II. Von den Verstandesoperationen in einem auf den Geruchsinn beschränkten Menschen, und wie die verschiedenen Abstufungen von Lust und Unlust diesen Operationen zu Grunde liegen.

[20] 1. Beim ersten Geruche gehört die Empfindungsfähigkeit unserer Statue ganz und gar dem Eindruck, der auf ihr Organ geschieht. Das nenne ich Aufmerksamkeit.[20]

2. Von diesem Augenblicke an beginnt sie zu geniessen oder zu leiden; denn wenn die Empfindungsfähigkeit ganz einem angenehmen Dufte zugewandt ist, so ist das Genuss, und ist sie einem unangenehmen zugewandt, so ist das Leiden.

3. Aber unsere Statue hat noch keine Vorstellung von den verschiedenen Veränderungen, die sie an sich erfahren kann. Sie befindet sich mithin wohl, ohne besseres Befinden zu wünschen, oder unwohl, ohne Wohlbefinden zu wünschen. Das Leiden kann eben so wenig in ihr den Wunsch nach einem Gute erregen, das sie nicht kennt, als der Genuss ihr Furcht vor einem Uebel einflössen kann, das sie ebenfalls nicht kennt. So unangenehm folglich auch die erste Empfindung sein mag, ja wäre sie es auch in dem Grade, dass sie das Organ verletzt und ein heftiger Schmerz ist, so kann sie doch kein Begehren veranlassen.

Wenn bei uns das Leiden jederzeit von dem Begehren, nicht zu leiden, begleitet ist, so kann es bei der Statue nicht ebenso sein; der Schmerz veranlasst in uns jenes Begehren nur deshalb, weil jener Zustand uns schon bekannt ist. Die Gewöhnung, die wir uns nach und nach angeeignet haben, ihn als etwas anzusehen, ohne welches wir gewesen sind und ohne welches wir fernerhin sein können, bewirkt, dass wir nicht mehr leiden können, ohne alsbald zu wünschen, nicht zu leiden, und dieses Begehren ist von einem schmerzhaften Zustande unzertrennlich.

Die Statue jedoch, die im ersten Augenblick sich eben nur durch den Schmerz empfindet, den sie erleidet, weiss nicht, ob sie aufhören kann, Schmerz zu sein, um etwas Anderes zu werden oder gar nicht mehr zu sein. Sie hat von Veränderung, Aufeinanderfolge und von Dauer noch keine Vorstellung. Mithin existirt sie, ohne Begehrungen bilden zu können.[21]

4. Sobald sie bemerkt haben wird, dass sie aufhören kann, das zu sein, was sie ist, um wieder zu werden, was sie gewesen, so werden wir ihre Begehrungen entstehen sehen, und zwar aus einem Zustande der Schmerzes, welchen sie mit einem Zustande der Lust vergleicht, den das Gedächtniss ihr zurückruft. Wegen dieses künstlichen Getriebes nun sind Lust und Schmerz das einzige Prinzip, das, indem es alle ihre Seelenthätigkeiten bestimmt, sie stufenweise zu allen Kenntnissen, deren sie fähig ist, erheben muss, und um zu beurtheilen, welche Fortschritte sie machen kann, wird es genügen, wenn man die Lustgefühle, die sie zu begehren, die Schmerzen, welche sie zu fürchten hat, und den Einfluss der einen und der andern je nach den Umständen beobachtet.

5. Wenn ihr keine Erinnerung an ihre Veränderung bliebe, so würde sie immer wieder zum ersten Male zu empfinden glauben. Ganze Jahre würden sich in den jedesmal gegenwärtigen Moment verlieren. Beschränkte sie also immer ihre Aufmerksamkeit auf eine einzige Daseinsweise, so würde sie niemals deren zwei zusammen halten, nie über deren gegenseitige Beziehungen urtheilen können. Sie würde Lust oder Schmerz empfinden, ohne noch Verlangen oder Furcht zu haben.

6. Allein der Duft, den sie empfindet, entschwindet ihr nicht gänzlich, sobald der duftende Körper aufhört, auf ihr Organ zu wirken. Die Aufmerksamkeit, die sie ihm zugewandt hat, hält ihn noch zurück, und es bleibt davon ein mehr oder minder starker Eindruck, je nachdem die Aufmerksamkeit selbst mehr oder minder lebhaft war. Dies ist das Gedächtniss.[22]

7. Wenn unsere Statue ein neuer Duft ist, so ist ihr also noch der gegenwärtig, der sie im Augenblick vorher gewesen. Ihre Empfindungsfähigkeit theilt sich in das Gedächtniss und den Geruchsinn, und die erstere von diesen Fähigkeiten ist auf die vergangene Empfindung aufmerksam, während die zweite auf die gegenwärtige Empfindung aufmerksam ist.

8. Es giebt also zwei Empfindungsweisen in ihr, die sich nur dadurch unterscheiden, dass die eine sich auf eine wirkliche Empfindung, die andere auf eine Empfindung bezieht, die nicht mehr da ist, von welcher jedoch der Eindruck noch fortdauert. Da sie nicht weiss, dass Gegenstände da sind, die auf sie wirken, ja nicht einmal weiss, dass sie ein Organ hat, so unterscheidet sie für gewöhnlich die Erinnerung einer Empfindung von einer wirklichen Empfindung nur als das schwache Empfinden dessen, was sie gewesen, und das lebhafte Empfinden dessen, was sie ist.

9. Ich sage »für gewöhnlich«, weil die Erinnerung nicht immer ein schwaches, noch die Empfindung ein lebhaftes Gefühl sein wird. Denn so oft das Gedächtniss ihre Daseinsweisen ihr mit grossem Nachdruck wieder vorführt, das Organ dagegen nur leichte Eindrücke empfängt, so wird das Gefühl einer wirklichen Empfindung[23] weit weniger lebhaft sein, als die Erinnerung an eine nicht mehr vorhandene.

10. Wie also dem Geruchsinn ein Duftkraft des Eindruckes eines duftenden Körpers auf das Organ selbst, so ist ein anderer Duft dem Gedächtniss gegenwärtig, weil der Eindruck eines andern riechenden Körpers in dem Gehirn noch fortbesteht, wohin das Organ ihn übermittelt hat. Indem so die Natur zwei Daseinsweisen durchlebt, fühlt sie, dass sie nicht mehr ist, was sie gewesen. Die Erkenntniss dieses Wechsels bewirkt, dass sie die ersteren auf einen Zeitpunkt bezieht, der von dem verschieden ist, wo sie die zweite kennen lernt, und dies eben lehrt sie zwischen einer Existenzform und der Erinnerung an eine vergangene einen Unterschied machen.

11. In Bezug auf die eine ihrer Empfindungsweisen ist sie aktiv, in Bezug auf die andere passiv. Aktiv ist sie, wenn sie sich einer Sinneserregung erinnert, weil sie in sich selbst die Ursache hat, welche sie ihr zurückruft, nämlich das Gedächtniss. Passiv ist sie in dem Zeitpunkte, wo sie eine Sinnesreizung erfährt, weil die bewirkende Ursache ausser ihr, nämlich in den duftenden Körpern ist, die auf ihr Organ wirken.1[24]

12. Allein da sie von der Einwirkung der äussern Gegenstände auf sie nichts ahnen kann, so kann sie eine Ursache in ihr und eine Ursache ausser ihr nicht unterscheiden. Alle ihre Veränderungen verdankt sie von ihrem Standpunkt nur sich selbst, und mag sie nun eine Sinnesreizung erleiden oder sich ihrer nur erinnern, so nimmt sie immer nur das Eine wahr, dass sie auf diese oder jene Weise ist oder gewesen ist. Sie kann folglich zwischen dem Zustande, wo sie aktiv, und dem, wo sie ganz passiv ist, keinen Unterschied bemerken.

13. Je mehr indessen das Gedächtniss Gelegenheit erhält, sich zu üben, mit desto grösserer Leichtigkeit wird es thätig sein. Dadurch nun wird die Statue die Fertigkeit erlangen, die durchlaufenen Veränderungen ohne Mühe sich zurückzurufen und ihre Aufmerksamkeit zwischen das, was sie ist, und das, was sie gewesen, zu theilen. Denn eine Fertigkeit ist nur die Leichtigkeit in der Wiederholung dessen, was man gethan hat, und diese Leichtigkeit erwirbt man durch öftere Wiederholung der Handlung.2[25]

14. Wenn sie, nachdem sie zu verschiedenen Malen eine Rose und eine Nelke gerochen hat, wiederum eine Böse riecht, so wird die passive, durch den Geruchsinn vermittelte Aufmerksamkeit ganz dem vorhandenen Rosenduft hingegeben sein, und die aktive, durch das Gedächtniss vermittelte Aufmerksamkeit wird sich in die Erinnerung theilen, die vom Rosen-und Nelkenduft zurückgeblieben ist. Nun können aber die Daseinsarten sich nicht in die Empfindungsfähigkeit theilen, ohne sich zu vergleichen; denn vergleichen ist nichts Anderes als gleichzeitig zweien Vorstellungen seine Aufmerksamkeit zuwenden.

15. Sobald Vergleichung da ist, ist Urtheil da. Unsere Statue kann nicht gleichzeitig auf Rosen- und auf Nelkenduft aufmerksam sein, ohne zu bemerken, dass der eine nicht der andere ist, und nicht auf den Rosenduft, den sie riecht, und den Rosenduft, den sie gerochen hat, ohne zu bemerken, dass sie einerlei Art sind. Ein Urtheil ist demnach nur die Wahrnehmung eines Verhältnisses zwischen zwei Vorstellungen, die man vergleicht.[26]

16. In dem Maasse, als die Vergleiche und die Urtheile sich wiederholen, macht sie unsere Statue mit grösserer Leichtigkeit. Sie eignet sich also die Fertigkeit an zu vergleichen und zu urtheilen. Es wird folglich genügen, sie andere Düfte riechen zu lassen, um sie zu neuen Vergleichen, neuen urtheilen und neuen Fertigkeiten anzuregen.

17. Beim ersten Sinnesreiz, den sie erfährt, ist sie durchaus nicht überrascht, denn sie ist noch an keine Art des Urtheils gewohnt.

Sie ist es ebenso wenig, wenn sie zwar mehrere Düfte nach einander, aber jeden nur einen Augenblick wahrnimmt. Sie hält sich dann bei keinem der von ihr gebildeten Urtheile auf, und je mehr sie wechselt, desto mehr muss sie den Wechsel als ihre natürliche Anlage ansehen.

Sie wird es ebenfalls nicht sein, wenn wir sie in unmerklicher Stufenfolge von der Gewohnheit, sich für einen Duft zu halten, zu dem Urtheile leiten, dass sie ein anderer sei; denn sie wechselt, ohne es bemerken zu können.

Allein sie wird es unumgänglich sein müssen, wenn sie plötzlich von einem Zustand, an den sie gewöhnt war, zu einem ganz verschiedenen Zustand übergeht, von dem sie noch gar keine Vorstellung hatte.

18. Dieses Erstaunen lässt sie den Unterschied ihrer Daseinsweisen besser empfinden. Je schroffer der Uebergang von einer zur andern ist, desto grösser ist ihr Erstaunen, und desto betroffener ist sie auch von dem Gegensatze der Lust- und Schmerzgefühle, die damit zusammenhängen. Ihre Aufmerksamkeit, die nun durch Schmerzen, welche sich fühlbarer machen, bestimmt wird, wendet sich mit grösserer Lebhaftigkeit allen Sinnesreizen zu, die nach einander eintreten. Sie vergleicht sie daher sorgfältiger, sie urtheilt richtiger über deren gegenseitige Beziehungen. Folglich erhöht das Erstaunen die Wirksamkeit ihrer Seelenthätigkeiten. Aber da es sie nur dadurch erhöht, dass es einen auffallenderen Gegensatz zwischen angenehmen und unangenehmen Empfindungen bemerken lässt, so sind es immer Lust und Schmerz, welche ihren Fähigkeiten den ersten Anstoss geben.

19. Wenn die Gerüche alle in gleicher Weise ihre Aufmerksamkeit auf sich ziehen, so werden sie sich in[27] ihrem Gedächtniss nach der Reihenfolge erhalten, in der sie sich gefolgt sind, und sich dadurch in ihm verbinden.

Umfasst die Reihenfolge eine grosse Zahl derselben, so wird der Eindruck der letzten, als der neueste, am stärksten sein; der von den ersten wird sich in unmerklicher Stufenfolge abschwächen, völlig verloschen, und es wird sein, als wenn sie nie eingetreten wären.

Sollten jedoch einzelne nur wenig Theil an der Aufmerksamkeit gehabt haben, so werden sie keinen Eindruck hinterlassen und ebenso schnell vergessen werden, als sie wahrgenommen wurden. Endlich werden die, welche auffallender waren, sich[28] mit grösserer Deutlichkeit erneuern und sie so beschäftigen, dass sie fähig werden, die andern bei ihr in Vergessenheit zu bringen.

20. Das Gedächtniss ist also eine Reihe Vorstellungen, die eine Art Kette bilden. Diese Verbindung nun ermöglicht den Uebergang von einer Vorstellung zur andern und die Wiederkehr der entlegensten. Folglich erinnert man sich einer vor einiger Zeit gehabten Vorstellung nur dadurch, dass man die dazwischen liegenden Vorstellungen mehr oder weniger rasch erneuert.

21. Bei der zweiten Sinnesreizung hat das Gedächtniss unserer Statue keine Wahl: es kann nur die erste sich zurückrufen. Nur wird es mit grösserer Kraft wirken, je nachdem es dabei durch die Lebhaftigkeit der Lust und des Schmerzes bestimmt wird.

Allein nach Ablauf einer Reihe von Veränderungen wird die Statue, die nun eine grosse Anzahl in Erinnerung behält, diejenigen mit Vorliebe aufzufrischen geneigt sein, welche mehr zu ihrem Glück beitragen können. Sie wird rasch über die andern weggehen oder nur widerwillig bei ihnen verweilen.

Um über diese Wahrheit sich klar zu werden, muss man die verschiedenen Stufen der Lust und des Schmerzes, deren man fähig ist, und die Vergleiche kennen, die man darin anstellen kann.

22. Der Lust- und Unlustgefühle sind zweierlei Art. Die einen gehören mehr dem Körper an: die sinnlichen; die andern sind im Gedächtniss und in allen Seelenfähigkeiten: die intellektuellen oder geistigen. Einen solchen Unterschied zu bemerken ist die Statue jedoch nicht im Stande.

Diese Unkenntniss wird sie vor einem Irrthum bewahren, den wir nur schwer vermeiden; denn diese Gefühle sind nicht so verschieden, als wir denken. Eigentlich sind sie alle intellektuell oder geistig, weil streng genommen nur die Seele fühlt. Wenn man will, sind sie auch alle in gewissem Sinne sinnlich oder körperlich, weil der Körper ihre einzige Gelegenheitsursache ist. Nur nach ihrer Beziehung zu den Fähigkeiten des Körpers oder zu denen der Seele zerlegen wir sie in zwei Arten.

23. Die Lust kann stufenweise ab- oder zunehmen; im Abnehmen gelangt sie bis zum Erlöschen und verschwindet[29] mit der Empfindung. Im Zunehmen dagegen kann sie bis zum Schmerze führen, weil der Eindruck für das Organ zu stark wird. Demnach giebt es zwei Grenzpunkte der Lust. Wo der Sinnesreiz mit der geringsten Stärke beginnt, ist der schwächste; dies ist der erste Schritt vom Nichts zum Gefühl. Der stärkste ist da, wo der Reiz nicht zunehmen kann, ohne dass er aufhört, angenehm zu sein. Dieser Zustand kommt dem Schmerz am nächsten.

Der Eindruck einer schwachen Lust scheint sich auf das Organ zu beschränken, das sie der Seele übermittelt. Erreicht sie jedoch einen gewissen Grad der Lebhaftigkeit, so ist sie von einer Erregung begleitet, die sich dem ganzen Körper mittheilt. Diese Erregung ist eine Thatsache, die unsere Erfahrung in Zweifel zu ziehen verbietet.

Gleicherweise kann der Schmerz zu- oder abnehmen. Im Zunehmen geht er bis zur gänzlichen Zerstörung des lebenden Wesens, aber im Abnehmen geht er nicht, wie die Lust, bis zur Aufhebung aller Empfindung, vielmehr ist der Zeitpunkt, der ihn beendet, immer angenehm.

24. Unter diesen verschiedenen Abstufungen ist es nicht möglich, einen gleichgültigen Zustand zu finden. Bei der ersten Empfindung, sei sie noch so schwach, befindet sich die Statue nothwendig wohl oder unwohl. Aber wenn sie nach einander die heftigsten Schmerzen und die höchsten Lustgefühle empfunden hat, so wird sie die schwächsten, nach Vergleichung mit den stärksten, für gleichgültig achten, oder sie nicht mehr für angenehm oder unangenehm ansehen.

Wir können daher annehmen, dass es für sie in verschiedenen Graden angenehme und unangenehme Daseinsweisen giebt und solche, die sie als gleichgültige betrachtet.

25. So oft sie sich nicht oder weniger wohl befindet, erinnert sie sich ihrer vergangenen Empfindungen; sie vergleicht sie mit dem, was sie ist, und fühlt, dass ihr daranliegen muss, wieder zu werden, was sie gewesen. Daraus entsteht das Bedürfniss oder die Kenntniss, die sie von einem Gute hat, dessen Genuss ihr nothwendig dünkt.

Sie weiss also von ihren Bedürfnissen nur deshalb,[30] weil sie den Schmerz, den sie leidet, mit den Freuden vergleicht, die sie genossen hat. Nehmt ihr die Erinnerung dieser Freuden, so wird sie dulden, ohne daran zu denken, dass sie etwas bedürfe. Denn um das Bedürfniss nach einer Sache zu fühlen, muss man Kenntniss von ihr haben. Nun kennt sie aber nach der obigen Voraussetzung nur den einen Zustand, in dem sie sich befindet. Allein wenn sie sich eines glücklichem erinnert, lässt ihre gegenwärtige Lage sie sogleich das Bedürfniss darnach fühlen. So werden demnach Lust und Schmerz immer die Wirksamkeit ihrer Fähigkeiten bestimmen.

26. Ihr Bedürfniss kann veranlasst sein durch einen wahren Schmerz, durch eine unangenehme Empfindung, durch eine weniger angenehme als einige der vorausgehenden, endlich durch einen Zustand ohne Spannung, wo sie zu einer ihrer Daseinsweisen herabgelangt ist, die sie als gleichgültig anzusehen pflegt.

Ist ihr Bedürfniss durch einen Geruch verursacht, der ihr lebhaften Schmerz bereitet, so zieht es fast alle Empfindungsfähigkeit auf sich und lässt dem Gedächtniss nur die Kraft, die Statue daran zu erinnern, dass sie sich nicht immer so unwohl befunden hat. Sie ist dann unfähig, die verschiedenen Daseinsweisen zu vergleichen, die sie durchlaufen hat; sie ist unfähig zu beurtheilen, welche die angenehmste ist. Es kommt ihr allein darauf an, aus diesem Zustand herauszukommen, um einen beliebigen andern zu geniessen, und wüsste sie ein Mittel, das sie ihrem Leiden entziehen könnte, sie würde alle ihre Fähigkeiten daran setzen, es zu benutzen. Aus diesem Grunde verlangen wir in schweren Krankheiten nicht mehr nach den Vergnügungen, die wir sonst eifrig suchen würden, und denken nur daran, die Gesundheit wieder zu erlangen.

Ist es eine weniger angenehme Empfindung, die das Bedürfniss erzeugt, so muss man zwei Fälle unterscheiden: entweder sind die Lustgefühle, mit denen die Statue sie vergleicht, lebhaft und von den stärksten Erregungen begleitet gewesen, oder sie waren weniger lebhaft und haben sie fast gar nicht erregt.

Im erstem Falle erwacht das vergangene Wohlbefinden mit um so grösserer Stärke, je mehr es von der vorhandenen Empfindung verschieden ist. Die Erregung, die es[31] begleitet, wird zum Theil reproduzirt und verhindert, indem sie fast die ganze Empfindungsfähigkeit auf dasselbe richtet, dass die angenehmen Gefühle, die ihm gefolgt oder vorausgegangen sind, bemerkt werden. Ist also die Statue nicht zerstreut, so vergleicht sie dieses Wohlbefinden mit ihrem jetzigen Zustande richtiger, urtheilt richtiger über seinen Unterschied, und indem sie sich dasselbe recht lebendig zu malen versucht, so verursacht sein Mangel ein stärkeres Bedürfniss und sein Besitz wird ein nothwendigeres Gut.

In dem zweiten Falle dagegen frischt es sich mit minderer Lebhaftigkeit auf; andere Lustgefühle theilen sich in die Aufmerksamkeit; der Vortheil, den dasselbe bietet, wird weniger empfunden; es reproduzirt keine oder nur wenig Erregung. Der Statue liegt also nicht so viel an seiner Rückkehr, und sie setzt ihre Fälligkeiten nicht so daran.

Hat endlich das Bedürfniss eine von den Empfindungen zur Ursache, welche sie für gleichgültig anzusehen pflegt, so lebt sie Anfangs ohne Schmerz noch Lust zu fühlen. Aber dieser Zustand, den sie mit den glücklichen Lagen vergleicht, in denen sie sich befunden hat, wird ihr bald unangenehm, und der Schmerz, den sie leidet, ist das, was wir Langeweile nennen. Indess dauert die Langeweile fort, nimmt zu, ist unerträglich und richtet mit Gewalt alle Fähigkeiten auf das Glück, dessen Verlust die Statue fühlt.

Diese Langeweile kann ebenso überwältigend sein, als der Schmerz, in welchem Falle es der Statue allein darauf ankommt, sich ihr zu entziehen, und sie wendet sich allen Daseinsarten zu, die jene zu beseitigen geeignet sind. Vermindern wir aber die Last der Langenweile, so wird ihr Zustand minder unglücklich sein, es wird ihr weniger daran liegen, ihn zu verlassen, sie wird ihre Aufmerksamkeit auf alle angenehmen Gefühle richten können, von denen sie eine Erinnerung bewahrt, und gerade die Vorstellung der Lust wird sich am lebendigsten auffrischen, so dass sie alle Fähigkeiten auf sich zieht.

27. Es giebt also zwei Gründe, welche den Thätigkeitsgrad ihrer Fähigkeiten bestimmen; einerseits die Lebhaftigkeit früheren Wohlbefindens, andererseits das[32] geringe Lustgefühl der vorhandenen Empfindung, oder der Schmerz, der sie begleitet.

Wenn beide Gründe sich vereinigen, so macht sie grössere Anstrengungen, um sich dessen zu erinnern, was sie aufgehört hat zu sein, und fühlt um so weniger, was sie ist. Denn da ihre Empfindungsfähigkeit nothwendig Grenzen hat, so kann das Gedächtniss keinen Theil davon an sich ziehen, ohne ihn dem Geruchsinn zu entziehen. Ja, wenn die Thätigkeit dieses Vermögens stark genug ist, sich der ganzen Empfindungsfähigkeit zu bemächtigen, so wird die Statue den Eindruck auf ihr Organ nicht mehr bemerken und so lebhaft empfinden, was sie gewesen, dass sie glaubt, sie sei es noch.3

28. Ist jedoch ihr gegenwärtiger Zustand der glücklichste, den sie kennt, so erregt das Lustgefühl in ihr das Verlangen ihn vorzugsweise zu geniessen. Keine Ursache mehr würde das Gedächtniss zu solcher Lebhaftigkeit anzuregen vermögen, dass es den Geruchsinn bis zum Erloschen jenes Gefühles beeinträchtigte. Das Lustgefühl heftet vielmehr wenigstens den grössten Theil der Aufmerksamkeit oder der Empfindungsfähigkeit an die vorhandene Empfindung, und wenn sich die Statue das Gewesene noch zurückruft, so geschieht es, weil der Vergleich, den sie zwischen sonst und jetzt anstellt, ihr zum bessern Genuss ihres Glückes hilft.

29. Hier haben wir also zwei Wirkungen des Gedächtnisses; die eine ist eine Empfindung, die ebenso lebendig wiederkehrt, als wäre sie durch das Organ selbst[33] bewirkt, die andere eine Empfindung, von der nur eine schwache Erinnerung übrig ist.

Mithin können wir in der Thätigkeit dieses Vermögens zwei Grade feststellen; der schwächste ist der, wo es das Vergangene kaum geniessen lässt; der lebhafteste der, wo es dasselbe so geniessen lässt, als wenn es gegenwärtig wäre.

Nun behält es aber den Namen Gedächtniss, wenn es die Dinge nur als vergangene zurückruft, und nimmt den Namen Einbildungskraft an, wenn es sie so deutlich vorführt, dass sie gegenwärtig scheinen. Die Einbildungskraft findet also in unserer Statue ebenso gut ihren Platz als das Gedächtniss, und diese zwei Fähigkeiten unterscheiden sich nur durch das Mehr und Weniger. Gedächtniss ist der Anfang einer Einbildung, die noch wenig Stärke hat; Einbildung ist das Gedächtniss selbst, wenn es alle Lebhaftigkeit gewinnt, deren es fähig ist.

Wie wir zwei Aufmerksamkeiten unterschieden haben, deren eine in der Statue durch den Geruchsinn, die andere durch das Gedächtniss zu Wege kommt, so können wir jetzt eine dritte bemerken, die sie durch die Einbildungskraft ausübt, und welche die Eigenheit hat, die Sinneseindrücke zu hemmen, um ein von der Einwirkung der äussern Gegenstände unabhängiges Gefühl an ihre Stelle zu setzen.4[34]

30. Wenn jedoch die Statue eine Empfindung vorstellt , die vorüber ist, und sie sich so lebhaft vergegenwärtigt, als hätte sie dieselbe noch, so weiss sie nicht, dass eine Ursache in ihr ist, welche dieselbe Wirkung hervorbringt, als ein duftender Körper, wenn er auf ihr Organ wirkt. Sie kann also nicht, wie wir, zwischen vorstellen und eine Empfindung haben einen Unterschied machen.

31. Allein man darf annehmen, dass ihre Einbildungskraft thätiger sein werde, als die unsere. Ihre Empfindungsfähigkeit gehört gänzlich einer einzigen Art der Reizung, alle Kraft ihrer Fähigkeiten wendet sich einzig Gerüchen zu; nichts kann sie zerstreuen. Wir dagegen sind zwischen einer Menge Reizungen und Vorstellungen getheilt, von denen wir beständig bestürmt werden, und da wir für die Einbildung nur einen Theil unserer Kräfte behalten, so haben wir nur schwache Vorstellungen.

Ueberdies benachrichtigen uns unsere Sinne, die immer gegen unsere Einbildungskraft auf der Hut sind, beständig von den Objekten, welche wir vorstellen wollen. Der Einbildungskraft unserer Statue dagegen lässt Alles freien Lauf. Sie vergegenwärtigt sich also einen Duft, der sie erfreut hat, ohne Misstrauen, und freut sich seiner ebenso, als wenn ihr Organ von ihm affizirt wäre. Endlich trägt auch die Leichtigkeit, mit der wir missfällige Gegenstände von uns entfernen und diejenigen aufsuchen, deren Genuss uns lieb ist, dazu bei, unsere Einbildungskraft trag zu machen. Allein weil sich unsere Statue einem unangenehmen Gefühle nur dadurch entziehen kann, dass sie lebhaft eine ihr zusagende Daseinsweise vorstellt, so wird ihre Einbildungskraft dadurch geübter und muss Wirkungen hervorbringen, deren unsere nicht mächtig ist.5[35]

32. Indessen giebt es einen Zustand, wo ihre Thätigkeit und sogar auch die des Gedächtnisses völlig aufgehoben ist, dann nämlich, wenn eine Empfindung lebhaft genug ist, um die Empfindungsfähigkeit völlig auszufüllen. Alsdann ist die Statue ganz passiv. Die Lust ist für sie eine Art Trunkenheit, worin sie dieselbe kaum geniesst, und der Schmerz eine Betäubung, wobei sie fast nicht leidet.

33. Allein die Empfindung verliere einige Grade an Lebhaftigkeit: alsbald treten die Seelenvermögen wieder in Thätigkeit, und das Bedürfniss wird wieder der Grund, der sie bestimmt.

34. Die Wandlungen, die der Statue besonders gefallen müssen, sind nicht immer gerade die letzten, die sie erfahren hat. Sie können sich ebensowohl am Anfang oder in der Mitte der Reihe ihrer Erfahrungen wie am Ende befinden. Die Einbildungskraft ist daher oft genöthigt, rasch über die zwischenliegenden Vorstellungen wegzugehen. Sie bringt die entlegensten einander nahe, ändert die Reihenfolge, in der sie sich im Gedächtniss folgten, und bildet daraus eine ganz neue Kette.

Die Verbindung der Vorstellungen befolgt also in ihren Vermögen nicht eine und dieselbe Reihenfolge. Je vertrauter sie mit der von der Einbildungskraft überlieferten werden wird, desto weniger wird sie die vom Gedächtniss gegebene behalten. Darum verknüpfen sich die Vorstellungen auf tausend verschiedene Arten, und oft wird sich die Statue weniger der Ordnung erinnern, in welcher sie ihre Empfindungen erfahren, als der, in welcher sie sich dieselben vorgestellt hat.

35. Allein alle ihre Reihen bilden sich nur durch Vergleichungen jedes Gliedes mit dem vorausgehenden und nachfolgenden und durch die Urtheile, die über ihre Verhältnisse zu einander gefällt worden sind. Dieses Band wird in dem Maasse stärker, als die Uebung der Vermögen die Fertigkeit sich zu erinnern und vorzustellen befestigt, und daraus nun zieht man den überraschenden Vortheil, früher gehabte Empfindungen wiederzuerkennen.

36. In der That erkennen wir, wenn wir unsere Statue einen Duft riechen lassen, mit dem sie vertraut ist, darin eine Daseinsweise, die sie verglichen, beurtheilt und mit[36] einigen Theilen der Reihe, die ihr Gedächtniss zu durchlaufen pflegt, verknüpft hat. Deshalb urtheilt sie, dass der Zustand, in dem sie sich befindet, derselbe sei, wie der, in dem sie sich bereits befunden hat. Anders aber ist es mit einem Geruche, den sie bisher noch nicht empfunden; er muss ihr daher ganz neu erscheinen.

37. Es braucht nicht bemerkt zu werden, dass sie, wenn sie eine Daseinsweise wiedererkennt, sich von dem Vorgang keine Rechenschaft zu geben vermag. Die Ursache einer derartigen Erscheinung ist so schwer zu entwickeln, dass sie Allen entgeht, welche die Vorgänge in ihrem Innern nicht zu beobachten und zu zergliedern vermögen.

38. Aber wenn die Statue lange nicht an eine Daseinsweise denkt, was wird während dieser ganzen Zwischenzeit aus der Vorstellung, die sie davon erworben hat? Woher kommt diese Vorstellung, wenn sie in der Folge sich im Gedächtniss erneuert? Hat sie sich in der Seele oder im Körper erhalten? In keinem von beiden.

In der Seele nicht, weil es nur einer Störung im Gehirne bedarf, um das Vermögen sie zurückzurufen aufzuheben.

Im Körper nicht: nur die physische Ursache könnte sich darin erhalten, und dazu müsste man annehmen, dass das Gehirn durchaus in dem Zustand bliebe, in den es[37] durch die Empfindung, deren die Statue sich erinnert, versetzt worden ist. Aber wie diese Annahme mit der beständigen Bewegung der Geister vereinigen? Wie sie vereinigen, besonders wenn man die Menge der Vorstellungen bedenkt, mit denen das Gedächtniss sich bereichert? Man kann diese Erscheinung auf eine ganz einfache Art erklären.

Ich habe eine Empfindung, wenn in einem meiner Organe eine Bewegung erfolgt, die sich bis zum Gehirn fortpflanzt. Wenn dieselbe Bewegung im Gehirn beginnt und bis zum Organ fortgeht, so glaube ich eine Empfindung zu haben, die ich nicht habe; es ist eine Sinnestäuschung. Aber wenn diese Bewegung im Gehirn beginnt und endigt, so erinnere ich mich der gehabten Empfindung.[38]

Wenn eine Vorstellung sich für die Statue erneuert, so ist es also nicht darum, weil sie sich in dem Körper oder in der Seele erhalten hat, sondern weil die Bewegung, die ihre physische und Gelegenheitsursache ist, sich in dem Gehirn wiederholt.6 Allein hier ist nicht der Ort, Vermuthungen über den Mechanismus des Gedächtnisses zu wagen. Wir bewahren die Erinnerung an unsere Empfindungen, wir rufen sie uns zurück, nachdem wir lange nicht an sie gedacht haben. Es genügt dazu, dass sie auf uns einen starken Eindruck gemacht, oder dass wir sie wiederholt erfahren haben.

Diese Thatsachen berechtigen mich zu der Annahme, dass unsere Statue, wenn sie wie wir organisirt ist, wie wir des Gedächtnisses fähig sei.

39. Fassen wir Alles zusammen, so hat die Statue mehrere Fertigkeiten erlangt, die Fertigkeit aufzumerken, eine andere: sich zu erinnern, eine dritte: zu vergleichen, eine vierte: zu urtheilen, eine fünfte: vorzustellen, und zuletzt die, wiederzuerkennen.

40. Dieselben Ursachen, welche die Fertigkeiten erzeugt haben, sind allein im Stande, sie zu erhalten. Ich will damit sagen: die Fertigkeiten werden sich verlieren, wenn sie nicht durch wiederholte Akte von Zeit zu Zeit erneuert werden. Sonst wird unsere Statue sich weder der Vergleiche, die sie mit einer Daseinsweise angestellt, noch der Urtheile, die sie darüber gefällt hat, erinnern, und sie zum dritten und vierten Male erfahren, ohne fähig zu sein, sie wiederzuerkennen.[39]

41. Aber wir können selbst dazu beitragen, ihr Gedächtniss und alle ihre Vermögen in Uebung zu erhalten. Man braucht nur durch die verschiedenen Grade der Lust und des Schmerzes in ihr das Verlangen zu erregen, ihre Daseinsweisen zu erhalten oder sich ihnen zu entziehen. Die Kunst, mit der wir über ihre Empfindungen verfügen, wird uns die Mittel an die Hand geben, ihre Fertigkeiten mehr und mehr zu befestigen und auszudehnen. Man darf sogar vermuthen, dass sie in einer Reihe von Gerüchen Unterschiede entdecken wird, die uns entgehen. Sollte sie nicht, da sie genöthigt ist, alle ihre Vermögen auf eine einzige Art der Empfindung zu verwenden, zu diesem Studium mehr Unterscheidungskraft mitbringen als wir?

42. Die Anzahl der Verhältnisse, die ihre Urtheile entdecken können, ist jedoch sehr klein. Sie erkennt nur, dass eine Daseinsweise einer früheren gleich oder von ihr verschieden ist, dass die eine angenehm, die andere unangenehm ist, dass sie es mehr oder weniger sind.

Wird sie aber mehrere Gerüche, die zusammen empfunden werden, herausfinden? Diese Unterscheidungsgabe erlangen wir selbst erst durch grosse Hebung, und auch dann bleibt sie noch in sehr engen Grenzen. Denn Niemand kann Alles das, was ein Kräutersäckchen enthält, am Geruch erkennen. Jede Mischung aber von Gerüchen muss für unsere Statue, dünkt mich, ein Kräutersäckchen sein.

Die Kenntniss der riechenden Körper ist es, wie wir unten sehen werden, die uns zwei Gerüche in einem dritten wiedererkennen gelehrt hat. Nachdem wir nach einander eine Rose und eine Narzisse gerochen, haben wir sie mit einander gerochen und dadurch erfahren, dass die Empfindung, welche diese Blumen vereinigt in uns erregen, aus zwei anderen zusammengesetzt ist. Vervielfältigt man die Gerüche, so werden wir nur die vorherrschenden unterscheiden, und selbst diese Unterscheidung nicht machen, wenn die Mischung so künstlich geschieht, dass keiner vorwiegt. Solchenfalls scheinen sie sich fast wie zusammengeriebene Farben zu vermischen. Sie vereinigen und vermengen sich so gut, dass keiner von ihnen bleibt, was er war, und aus mehreren ergiebt sich nur ein einziger.

Wenn unsere Statue im ersten Zeitpunkt ihres Daseins[40] zwei Düfte riecht, so wird sie mithin nicht meinen, dass sie zwei Daseinsweisen zugleich hat. Aber nehmen wir an, dass sie, nachdem sie dieselben getrennt kennen gelernt hat, sie mit einander riecht, wird sie sie wiedererkennen? Es ist mir nicht wahrscheinlich; denn da sie nicht weiss, dass sie ihr von zwei verschiedenen Körpern zukommen, so kann sie nichts auf die Vermuthung bringen, dass die erlittene Empfindung von zwei anderen gebildet werde. Wenn keine vorherrscht, so würden sie in der That sogar für unsern Standpunkt zusammenfliessen, und wenn eine darunter schwächer ist, so wird die stärkere dadurch nur modifizirt, und sie werden zusammen wie eine einfache Daseinsweise erscheinen. Um uns davon zu überzeugen, brauchen wir nur Düfte zu riechen, die wir noch nicht auf verschiedene Körper zu beziehen gewöhnt sind; ich bin überzeugt, wir würden nicht zu behaupten wagen, ob sie nur einer oder mehrere sind. Genau so ist es mit unserer Statue.

Sie erwirbt also Unterscheidungsgabe erst durch die Aufmerksamkeit, die sie gleichzeitig einer Daseinsweise, die sie erfährt, und einer andern, die sie erfahren hat, widmet. Mithin übt sie ihr Urtheil nicht an zwei gleichzeitig gerochenen Düften; es hat nur auf einander folgende Empfindungen zum Gegenstande.

Quelle:
Condillac's Abhandlung über die Empfindungen. Berlin 1870, S. 20-41.
Lizenz:
Ausgewählte Ausgaben von
Abhandlung über die Empfindungen
Abhandlungen über die Empfindungen.

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