Larvenroller (Paradoxurus larvatus)

[34] Eine in China und auf Formosa lebende Art, der Larvenroller (Paradoxurus larvatus, Gulo larvatus, Viverra und Paguma larvata), wird von Gray ihres großen aber kurzen dreieckigen Fleischzahnes und einiger unwesentlichen Eigenthümlichkeiten des Schädelbaues halber als Vertreter einer besonderen Untersippe, Paguma, aufgestellt, besitzt jedoch noch alle gewichtigen Merkmale der Gruppe. In der Größe kommt der Larvenroller seinen Verwandten etwa gleich. Die Färbung seines dichten und reichlichen Haarkleides ist am Kopfe größtentheils schwarz, an den Wangen, den Unterkiefern, der Kehle und dem Halse aber grau, am Oberkörper gelblichgrau. Von der nackten Nasenspitze an läuft ein weißlicher Streifen über die Stirn zum Hinterkopfe, ein anderer zieht sich unter den Augen und ein dritter über denselben dahin. Die Ohren, die Schwanzspitze und die Füße sind schwarz. Das an der Wurzel düstergraue, oberseits fast schwarze Haar [34] hat einen dunklen Ring vor der weißlichen Spitze. Verschiedene Abweichungen der Gesammtfärbung gehören wie bei anderen Arten der Gruppe nicht zu den Seltenheiten.

Nach den bisherigen Forschungen beschränkt sich die Heimat des Larvenrollers auf China und Formosa. Besonders häufig scheint er nicht zu sein. Die Chinesen kennen ihn unter dem Namen Yu-min-mao oder Edelsteingesichtkatze, bringen ihn den reisenden Naturforschern jedoch nur selten todt, noch seltener lebend. Swinhoe nennt ihn ein bäumeliebendes Thier und bemerkt, daß er vortrefflich klettert. »Ich hielt«, sagt er, »eine dieser Schleichkatzen mehrere Monate lang angekettet unter meiner Veranda. Sie zog gekochtes Fleisch dem rohen vor, schien sich aus Hühnereiern und kleinen Vögeln wenig zu machen. Eine ausgestopfte Schlange erregte sofort ihre Aufmerksamkeit; mit einem Satze sprang sie auf dieselbe los und ergriff und schüttelte sie.


Larvenroller (Paradoxurus larvatus). 1/5 natürl. Größe.
Larvenroller (Paradoxurus larvatus). 1/5 natürl. Größe.

Als ich ihr einen Krebs vorlegte, beroch sie ihn und rieb sich dann das Gesicht ab, wie Hunde am Aase zu thun pflegen, fraß ihn jedoch nicht. Freigelassen, kletterte sie an Thüren, Stühlen und Tischen empor, jederseits mit einem Vorderfuße sich festhaltend und mit dem anderen nachschiebend. Sie lief der Länge ihrer Kette nach vor- und rückwärts, erhob sich plötzlich auf die Hinterfüße und stieß einen trillernden Schrei aus. Vorübergehende Hunde wußte sie, indem sie nach ihnen schnappte, in gebührender Entfernung zu halten. Während des Tages schlief sie; den größten Theil der Nacht brachte sie wachend zu. Hitze war ihr sehr unangenehm und veranlaßte sie zu beständigem Keuchen.« Zwei Larvenroller gelangten später lebend nach London, fanden dort jedoch noch keinen Beobachter, welcher ausführlich sie berichtet hätte.


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Quelle:
Brehms Thierleben. Allgemeine Kunde des Thierreichs, Zweiter Band, Erste Abtheilung: Säugethiere, Dritter Band: Hufthiere, Seesäugethiere. Leipzig: Verlag des Bibliographischen Instituts, 1883., S. 34-35.
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