[92] 7. arbhaka-okas-tvât tad-vyapadeçâc ca na, iti cen? na! nicâyyatvâd evaṃ, vyomavac ca
weil seine Behausung winzig und auch [von ihm] dies aufgewiesen, nicht, meint ihr? O nein, weil er auf diese Weise bemerklich gemacht werden soll, und es ist wie bei dem Raume.

»Winzig« bedeutet klein; »Behausung« die Wohnstätte. – ›Weil nach den Worten: »er ist meine Seele im innern Herzen« (Chând. 3, 14, 4), sein Standort ein engbegrenzter ist, und weil[92] noch in den eigens dazu bestimmten Worten: »kleiner als ein Reiskorn oder Gerstenkorn« (Chând. 3, 14, 3) seine Kleinheit aufgewiesen wird, deswegen,‹ so könnte man meinen, ›ist es nur die nadelspitzegrosse, verkörperte Seele, welche hier besprochen wird, nicht der allgegenwärtige höchste Âtman.‹ – Diese Behauptung ist zu entkräften. Wir entgegnen darauf, dass der Einwand ohne Grund ist. Allerdings kann von demjenigen, was räumlich begrenzt ist, unter keinen Umständen behauptet werden, dass es allgegenwärtig sei; hingegen ist bei dem Allgegenwärtigen, weil es an allen Orten sich befindet, auch die Aufzeigung desselben in einem begrenzten Raume in gewissem Sinne statthaft, ähnlich wie der, welcher Beherrscher der ganzen Erde ist, doch auch als Beherrscher der Stadt Ayodhyâ bezeichnet werden kann. – ›Aber in welchem Sinne wird denn von Gott, der doch allgegenwärtig ist, ausgesagt, dass seine Behausung eng, und dass er kleiner [als ein Reiskorn und Gerstenkorn] sei?‹ – »Weil er«, so erwidern wir, »auf diese Weise bemerklich gemacht werden soll.« Denn auf diese Weise, nämlich sofern er mit jener Gruppe von Eigenschaften der Kleinheit u.s.w. behaftet erscheint, wird Gott dort, in der Lotosblume des Herzens, bemerklich gemacht, als vorstellbar aufgezeigt, ähnlich wie Hari [Vishṇu] in dem Çâlagrâma-Steine; denn dort ist er für das erkennende Bewusstsein ergreifbar, | indem Gott, obgleich allgegenwärtig, dort als Gegenstand der Verehrung seinen Sitz hat. Und es ist dieses anzusehen »wie bei dem Raume«. Wie nämlich der Raum, der doch allgegenwärtig ist, mit Beziehung auf ein Nadelöhr u.s.w. als in enge Behausung eingeschlossen und sehr klein bezeichnet werden kann, ebenso auch das Brahman. Diese Enge der Behausung und Kleinheit des Brahman dienen, um ihn auf diese Weise bemerklich zu machen, und sind nicht im Sinne der höchsten Realität zu verstehen. – Wollte jemand wegen dieses Wohnens des Brahman im Herzen behaupten, dass was im Herzen wohne in die einzelnen Leiber verteilt sein müsse, das seinem Standort nach Verteilte aber, ähnlich wie die Papageien u.s.w. [in den verschiedenen Käfigen], den Mängeln der Vielheitlichkeit, Teilbarkeit und Vergänglichkeit anheimfalle, und dass dieses dann auch auf Brahman seine Anwendung finden müsse, – so ist auch diese Behauptung [durch das Gesagte] bereits widerlegt.

Quelle:
Die Sűtra's des Vedânta oder die Çârîraka-Mîmâṅsâ des Bâdarâyaṇa. Hildesheim 1966 [Nachdruck der Ausgabe Leipzig 1887], S. 92-93.
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