Sechstes Bruchstück

Die Fragen des Jüngers Dhotako

[244] Dhotako:


1061

O löse mir, Erhabner, diese Frage,

Dein Wort, o Großer, lasse mich erlauschen:

Auf daß ich was man still versteht,

Erlöschung regle selber mir.


Der Herr:


1062

Wohlan, so kämpfe tapfer du,

Sei hier schon heiter, hellgemut:

Auf daß du was man still versteht,

Erlöschung regeln selber magst.


Dhotako:


1063

Erschau' ich ihn bei Menschen hier, bei Göttern,

Den Priester, der beharren kann entwesen,

So ehr' in dir ich ihn, den Allgeäugten:

Erlöse mich, o Sakko du, von Zweifeln!


Der Herr:


1064

Geleiten kann ich keinen zur Erlösung,

In Zweifel wen auch immer hier man finde:

Erlauschter Satzung muß gewahr man werden,

Nur also magst entkommen du den Fluten.


[245] Dhotako:


1065

O weise mir, du Heil'ger, aus Erbarmen

Verborgne Satzung, daß ich wohl sie deute:

Daß wie der Raum ich unbegrenzbar weile,

Schon hier geruhig ohne Hang verziehe.


Der Herr:


1066

Die Ruhe will ich weisen dir,

Gleich sichtbar, keiner Sage Wort,

Wo klar der Pilger, kennt er sie,

Dem Garn entweichen kann der Welt.


Dhotako:


1067

So heiß' ich gar willkommen mir

Die beste Ruhe, großer Herr,

Wo klar der Pilger, kennt er sie,

Dem Garn entweichen kann der Welt.


Der Herr:


1068

Was irgend wahr du nehmen magst,

Von oben, unten, oder mittendurch:

Entdeckt als Fessel das man in der Welt,

Nach Sein wie Nichtsein mag man dulden keinen Durst.

Quelle:
Die Reden Gotamo Buddhos. Bd. 3, Zürich/Wien 1957, S. 244-246.
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