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[114] Das lichte Kalb in Vers 2 ist Agni, der mit der Morgenröthe zugleich erscheint (vgl. 681, 5.)
1. Das schönste Licht der Lichter ist gekommen,
die helle prächt'ge Leuchte ist erstanden;
Die Nacht, erregt zu Savitars Erregung,
hat ihren Sitz geräumt der Morgenröthe.
2. Die lichte kam mit lichtem Kalbe schimmernd,
und ihre Sitze räumte ihr die schwarze;
Verwandt, unsterblich, aufeinanderfolgend,
gehn Nacht und Morgen ihre Farbe wechselnd.
3. Der Nacht, des Morgens Weg ist gleich und endlos,
gelehrt von Göttern gehn sie nacheinander,
Nicht stehn sie still, noch stossen sich die hehren,
an Farbe ungleich, gleich an Sinn, die Schwestern.
4. Die glänzend herführt alle Herrlichkeiten,
erschien im Licht und schloss uns auf die Thore,
Was lebt, erregend zeigte sie uns Schätze;
das Morgenroth erweckte alle Wesen.
5. Den hingestreckten weckt zum Gehn die reiche,
den zum Genuss, und den zum Schatzerwerben,[114]
Die schwach nur sehn, um weit sich umzublicken,
das Morgenroth erweckte alle Wesen.
6. Zur Herrschaft den, zum Ruhmgenuss den andern,
den zum Erwerb, und den nach Glück zu jagen,
Verschiedne Lebenswege zu durchmustern,
das Morgenroth erweckte alle Wesen.
7. Das Himmels Tochter liess sich hier erblicken,
die Jungfrau, strahlend und in Licht gekleidet;
Gebietend über alles Gut der Erde,
erstrahle heut, o sel'ge Morgenröthe.
8. Sie folgt dem Pfade der vorangegangnen,
die erste aller, die noch kommen werden,
Erstrahlend und die Lebenden erregend,
die Morgenröthe jeden Schläfer weckend.
9. Dass, Morgenroth, den Agni du entflammtest
und ihn enthülltest durch den Schein der Sonne,
Die Menschen wecktest, welche opfern sollten,
das schöne Werk hast du vollbracht den Göttern.
10. Wie lange währt's, dass sie mit denen eins wird,
die früher strahlten und noch strahlen werden?
Sie sehnt verlangend hin sich nach den frühern,
und geht ausschauend auf die Lust mit spätern.
11. Verschwunden sind die Menschen, welche schauten
die Morgenröthe, die da früher strahlte;
Jetzt hat sie sich von uns erblicken lassen,
es kommen noch, die sie in Zukunft schauen.
12. Feindscheuchend, treu dem Recht und Recht beschirmend,
voll Güte, alle Herrlichkeit erweckend,
An Segen reich, zum Göttermahle führend,
erstrahle hier aufs schönste, Morgenröthe!
13. Stets schien zuvor die Göttin Morgenröthe,
auch jetzt hat diesen Raum enthüllt die reiche,
Nun wird sie leuchten auch in spätern Tagen,
geht, wie sie will, nicht alternd, nimmer sterbend.
14. Im Schmucke strahlt sie an des Himmels Rändern,
die schwarze Hülle deckte ab die Göttin,
Aufweckend fährt auf schönbespanntem Wagen
mit rothen Rossen her die Morgenröthe.
15. Herbei nun fahrend nahrungsreiche Güter,
erregt sie hellen Glanz, wenn sie erscheinet,
Der hingegangnen letzte, und als erste
der stets erneuten glänzt die Morgenröthe.
16. Erhebt euch nun, des Lebens Odem kam uns,
es wich das Dunkel und das Licht erscheinet,[115]
Zum Gehen bahnte sie den Weg der Sonne,
wir kamen dahin, wo man lange lebet.
17. Mit Zügeln lenkend treibet seine Lieder
der Dichter vor, die lichten Morgen preisend,
So leuchte heut, o reiche, hell dem Sänger
und strahl uns zu ein kinderreiches Alter.
18. Die Morgen, die dem sterblichen Verehrer
mit Rinderschar und allen Helden leuchten,
Die finde, wenn im Sturm die Lieder brausen,
als rosseschenkend sich der Somapresser.
19. Der Aditi, der Götter-Mutter, Antlitz,
als Opfers Fahne scheine weithin leuchtend;
Erstrahle Huld erweisend unsrer Andacht,
allreiche, wirke Fruchtbarkeit uns allen.
20. Welch lichtes schönes Werk die Morgenröthen
dem eifervollen Opfrer herwärts fahren,
Das möge Mitra, Varuna uns segnen
und Aditi, das Meer, und Erd' und Himmel.
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