8. Schülersitten

[312] Wenn der Schüler sich zu seiner Matte begibt, soll er in seinem Benehmen nichts Aufgeregtes haben. Er faßt mit beiden Händen sein Gewand und nimmt es gleichmäßig etwa einen Fuß hoch auf. Er läßt keinen Zipfel herunterhängen, damit er (beim Niedersitzen und Aufstehen) nicht mit dem Fuß darüber stolpert. Wenn des Lehrers Bücher, Schreibtafeln, Zither oder Harfe davorliegen, so kniet er nieder und legt sie zur Seite, vorsichtig, daß er nicht darüber hinwegsteigt. Wenn man unbeschäftigt ist, kniet man ganz hinten auf der Matte, beim Essen (wenn die Speisen vor der Matte aufgestellt werden) ganz vorne. Beim Sitzen verhält man sich ruhig. Halte deine Mienen gesammelt. Wenn der Ältere nicht auf ein neues Thema übergeht, so rede nicht voreilig von etwas anderem. Ordne dein Benehmen, höre ehrerbietig zu, trage nicht anderer Worte als deine eigenen weiter, rede nicht, wie ein Echo dem Donner, den Reden andrer nach. Wenn du zitierst, so seien es stets die früheren Könige des Altertums. Wenn du bei deinem Lehrer sitzest und er fragt dich etwas, so lasse ihn erst ausreden, ehe du erwiderst. Wenn du um deine Aufgaben (zum Einüben) bittest, so stehe auf; wenn du um weitere Erklärungen bittest, so stehe auf. Wenn der Vater[312] oder der Lehrer ruft, so gibt es kein nachlässiges »Jaja«, sondern ein kurzes »Jawohl« und Aufstehen. Wenn du bei einem verehrten Manne sitzest, so laß keinen Platz zwischen dir und ihm leer. Wenn du einen Altersgenossen siehst, so stehst du (in diesem Fall) nicht auf. Wenn die Lichter angezündet werden, so erhebst du dich; wenn das Essen kommt, so erhebst du dich; wenn ein geehrter Gast kommt, so erhebst du dich. Die Fackeln läßt man nicht bis aufs Ende herabbrennen2. In Anwesenheit eines geehrten Gastes scheucht man keinen Hund. Wenn man eine Speise vorübergehen läßt, so spuckt man nicht aus. Wenn man bei einem Herrn sitzt und der Herr beginnt zu gähnen und sich zu recken oder nach Stock und Schuhen zu greifen, nach der Sonne zu sehen, wie spät es sei, so wird der bei ihm Sitzende sich verabschieden. Wenn man bei einem Herrn sitzt und der Herr beginnt über einen neuen Gegenstand zu sprechen, so erhebt man sich und erwidert. Wenn man bei einem Herrn sitzt und es kommt der Überbringer einer Nachricht herein und spricht zu ihm: »Wenn Ihr eine Weile Zeit habt, möchte ich Bericht erstatten«, so zieht man sich nach rechts oder links in eine Ecke zurück und wartet (bis die Unterhaltung zu Ende ist). Halte beim Zuhören den Kopf nicht schief; sprich beim Antworten nicht übermäßig laut; blicke nicht verstohlen umher; sei nicht nachlässig in der Haltung. Beim Gehen stolziere nicht einher; beim Stehen ruhe nicht auf einem Bein (sondern stehe stramm); beim Sitzen spreize nicht die Beine; beim Schlafen lege dich nicht mit dem Gesicht nach abwärts. Halte deine Haare in Ordnung und trage keine falschen Haare (wie die Frauen). Lege deinen Hut nicht ab; ziehe bei Anstrengungen nicht deine Jacke aus; und ziehe, auch wenn es heiß ist, nicht dein Untergewand aus. Wenn du bei einem Älteren bist, so darfst du nicht mit den Schuhen in die Halle kommen (sondern ziehst sie vor der Tür aus); die ausgezogenen Schuhe darfst du nicht mitten vor den Stufen stehenlassen (sondern stellst sie zur Seite) ...

2

Damit die Gäste nicht eine versteckte Aufforderung zum Weggehen darin sehen.

Quelle:
Li Gi. Düsseldorf/Köln 1981, S. 312-313.
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