Goldzieher, Wilhelm

[610] Goldzieher, Wilhelm, zu Kitsee (Ungarn) 1. Januar 1849 geb., studierte in Wien und Heidelberg. Seine erste Arbeit (»Zur Kenntniss des Elektrotonus« Pflüger's Archiv, 1870) machte er unter der Anleitung Helmholtz's. In Wien Dezember 1871 promoviert, widmete er sich der Ophthalmologie, war bis Ende 1873 Assistent O. Becker's in Heidelberg, machte eine grössere Studienreise, liess sich in Budapest als Augenarzt nieder[610] (1875) und habilitierte sich daselbst 1878. In diese Epoche fällt eine Monographie G.'s »Die Geschwülste des Sehnerven« (Graefe's Archiv 1873), ferner »Die Implantationen in die vordere Augenkammer«, wodurch diese Methode in die allgemeine Pathologie eingeführt und die Genesis der Iriscysten endgiltig festgestellt wurde. Weitere zahlreiche klinische Arbeiten finden sich in den augenärztlichen Fachschriften, besonders zu erwähnen eine Theorie des Glaucoms, die Verknöcherungen des Bulbus u.s.w. 1881 erschien sein Buch »Therapie der Augenkrankheiten« (Stuttgart). 1883 wurde er zum Primararzte der Augenabteilung des Roten Kreuz-Vereins ernannt, und gründete mit anderen Fachgenossen die Budapester Allgemeine Poliklinik, die seitdem zu den grössten Krankenanstalten der ungarischen Hauptstadt zählt und ein eigenes Krankenhaus besitzt. 1895 wurde G. zum Professor der Augenheilkunde an der Budapester kgl. Universität ernannt und erhielt auch bald darauf die Augenabteilung im Allgemeinen Krankenhause zu St. Johann. Von den Arbeiten der letzten Jahre sind hervorzuheben: ein Lehrbuch der Augenheilkunde in ungarischer Sprache (das einzige bisher existierende), »die Physiologie der Thränensecretion« (Archiv f. Augenheilkunde 1894), in welcher bewiesen wird, dass nicht der Trigeminus, sondern der facialis der sekretorische Nerv der Thränendrüse ist; »die Hutchinsonsche Degeneration des Augenhintergrundes« (1897); ferner die zweite Auflage seiner »Therapie der Augenkrankheiten« (Leipzig 1899).

Quelle:
Pagel: Biographisches Lexikon hervorragender Ärzte des neunzehnten Jahrhunderts. Berlin, Wien 1901, Sp. 610-611.
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