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[679] Om!


Es geschah einmal, dass Çaunaka, der sehr reiche, den ehrwürdigen A giras Pippalâda befragte:

In der himmlischen, lieblichen Brahmanstadt [dem Leibe] wie sind sie [die Götter der Lebensorgane] gegründet?

Und wie ergiessen sie sich [nach aussen]?

Und von wem rührt diese ihre Macht her?

Und wer ist der, welcher zu dieser ihrer Macht geworden ist?

Da erklärte er ihm die allervortrefllichste Brahmanlehre und sprach:

Es ist der Prâṇa, ist der Âtman; von dem Âtman rührt ihre Macht her; er ist die Lebenskraft der Götter [der Lebensorgane], er ist der Götter Vergang und Nichtvergang.

Er, der in der himmlischen Brahmanstadt als das staublose,[679] unteilbare, reine, unvergängliche Brahman erglänzt (vgl. Muṇḍ. 2,2,9), regiert sie, [und sie folgen ihm] wie dem Bienenkönige die Bienen.3 – Und wie die Fliegenvertilgerin [die Spinne] aus einem Faden ihr Netz ausbreitet und es an ebendemselben wieder in sich hereinzieht (nach Muṇḍ. 1,1,7), so auch der Prâṇa, wenn er [in die Adern] eingeht, das Ausgebreitete in sich hereinziehend. Denn den Prâṇa erkennen als Gottheit alle die Adern an [in die er eingeht] im Tiefschlafe, [wobei es sich zuträgt] wie mit dem Falken und dem Luftraume (Hindeutung auf Bṛih. 4,3,19). Nämlich wie der Falke, nachdem er in den Äther aufgestiegen, zu seinem Neste geht, also auch der Tiefschlafende. Denn er sagt es [nach dem Erwachen: »ich habe schön geschlafen«. Comm.].

Wie aber irgend ein [Tiefschlafender, z.B.] Devadatta, solange er nicht mit dem Stocke oder dergleichen geschlagen wird [lies: yashṭi-âdinâ atâḍyamâna, mit Rücksicht auf Kaush. 4,19], sich nicht regt, so wird er auch durch Opfer und fromme Werke, durch Gutes und Böses nicht befleckt. Wie aber ein Kind, weil es noch keine Wünsche hat, in Wonne lebt, so auch lebt ein jeder Devadatta während des [Tief-]Schlafes in Wonne. Denn er weiss dann das höchste Licht, und weil er das Licht liebt, darum ist es ihm zur Wonne.

Weiter geht er mit eben diesem [höchsten Âtman] in den Traumschlaf über, wie eine Raupe, – nämlich wie die Raupe von Blattspitze zu Blattspitze ihr Selbst fortbewegt, indem sie das Vorderteil fortbewegt und das Hinterteil nachzieht (lies samdhayati aparam), nicht aber das Hinterteil im Stich lässt. Und er [der Âtman] ist es auch, welcher der Wachende genannt wird; und wie einer [der opfern will] acht Schalen zugleich trägt, so trägt er den [Leib mit seinen Organen]; er hängt gleichsam an seinem Busen [vgl. Bṛih. 4,3,21 yathâ priyayâ striyâ samparishvakto, und Cûlikâ-Up. 3-6, oben S. 639], er, der der Veda's und der Götter Ursprung ist.4[680]

Wenn die Menschen wachen, so ist ihr Gutes und Böses eine Äusserung [Sichtbarmachung] dieses Gottes, welcher als Weltausgangspunkt [wenn nicht samprasâda zu lesen ist, Chând. 8,12,3], als innerer Lenker (Bṛih. 3,7), als Vogel, Krebs5, Lotosblume, Purusha, Prâṇa, Nichtschädigung, höheres und niederes Brahman, als Âtman die Götter [der Sinnesorgane] zu bewussten macht.

Wer solches weiss, der begreift, dass die Lokalseele (kshetrajña) die höchste Brahmanbehausung ist, – der begreift, dass die Lokalseele die höchste Brahmanbehausung ist (vgl. Muṇḍ. 3,2,1).

Quelle:
Sechzig Upanishads des Veda. Darmstadt 1963 [Nachdruck der 3. Aufl. Leipzig 1921], S. 679-681.
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