Klage über die Theilnahmlosen in den Wirren der bösen Zeit.1

[292] Die hochgeschwoll'nen Stromgewässer,

Sie zieh'n zum Hofempfang in's Meer.

Der Sperber, allerschnellsten Fluges,

Bald schwebt er hin, bald rastet er.

Ach, unter allen meinen Brüdern,

Landsleuten, Freunden allumher

Läßt Keiner sich die Wirren kümmern!

Wer hat denn nicht die Eltern mehr?2


Die hochgeschwoll'nen Stromgewässer,

Sie wogen immer höher an.

Der Sperber, allerschnellsten Fluges,

Bald schwebt er, schwingt sich bald hinan.

Gedenk' ich jener Ausgeschritt'nen,3

Aus fahr' ich dann, fortschreit' ich dann.

Ach daß ich meines Herzens Kummer

Nicht abthun und vergessen kann!
[293]

Der Sperber, allerschnellsten Fluges,4

Schwebt mitten um die Höh'n darein.

Beim nichtigen Geschwätz des Volkes,

Weswegen tritt da Niemand ein?

Wenn meine Freunde Sorge trügen,

Würd' auch noch dann Verläumdung sein?

1

Der Sänger scheint ein hochgestellter Mann gewesen zu sein, dessen Wirksamkeit zur Beseitigung der Unruhen durch die Gleichgültigkeit seiner Amtsgenossen und die Verläumdungen im Volke erfolglos geworden.

2

Hier wird auf die höchste Pflicht des Chinesen, die kindliche Pietät, hingewiesen. Die Gleichgültigen sollten doch bedenken, wie Vater und Mutter unter den Unruhen des Landes leiden.

3

Wörtlich: »der nicht Spurhaltenden«, nicht die rechten Wege Wandelnden.

4

Daß die beiden Anfangsverse dieser Strophe verloren gegangen seien, vermuthete schon Tschū-hī.

Quelle:
Schī-kīng. Heidelberg 1880, S. 292-294.
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