Sperbereule (Surnia ulula)

[63] In den nördlichen Ländern der Alten Welt lebt die Sperbereule (Surnia ulula, Strix ulula, nisoria, Stryx doliata, Noctua nisoria), welche man als die falkenähnlichste aller Eulen ansieht und deshalb wohl auch geradezu »Falkeneule« oder »Eulenfalk« nennt. Sie kennzeichnet sich durch breiten, auf der Stirne niedrigen Kopf mit platter Stirne und schmalem Gesicht, ohne eigentlichen Schleier und Federkreis um das Auge, durch ziemlich lange, verhältnismäßig spitzige Flügel, in denen die dritte Schwinge die längste ist, und langen, keilförmigen Schwanz. Der Schnabel ist kurz, kräftig, höher als breit, von der Wurzel angebogen, der Haken um etwa neun Millimeter über den Unterschnabel herabgebogen, die Schneide etwas ausgeschweift, die Spitze der unteren Kinnlade tief ausgeschnitten. Die Läufe sind bis zu den Zehen herab befiedert, diese kurz und mit scharfen Klauen bewehrt. Die Augen sind groß, die Ohren mit einer länglich eiförmigen, sechzehn Millimeter hohen Oeffnung und wohlausgebildeten Klappe ausgerüstet, welche an die des Schleierkauzes erinnert. Das Gefieder ist reich, sanft und glänzend, liegt aber doch viel dichter an als bei den meisten Nachteulen. Beim ausgefärbten Vogel ist das Gesicht weißgrau, ein Streifen vor und ein anderer hinter dem Ohre, welche sich halbmondförmig zu beiden Seiten des Kopfes herabziehen, schwarz, der Scheitel braunschwarz, jede Feder durch einen runden, weißen Flecken gezeichnet, welcher in der Genickgegend größer wird und die lichte Farbe zur vorherrschenden macht, der Nacken wie ein Fleck hinter dem Ohre reinweiß, die Oberseite braun, weiß gefleckt, jede einzelne Feder weiß, am Ende braun gesäumt und quergestreift, die Kehle weiß, die Oberbrust durch ein verwaschenes Querband geziert, die Unterseite weiß, auf Unterbrust, Bauch und Seiten schmal schwarzbraun in die Quere gestreift oder gesperbert; die Schwingen und Schwanzfedern sind mäusegrau, weißlich gebändert; im Schwanze zählt man außer dem Spitzensaume neun weiße Querstreifen. Das Auge ist dunkel schwefel-, der Schnabel schmutzig wachsgelb, an der Spitze hornschwarz. Junge Vögel unterscheiden sich wenig von den alten; diese aber ändern vielfach ab, ohne daß dadurch übrigens das Gesammtgepräge der Zeichnung verwischt würde. Die Länge beträgt neununddreißig bis zweiundvierzig, die Breite sechsundsiebzig bis einundachtzig, die Fittiglänge dreiundzwanzig, die Schwanzlänge sechzehn Centimeter.

Quelle:
Brehms Thierleben. Allgemeine Kunde des Thierreichs, Fünfter Band, Zweite Abtheilung: Vögel, Zweiter Band: Raubvögel, Sperlingsvögel und Girrvögel. Leipzig: Verlag des Bibliographischen Instituts, 1882., S. 63.
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