[116] 22. viçeshaṇa-bheda-vyapadeçâbhyâñ ca na itarau
nicht die beiden andern, wegen der Kennzeichnung und der Bezeichnung der Verschiedenheit.

Und auch aus folgendem Grunde muss der Mutterschoss der Wesen den höchsten Gott und »nicht die beiden andern«, die verkörperte Seele oder die Urmaterie, bedeuten; aus welchem? »wegen der Kennzeichnung und der Bezeichnung der Verschiedenheit.« Nämlich unsere Stelle kennzeichnet den in Rede stehenden Mutterschoss der Wesen durch Merkmale, die der verkörperten Seele nicht zukommen, wenn sie sagt: »denn himmlisch ist der Geist, der ungestaltete, der draussen ist und drinnen, ungeboren, der odemlose, wünschelose, reine« (Muṇḍ. 2, 1, 2.) Diese Kennzeichnung als der »himmlische« u.s.w. passt nicht auf die vom Nichtwissen aufgestellte, dem Wahne eines Umgrenztseins nach Name und Gestalt hingegebene und die Qualitäten derselben auf ihr eigenes Selbst beziehende, verkörperte Seele. Es springt also in die Augen, dass hier derjenige Geist gemeint ist, welcher den Gegenstand der Upanishad's bildet. – Ebenso aber bezeichnet die Schrift auch die Verschiedenheit des in Rede stehenden Mutterschosses der Wesen von der Urmaterie, wenn sie sagt: »noch höher als das höchste Unvergängliche.« Das »Unvergängliche« bedeutet hier [allerdings nicht etwa diese Urmaterie, sondern vielmehr nur] den noch nicht entfalteten, alle Namen | und Gestalten der Samenkraft[116] nach in sich enthaltenden feinen Leib der Wesen (bhûta-sûkshmam), wie er Gott als Grundlage [der Schöpfung] dient und nichts weiter als ein Upâdhi [eine Nebenbestimmung an dem Wesen] Gottes ist. Dieser [feine Leib, das »Unvergängliche«] steht als unerschaffen höher als alles Erschaffene. Wenn nun die Schrift mit »Bezeichnung der Verschiedenheit« von einem redet, der »noch höher als dieses Höchste« stehe, so ist [fürs erste] klar, dass hier der höchste Âtman gemeint ist. Man darf [aber ferner] nicht meinen, dass hier [von der Schrift] an irgend eine selbständige Wesenheit, an eine sogenannte Urmaterie [im Sinne der Sânkhya's] gedacht [lies: abhyupagamya], und dann die Bezeichnung der Verschiedenheit [Gottes] von dieser zum Ausdrucke gebracht werde, sondern es ist vielmehr so: wollte man selbst eine solche Urmaterie, wie sie der Schrift nicht widerspräche, aufstellen, indem man annähme, dass es der »feine Leib« sei, welcher unter den [von der Urmaterie üblichen] Worten »das Unoffenbare« u.s.w. | zu verstehen wäre, so kann man das thun; aber auch dann ist, wegen »der Bezeichnung der Verschiedenheit« [auch] von dieser [im Sinne des Vedânta umgedeuteten Urmaterie], als der [letzte] Mutterschoss der Wesen [nicht sie sondern] der höchste Gott anzusehen; – das ist es, was hier [im Sûtram] gelehrt wird.

Und warum weiter muss der Mutterschoss der Wesen der höchste Gott sein? Antwort:

Quelle:
Die Sûtra's des Vedânta oder die Çârîraka-Mîmâṅsâ des Bâdarâyaṇa. Hildesheim 1966 [Nachdruck der Ausgabe Leipzig 1887], S. 116-117.
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