Kaberu (Canis simensis)

[541] Der von Rüppell in Habesch entdeckte Kaberu, Walke, Gees, Kontsal oder Boharja (Canis simensis), scheint sich vom Schakalwolfe nicht allein äußerlich, sondern auch im Schädelbau zu unterscheiden, da Gray hierauf eine besondere Sippe (Simenia) begründet hat. Ein auffallend schlank, windhundähnlich gebautes Thier ist der Kaberu allerdings, keineswegs aber ein verwilderter Haushund, wie Giebel belehren will, schwerlich auch eine klimatische Abart des Schakals, wie Hartmann für möglich hält. Die Schlankheit dieses Wolfes spricht sich besonders in dem fuchsartig gebauten Kopfe, mit verlängerter Schnauze und ausgezogener Nase aus. Die Ohren sind ziemlich hoch und zugespitzt, Hals und Rumpf gestreckt, die Beine hoch; der dickbuschig behaarte Schwanz reicht bis auf die Fersen herab. In der Größe kommt der Kaberu einem [541] starken Schäferhunde annähernd gleich: seine Gesammtlänge beträgt etwa 1,3 Meter, die Schwanzlänge 30 bis 35 Centim., die Höhe am Widerrist 45 bis 50 Centim. Kopf, Rücken und Seiten sind braunroth, Brust und Bauch weiß, die letzten fünf Achtel des Schwanzes schwarz gefärbt.

Der Kaberu ist weiter verbreitet, als man glaubt. Man brachte mir ihn einmal in Kordofân und zwar ganz im westlichsten Theile des Landes, hart an der Grenze von Dahr el Fúr, woraus hervorgehen dürfte, daß er in einem großen Theile der inneren Länder Afrika's zu finden ist. Rüppell fand ihn in den meisten Gegenden Abessiniens, hauptsächlich aber in der Kulla, d.i. im heißen Tieflande der afrikanischen Schweiz. Seine Nahrung besteht vorzugsweise in Herdenthieren, zumal in Schafen; er thut deshalb den Eingeborenen großen Schaden. Außerdem mag er wohl auch Antilopen jagen und niederreißen und wie andere wilden oder halbwilden Hunde und Hiänen Aas und Kerbthiere fressen. Dem Menschen wird er nicht gefährlich. Wie andere Verwandten schlägt er sich in Meuten und jagt gesellschaftlich. Die Bewohner Kordofâns kennen ihn unter dem Namen Kelb el Chala oder Hund der Wildnis, Hund der Steppen, und fürchten ihn als argen Feind ihrer Herden noch weit mehr als den ebenfalls dort heimischen Simr oder Hiänenhund. Keinem der scharf und gut beobachtenden Nomaden fällt es ein, in diesem Thiere einen verwilderten Hund zu erblicken; sie halten sich einfach an das Leben und Wesen des Geschöpfes und sind frei von aller Schulweisheit.

Quelle:
Brehms Thierleben. Allgemeine Kunde des Thierreichs, Neunter Band, Vierte Abtheilung: Wirbellose Thiere, Erster Band: Die Insekten, Tausendfüßler und Spinnen. Leipzig: Verlag des Bibliographischen Instituts, 1884., S. DXLI541-DXLII542.
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