Des Gemahls Entfernung.

[375] Kraut sucht' ich morgenlang mir ein,1

Doch keine Handvoll sollt' es sein.

Zerworren ward das Haupthaar mein,

Da kehrt' ich heim und wusch es rein.


Ich sucht' Anil den Morgen schier,2

Doch nicht die Schürze füllt er mir.

Der fünfte Tag, das war die Frist:

Am sechsten ist er noch nicht hier.


So oft mein Herr zum Jagen ging,

Hab' ich ihm eingepackt den Bogen;

So oft mein Herr zum Angeln ging,

Hab' ich die Schnur ihm ausgezogen.


Wenn er geangelt, was dann war's?

Es waren Karpfen, waren Brassen;

Und waren's Karpfen, waren's Brassen,

So durften sie sich sehen lassen.3

1

Für »Kraut« steht im Chin. Lŭ, eine Pflanze, die sich schwer bestimmen läßt.

2

Lân ist die Indigopflanze oder Anil.

3

Die Erklärung des Schlußverses ist noch nicht gelungen. Die Übersetzung dürfte an das Richtige wenigstens anstreifen.

Quelle:
Schī-kīng. Heidelberg 1880, S. 375-376.
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