Falkenwürger (Falcunculus frontatus)

Falkenwürger (Falcunculus frontatus). 5/6 natürl. Größe.
Falkenwürger (Falcunculus frontatus). 5/6 natürl. Größe.


[495] Der Falkenwürger (Falcunculus frontatus, Lanius frontatus) gehört mit seinen wenigen Verwandten dieser Würgergruppe an. Er ist ein kräftig gestalteter, angenehm gezeichneter Vogel von sechzehn Centimeter Länge, welcher viele Aehnlichkeit mit unserer Finkmeise hat, sich aber durch den sehr kräftigen Schnabel sofort unterscheidet. Dieser ist in der That falkenartig, obgleich der Haken des Oberschnabels und der Zahn nicht besonders ausgebildet sind. Die Färbung des Gefieders ist in beiden Geschlechtern eine sehr ähnliche. Die Obertheile sind olivenfarbig, die Untertheile hochgelb, eine Binde über die Stirne und die Kopfseiten, mit Ausnahme eines vom Auge aus nach dem Nacken verlaufenden schwarzen Bandes, weiß, die Haube, die Kehle und ein Theil des Vorderarmes schwarz, die Vorder- und Armschwingen schwarzbraun, breit grau gesäumt, die Steuerfedern, bis auf die äußersten und die Spitzen der übrigen reinweißen, wie die Schwingen gefärbt. Das Auge ist röthlichbraun, der Schnabel schwarz, der Fuß bläulichgrau. Das Weibchen unterscheidet sich durch geringere Größe und grünlichere Kehlfärbung vom Männchen.

Nach Gould sind die Falkenwürger auf den Süden Australiens beschränkt. Die eben beschriebene Art bewohnt Neusüdwales, eine ihr nahestehende zweite Westaustralien. Wo sie vorkommen, finden sie sich überall, ebensowohl im dichten Gestrüppe, als auch auf Bäumen der offenen Ebene. Sie sind munter und lebhaft wie die ihnen so ähnlichen Meisen, klettern auch wie diese längs der [496] Aeste dahin, um nach Nahrung zu suchen, nehmen ähnliche Stellungen an und spielen oft mit ihrer Haube. Ihre Hauptnahrung besteht in Kerbthieren und Beeren, welch erstere sie von den Blättern ablesen oder unter der Rinde der dickeren Aeste hervorziehen. Sie beweisen sehr große Geschicklichkeit, sich ihre Nahrung zu verschaffen und wissen namentlich ihren scharfen Schnabel vielfach zu verwenden, indem sie mit ihm die Rinde abbrechen und das morsche Holz zerstören. Kein Vogel derselben Größe besitzt, nach Goulds Behauptung, eine ähnliche Kraft im Schnabel wie dieser Würger, welcher denselben auch mit Erfolg zu seiner Vertheidigung gebraucht.

Hinsichtlich der Fortpflanzung gilt wahrscheinlich dasselbe, was bei dem Verwandten beobachtet wurde. Von ihm fand Gould ein Nest im Oktober auf den höchsten und schwächsten Zweigen eines Gummibaumes in einer Höhe von etwa sechzehn Meter über dem Boden. Es ähnelte einer tiefen Mulde und war aus zaseriger Gummibaumrinde zusammengebaut, mit Spinnweben überzogen und innen mit feinen Gräsern gefüttert. Die Eier waren auf glänzend weißem Grunde, namentlich gegen das stumpfe Ende hin, mit dunkel ölfarbigen Flecken gezeichnet.

Quelle:
Brehms Thierleben. Allgemeine Kunde des Thierreichs, Fünfter Band, Zweite Abtheilung: Vögel, Zweiter Band: Raubvögel, Sperlingsvögel und Girrvögel. Leipzig: Verlag des Bibliographischen Instituts, 1882., S. 495-497.
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