[104] 15. sukha-viçishṭa-abhidhânâd eva ca
auch schon wegen seiner Erwähnung als specificierte Lust.

Auch schon darum kann hier kein Zweifel darüber sein, ob Brahman in diesem Texte erwähnt werde oder nicht, weil die Beziehung auf das Brahman sicher steht »schon wegen seiner Erwähnung als specificierte Lust.« Nämlich das Brahman, welches zu Anfang des Textes als eine specificierte Lust auftrat in den Worten »Brahman ist Leben, Brahman ist Freude, Brahman ist Weite« (Chând. 4, 10, 5), eben dieses wird auch an unserer Stelle [als der Mann im Auge] erwähnt; denn es ist billig, dass man an dem, was als Thema vorangestellt worden, festhält. | Hierzu kommt, dass in den [zwischen beiden zwischenliegenden] Worten »den Weg zu ihm aber wird dir der Lehrer zeigen« (Chând. 4, 14, 1) [keine Belehrung über Brahman, weil diese schon im Vorherigen gegeben war, sondern] nur eine Beschreibung des Weges zu ihm in Aussicht gestellt wurde. – ›Aber was soll es heissen, dass Brahman zu erkennen sei in der zu Anfang des Textes vorkommenden »specificierten Lust?«‹ – Wir wollen darauf antworten. Zunächst also sagen die Feuer: »Brahman ist Leben, Brahman ist Freude, Brahman ist Weite«, worauf Upakoçala erwidert: »Ich weiss, dass Brahman das Leben ist; aber die Freude und die Weite, die weiss ich nicht.« Hierauf wird ihm entgegnet: »Wahrlich, die Weite, das ist die Freude, und die Freude, das ist die Weite.« Das hier vorkommende Wort »Weite« (kham)[104] bedeutet zunächst und gewöhnlich das Element des Äthers (âkâça.) Würde nun zur Specifikation desselben das eine Lust ausdrückende Wort »Freude« (kam) nicht hinzugenommen, so müsste man annehmen, dass hier das Wort Brahman mit dem Element des Äthers nur verbunden werde um auszudrücken, dass der Äther, so wie anderwärts (Chând. 7, 1, 5) der Name u.s.w., ein Symbol (pratîkam) des Brahman sei. Ebenso steht es mit dem Worte »Freude« (kam), welches gewöhnlich die allbekannte, aus der Berührung der Sinnesorgane mit den Sinnendingen entspringende Lust bedeutet. Würde an unserer Stelle nicht zur Specifikation der »Freude« das Wort »Weite« hinzugefügt, so müsste man annehmen, dass hier die weltliche Lust als das Brahman bezeichnet werde. Nun sich aber die Worte »Freude« und »Weite« gegenseitig specificieren, so bedeuten beide zusammen das seinem Wesen nach Lust seiende Brahman. Wäre hier das Wort »Brahman« nicht zweimal | gesetzt, hiesse es bloss: »Brahman ist die Weite, die Freude«, so würde das Wort »Freude« nur zur Specifikation des Wortes »Weite« dienen, und man müsste die »Freude« als eine blosse qualitative Bestimmung auffassen. Um dies zu verhindern, wird bei beiden Worten, Weite und Freude, das Wort Brahman als Hauptbegriff [çiras, d.h. Subjekt] beigefügt, und es heisst: »Brahman ist Weite, Brahman ist Freude.« Dies geschieht, damit man auch bei der »Lust« [nicht an diese als Qualität, sondern] an den Träger der Qualität denken soll. In dieser Weise also wird zu Anfang der Stelle das Brahman »als specificierte Lust« bezeichnet. Wenn ferner die Feuer, Gârhapatya u.s.w., nachdem ein jedes seine eigentümliche Wichtigkeit dargelegt hat, hinzusetzen: »nun weisst du, o Teurer, die Lehre von uns und die Lehre vom Âtman«, so geben sie durch dieses rückblickende Wort zu erkennen, dass das Brahman schon im Vorherigen dargelegt sei. Und wenn sie hinzufügen: »den Weg zu ihm aber wird dir der Lehrer zeigen«, so wird hier nur die Darlegung des Weges zu Brahman in Aussicht gestellt, mithin die Absicht, noch etwas anderes mitzuteilen, [nämlich das Brahman selbst, eben weil Brahman schon im Vorhergehenden mitgeteilt war,] ausgeschlossen. Wenn es daher [in den Worten, mit welchen der Lehrer darauf seine Belehrung anhebt] heisst: »wie an dem Blatte der Lotosblüte das Wasser nicht haftet, so haftet keine böse That an dem, der Solches weiss«, so beweisen diese Worte, indem sie dem, der den »Mann im Auge« | kennt, Unantastbarkeit durch das Böse beilegen, dass unter dem Mann im Auge das Brahman zu verstehen ist. Es ist somit das schon vorher in Rede stehende Brahman, von welchem der Standort im Auge und die Eigenschaften, dass er der Liebeshort u.s.w. sei, ausgesagt werden. Und um sodann für den, welcher es kennt, den Weg zu ihm durch die Flamme [des Leichenfeuers] u.s.w. zu schildern, zu diesem Zwecke heisst es[105] vorweg: »der Mann, den man in dem Auge siehet, der ist der Âtman, so sprach er« (Chând. 4, 15, 1.)

Quelle:
Die Sûtra's des Vedânta oder die Çârîraka-Mîmâṅsâ des Bâdarâyaṇa. Hildesheim 1966 [Nachdruck der Ausgabe Leipzig 1887], S. 104-106.
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