenfrett (Bassaris astuta)

[28] Als einziger Vertreter der Zibetthiere in Amerika kann man das Katzenfrett oder, wie es bereits Hernandez im Jahre 1651 nannte, den Cacamizli der Mejikaner (Bassaris astuta, B. Sumichrasti) ansehen. Die Sippe, welche einzig und allein von diesem Thiere gebildet wird, reiht sich aufs engste den Zibetkatzen an, ähnelt aber auch wieder in anderer Hinsicht den Mardern.


Katzenfrett (Bassaris astuta). 1/6 natürl. Größe.
Katzenfrett (Bassaris astuta). 1/6 natürl. Größe.

Im Gebisse, welches aus 38 Zähnen besteht, unterscheiden der doppelte Höcker am oberen Fleischzahne, der beträchtlich große Unterkauzahn und verschiedene geringfügige Merkmale das Katzenfrett von den Zibetkatzen; auch ist der Cacamizli ein Zehengänger, und endlich sind die kurzen Krallen der fünf Zehen jedes Fußes nur halb zurückziehbar.

Obgleich das Katzenfrett seit länger als zwei Jahrhunderten bekannt ist, haben wir doch erst in der Neuzeit eine genaue Schilderung seines Leibes und Lebens erhalten. Lichtenstein beschrieb und benannte es zuerst wissenschaftlich, die amerikanischen Forscher Charlesworth, Clark, Baird und vor allen Audubon sammelten Beobachtungen über Lebensweise und Betragen. Das erwachsene Männchen erreicht eine Gesammtlänge von etwa 95 Centim., wovon zwei Fünftel auf den Schwanz zu rechnen sind. In der Gestalt erinnert das Thier an einen kleinen Fuchs, in der Färbung an die Nasenbären. »Es sieht aus«, sagt Baird, »als ob es ein Blendling des Fuchses und des Waschbären wäre. Von dem einen hat es die Gestalt und den listigen Blick, von dem anderen den geringelten Schwanz. Der Leib ist schlanker als der des Fuchses, aber gedrungener als der des Wiesels; er hat fast die Verhältnisse des Nörz. Das ziemlich weiche, mit einigen längeren Grannen untermengte Haar ist fast so lang wie das eines Fuchsbalges, der Kopf zugespitzt, die nackte Schnauze lang, das Auge groß, die außen nackten, innen kurz behaarten, gut entwickelten, zugespitzten Ohren stehen aufrecht.« Die Oberseite deckt ein dunkles Braungrau, in welches sich schwarze Haare mischen; Wangen und Unterbauch sind gelblichweiß oder roströthlich, [28] die Augen von derselben Färbung und hierauf dunkler umrandet, die Seitenlichter. Längs des Halses herab und über die Beine verlaufen einige verwaschene Binden; der Schwanz ist weiß, achtmal schwarz geringelt.

Soviel jetzt bekannt, bewohnt der Cacamizli Mejiko und Tejas, dort in Felsenklüften und verlassenen Gebäuden, hier hauptsächlich in Baumhöhlen hausend. In Mejiko findet er sich häufig in der Hauptstadt selbst, und Charlesworth nimmt sogar an, daß er sein Lager niemals weit von menschlichen Wohnungen aufschlage, weil gerade der Mensch durch seine Hühnerställe die Jagd des Räubers besonders begünstige. Auch Clark gibt Stallungen und verlassene Gebäude als Wohnungen des Katzenfretts an, obwohl bloß nach Hörensagen, während er es selbst im Geklüfte der Felsen und auf Bäumen fand. Audubon scheint es nur auf Bäumen beobachtet zu haben, und zwar in jenen steppenartigen Gegenden von Tejas, in denen der Graswald ab und zu unterbrochen wird durch ein dichtes Unterholz, aus welchem alte, größere Bäume einzeln sich erheben. Viele von ihnen sind hohl, und solche, deren Höhlungen von oben her Schutz gegen den Regen bieten, werden vom Katzenfrett bevorzugt. Hier lebt es einzeln, scheu und zurückgezogen vor dem zudringlichen Menschen, durch die Beschaffenheit des Unterwuchses besonders geschützt. Clark behauptet, daß es nirgends selten ist, wegen seines nächtlichen Treibens aber nur nicht oft bemerkt und demzufolge auch selten erlangt wird, obgleich die Landeigenthümer, erbost durch die vielfachen Räubereien, welche das Thier begeht, kein Mittel unversucht lassen, es auszurotten. Treu hängt es an dem einmal gewählten Baume, und selten entfernt es sich weit von seiner Höhle, solange es nicht mit Gewalt aus derselben vertrieben wird, schlüpft auch sofort wieder in dieselbe zurück, wenn die Störungen vorüber sind. Nach Audubons Beobachtungen hat es die sonderbare Gewohnheit, die Borke rings um den Ausgang seiner Höhle abzunagen. Der Jäger, welcher keine Spähne oder Bruchstücke von dieser Arbeit unter dem Baume liegen sieht, darf sicher sein, daß das Thier nicht mehr in der früheren Wohnung haust. Das Innere der Höhle ist mit Gras und Moos ausgebettet, dazwischen findet man aber auch Nußschalen, deren Inhalt zweifelsohne vom Katzenfrett geleert wurde, obwohl seine Hauptnahrung in allerhand kleinen Säugethieren, Vögeln und Kerbthieren besteht.

Der Cacamizli ist ein lebendiges, spiellustiges und munteres Geschöpf, welches in seinen Bewegungen und Stellungen vielfach an das Eichhörnchen erinnert und deshalb von den Mejikanern »Katzeneichhorn« genannt wird. Wenn man es aus seiner Höhle aufstört, nimmt es ganz die anmuthigen Stellungen jenes Nagers an, indem es den Schwanz über den Rücken legt, doch kann es nicht wie das Hörnchen sich auf die Hinterfüße setzen. Es klettert vorzüglich, vermag aber nicht, mit der Sicherheit und Gewandtheit des Eichhörnchens von einem Aste zum anderen zu springen, sondern läuft, wenn es erschreckt wird, solange als möglich auf einem Aste hin und versucht, von dessen Gezweige aus einen anderen zu erreichen, dabei sich mit den Klauen einhäkelnd. Zuweilen sieht man es, auf der Oberseite eines Astes gelagert, sich sonnen. Es liegt dann, halb aufgerollt, bewegungslos da, anscheinend schlafend; bei dem geringsten Zeichen der Gefahr aber schlüpft es so eilig als möglich in seine Höhle und erscheint dann erst nach Sonnenuntergang wieder. Audubon glaubt, daß immer nur eins auf ein und demselben Baume wohne, hält es daher für ungesellig, und auch die übrigen Beobachter scheinen seine Ansicht zu bestätigen. Clark stöberte ein Weibchen auf, welches in einer Felsspalte seine vier oder fünf Jungen säugte. Diese hingen so fest an den Zitzen der Alten, daß sie losgerissen werden mußten, und zwar geschah dies erst einige Stunden nach dem Tode der Mutter. Bis dahin hatten die Jungen kein Zeichen von Unbehagen gegeben. Die Alte schlief, als sie zuerst bemerkt wurde, bekundete aber bei ihrem Erwachen keine Scheu und Furcht vor den Menschen, sondern vertheidigte ihr Haus gegen dieselben mit Zähnen und Krallen.

Sehr dürftig sind die Angaben über die Gefangenschaft; nur Audubon berichtet einiges. »Ungeachtet der Scheu und Zurückgezogenheit des Cacamizli«, sagt er, »kann er ziemlich zahm [29] gemacht werden, und wenn man ihn längere Zeit im Käfig gehalten hat, darf man ihn sogar frei und im Hause umherlaufen lassen. Er wird oft zum Schoßthierchen der Mejikaner, und durch seine Mäuse- und Rattenjagd sehr nützlich. Wir haben einen zahmen gesehen, welcher in den Straßen eines kleinen mejikanischen Fleckens umherlief, und haben von einem anderen erzählen hören, welcher so niedlich war, daß er sogar von den Indianern besucht und angestaunt wurde.«

Nach Europa ist das Thier meines Wissens lebend nur ein einziges Mal und zwar im Jahre 1853 gekommen. Von ihm rührt die vortreffliche Abbildung her, welche wir hier benutzen konnten.

Quelle:
Brehms Thierleben. Allgemeine Kunde des Thierreichs, Zweiter Band, Erste Abtheilung: Säugethiere, Dritter Band: Hufthiere, Seesäugethiere. Leipzig: Verlag des Bibliographischen Instituts, 1883., S. 28-30.
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