Kapitel XIX.

Vom Enthusiasmus

[559] § 1. Philalethes. Wollte Gott, daß alle Theologen und der heil. Augustin selbst immer den in diesem Satze ausgedrückten Grundsatz ausgeübt hätten. Die Menschen glauben aber, daß der Geist des Dogmatismus ein Zeichen ihres Eifers für die Wahrheit sei, und doch findet ganz das Gegenteil statt. Man liebt sie wahrhaft nur im Verhältnis, wie man die Beweise zu prüfen liebt, welche sie als das zeigen, was sie ist. Und wenn man sein Urteil überstürzt, so wird man immer durch weniger reine Beweggründe getrieben. § 2. Die Herrschsucht ist einer der gewöhnlichsten, und ein zweiter ist eine gewisse Vorliebe für eigene Träumereien. Daraus geht der Enthusiasmus hervor. § 3. Mit diesem Namen bezeichnet man den Fehler derjenigen, welche sich einbilden, sie hätten eine unmittelbare Offenbarung, wenn diese nicht auf der Vernunft begründet ist. § 4. Und da man sagen kann, daß die Vernunft eine natürliche Offenbarung ist, deren Urheber Gott ist, sowie er der der Natur ist, so kann man auch sagen, daß die Offenbarung eine übernatürliche Vernunft ist d.h. eine durch eine neue Summe von unmittelbar von Gott ausgegangenen Entdeckungen erweiterte Vernunft. Aber diese Entdeckungen setzen voraus, daß wir das Mittel, sie als solche zu erkennen, haben, und dies ist die Vernunft selbst: sie verbannen wollen, um der Offenbarung Platz zu machen, hieße sich die Augen ausreißen, um die Trabanten des Jupiter besser durch ein Teleskop zu sehen. § 5. Die Quelle des Enthusiasmus ist der Umstand, daß eine unmittelbare Offenbarung bequemer und kürzer ist, als ein langes und mühsames Vernunftverfahren, welches auch nicht immer von glücklichem Erfolge begleitet ist. Man hat zu allen Zeiten Menschen gesehen, deren mit Frömmigkeit gemischte und mit Selbstgefälligkeit verbundene Schwermut[559] sie hat glauben machen, daß sie eine ganz andere Vertrautheit mit Gott hätten, als die anderen Menschen. Sie setzen voraus, daß er sie den Seinigen verheißen hat, und glauben vorzugsweise vor den übrigen sein Volk zu sein. § 6. Ihre Phantasie wird eine Erleuchtung und göttliche Autorität, und ihre Pläne sind eine unfehlbare Lenkung des Himmels, welcher sie zu folgen verpflichtet sind. § 7. Diese Meinung hat große Wirkungen hervorgebracht und große Übel verursacht, denn ein Mensch handelt kräftiger, wenn er seinen eigenen Antrieben folgt, und die Annahme einer göttlichen Autorität durch unsere Neigung aufrechterhalten wird. § 8. Es ist schwer, ihn davon loszumachen, weil diese angebliche Gewißheit ohne Beweis der Eitelkeit und Lust am Ungewöhnlichen schmeichelt. Die Fanatiker vergleichen ihre Meinung mit dem Blick und der Empfindung. Sie sehen das göttliche Licht, wie wir das der Sonne am hellen Mittag sehen, ohne nötig zu haben, daß die Dämmerung der Vernunft es ihnen zeigt. § 9. Sie sind überzeugt, weil sie überzeugt sind, und ihre Überzeugung ist recht, weil sie stark ist, denn darauf läßt sich ihre bilderreiche Sprache zurückfuhren. § 10. Wenn es nun aber zwei Arten des Erkennens gibt, die des logischen Urteilens und die der Offenbarung, so kann man sie fragen, wo die Klarheit ist. Ist diese ein Auffassen des logischen Urteils, wozu dient dann die Offenbarung? Sie muß also in dem Empfinden der Offenbarung sein. Wie können sie aber bemerken, daß es Gott ist, welcher offenbart, und nicht ein Irrlicht, das sie in jenem Zirkel herumführt: Das ist eine Offenbarung, weil ich sie fest glaube, und ich glaube daran, weil es eine Offenbarung ist? § 11. Gibt es etwas, was mehr dazu gemacht ist, sich in Irrtum zu stürzen, als wenn man die Einbildung zum Führer nimmt? § 12. St. Paul hatte einen großen Eifer, als er die Christen verfolgte, und täuschte sich darum doch. Man weiß, daß der Teufel seine Martyrer gehabt hat, und wenn es hinreicht, fest überzeugt zu sein, so kann man die Täuschungen Satans nicht mehr von den Eingebungen des heiligen Geistes unterscheiden. § 14. Also ist es die Vernunft, was uns die Wahrheit der Offenbarung erkennen macht. § 15. Wenn aber unser Glaube sie bezeugen sollte, so würde der eben ererwähnte[560] Zirkel eintreten. Die Heiligen, welche von Gott Offenbarungen empfingen, hatten äußere Zeichen, welche sie von der Wahrheit des inneren Lichtes überzeugten. Moses sah einen brennenden Busch, der sich nicht verzehrte, und hörte eine Stimme aus der Mitte des Busches, und Gott gebrauchte, um ihn im voraus seiner Sendung zu vergewissern, als er ihn zur Befreiung seiner Brüder nach Ägypten schickte, dabei das Wunder des in eine Schlange verwandelten Stabes. Gideon ward durch einen Engel gesendet, das Volk Israel vom Joch der Midianiter zu befreien. Gleichwohl forderte er ein Zeichen, um überzeugt zu sein, daß ihm dieser Auftrag von seiten Gottes gegeben wäre. § 16. Ich leugne indessen nicht, daß nicht mitunter Gott den Geist der Menschen erleuchte, um ihnen gewisse wichtige Wahrheiten begreiflich zu machen oder um sie durch unmittelbaren Einfluß und Beistand des h. Geistes ohne irgend welche außerordentliche, diesen Einfluß begleitende Zeichen zu guten Handlungen zu bewegen. Aber auch in diesen Fällen haben wir die Vernunft und die Schrift, zwei untrügliche Regeln, als Richterinnen dieser Erleuchtungen, denn wenn sie mit diesen Regeln stimmen, laufen wir wenigstens keine Gefahr, wenn wir sie als von Gott eingegeben ansehen, auch wenn dies vielleicht keine unmittelbare Offenbarung ist.

Theophilus. Enthusiasmus war anfangs ein Name von guter Bedeutung. Und wie Sophisma eigentlich eine Weisheitsübung bedeutet, so bezeichnet Enthusiasmus, daß eine Gottheit in uns walte. Est Deus in nobis (In uns waltet ein Gott). Sokrates behauptete auch, daß ihm ein Gott oder Dämon innere Kundgebungen mache, so daß Enthusiasmus ein göttlicher Instinkt wäre. Nachdem aber die Menschen ihre Leidenschaften, Phantasien und Träume, ja sogar ihren Wahnsinn als etwas Göttliches heilig gesprochen hatten, begann Enthusiasmus eine Geistesstörung zu bezeichnen, welche man der Wirksamkeit einer in den davon Befallenen angenommenen Gottheit zuschrieb, denn die Wahrsager und Wahrsagerinnen zeigten eine Geistesstörung, wenn ihr Gott sich ihrer bemächtigte, wie die Sibylle von Cumae bei Vergil. Seitdem schreibt man sie denen zu, welche ohne Grundglauben, daß ihre Bewegungen von Gott kommen.[561] Nisus bei demselben Dichter, da er sich durch einen fremdartigen Antrieb zu einer gefährlichen Unternehmung fortgerissen fühlt, in der er mit seinem Freunde umkommt, schlägt ihm diese in folgenden, von vernünftigem Zweifel erfüllten Worten vor:


Dine hunc ardorem mentibus addunt,

Euryale, an sua cuisque Deus fit dira cupido?

Pflanzten die Götter, o Freund, mir die treibende Glut in die Seele,

Oder wird jedem zum Gott nur die eigene wilde Begierde?


Er folgte dennoch seinem Trieb, von dem er nicht wußte, ob er von Gott oder einer unglücklichen Lust, sich auszuzeichnen, herrührte. Aber wenn es ihm geglückt wäre, würde er nicht ermangelt haben, sich in einem anderen Falle für auserwählt und durch irgend eine göttliche Macht getrieben zu glauben. Die Enthusiasten heutzutage glauben auch von Gott Lehrsätze zu ihrer Erleuchtung zu empfangen. Die Quäker sind dieser Überzeugung, und Barclay, ihr erster methodischer Gründer, behauptet, daß sie in sich ein gewisses Licht fänden, das sich durch sich selbst zu erkennen gäbe. Aber warum das Licht nennen, was nichts sehen macht? Ich weiß wohl, daß es Leute von solcher Geistesbeschaffenheit gibt, welche Funken und selbst noch Leuchtenderes sehen, aber dies Bild des körperlichen Lichts, das sich bei der Erhitzung ihrer Lebensgeister zeigt, gibt dem Geiste kein Licht. Manche einfältige Personen von aufgeregter Phantasie bilden sich Vorstellungen, die sie vorher nicht hatten: sie sind imstande, sich in ihrem Sinne schon oder wenigstens sehr lebhaft auszudrücken; sie bewundern sich selbst und lassen von anderen diese Fruchtbarkeit bewundern, welche als Eingebung gilt. Dieser Vorteil kommt für sie zum guten Teile von einer starken, durch die Leidenschaft belebten Phantasie her und von einem glücklichen Gedächtnis, welches die Redeweise der prophetischen, durch Lesen oder Vortrag anderer ihnen vertraut gewordener Bücher gut behalten hat.

Antoinette de Bourignon bediente sich ihrer Rede-und Schreibfertigkeit als eines Beweises ihrer göttlichen Sendung. Auch kenne ich einen Schwärmer, welcher[562] den seinigen auf sein Talent gründet, ganz laut fast einen ganzen Tag, ohne zu ermüden oder heiser zu werden, zu reden und zu beten. Es gibt Menschen, welche nach durchgemachter harter Lebensweise oder nach einem Zustand des Trübsinns in ihrer Seele einen entzückenden Frieden und Trost schmecken, und darin finden sie so viel Süßigkeit, daß sie es für eine Wirkung des h. Geistes halten. Allerdings ist die Befriedigung, welche man in der Betrachtung der Größe und Güte Gottes, in dem Vollbringen seines Willens, in der Ausübung der Tugenden findet, eine Gnade Gottes und zwar eine der größten, aber es ist nicht immer eine Gnade, welche einer neuen übernatürlichen Hilfe bedarf, wie viele dieser guten Leute es behaupten. Es hat vor noch nicht langer Zeit ein sonst ganz kluges Mädchen gegeben, welches von seiner Jugend an mit Jesus Christus zu reden und auf eine ganz besondere Weise seine Gattin zu sein glaubte. Die Mutter desselben war, wie man erzählte, ein wenig zum Enthusiasmus geneigt gewesen, aber die Tochter, welche früh angefangen hatte, noch viel weiter gegangen. Ihre Befriedigung und Freudigkeit war unaussprechlich, ihre Tugendhaftigkeit zeigte sich in ihrem Wandel und ihr Geist in ihren Gesprächen. Indessen ging das Ding doch so weit, daß sie Briefe entgegennahm, welche man an unseren Herrn adressierte, und welche sie versiegelt, wie sie sie empfangen hatte, mit der Antwort zurückschickte, die mitunter ganz angemessen und immer vernünftig abgefaßt war. Aber endlich hörte sie auf, deren anzunehmen, aus Furcht, zu viel Aufsehen zu erregen. In Spanien würde sie eine zweite heilige Theresa gewesen sein. Aber nicht alle Personen, welche ähnliche Gefühle haben, haben einen gleichen Wandel. Es gibt deren, welche Sekten zu stiften und selbst Unruhen zu erregen suchen, und davon hat England schlimme Beweise gehabt. Wenn diese Leute in gutem Glauben handeln, ist es schwer, sie zur Vernunft zu bringen; mitunter führt der Umsturz aller ihrer Pläne sie zur Besserung, aber häufig ist es dann zu spät. Es gab einen vor kurzem gestorbenen Schwärmer, welcher sich für unsterblich hielt, weil er sehr alt war und sich wohl befand, und ohne das vor kurzem veröffentlichte Buch eines Engländers gelesen zu haben, (welches glauben machen wollte, daß Jesus Christus[563] auch deswegen in die Welt gekommen wäre, um die wahren Gläubigen vom körperlichen Tode zu befreien), war er seit langen Jahren ungefähr derselben Ansicht; als er aber den Tod fühlte, ging er so weit, nun die ganze Religion anzuzweifeln, weil sie seiner Chimäre nicht entsprach. Der Schlesier Quirinus Kulman, ein unterrichteter Mann von Geist, der aber nachher in zweierlei gleich gefährliche Schwärmereien geraten war, in die der Enthusiasten und die der Alchimisten, und welcher in England, Holland und bis nach Konstantinopel Aufsehen gemacht hatte, endlich aber auf den Gedanken gekommen war, nach Rußland zu gehen und sich in gewisse Intriguen gegen das Ministerium zu mischen zu der Zeit, als die Prinzessin Sophie dort regierte, wurde zum Feuer verdammt und starb nicht wie ein von dem, was er gepredigt hatte, Überzeugter.

Die Meinungsverschiedenheiten dieser Leute untereinander müßten sie auch überführen, daß ihr vorgebliches inneres Zeugnis nicht göttlich sei, und daß andere Zeichen dazu gehören, es zu rechtfertigen. Die Labbadisten z.B. verstehen sich nicht mit Antoinette Bourignon, und obwohl William Penn bei seiner Reise nach Deutschland, von der man einen Bericht veröffentlicht hat, den Plan gehabt zu haben scheint, eine Art von Einverständnis zwischen denen herbeizuführen, welche auf diesem Zeugnis fußen, so scheint es ihm doch nicht geglückt zu sein. Es wäre in Wahrheit zu wünschen, daß die redlichen Menschen sich miteinander verständen und einträchtig handelten; nichts wäre mehr imstande, das menschliche Geschlecht besser und glücklicher zu machen, aber sie müßten dann selbst in Wahrheit redliche Menschen sein d.h. rechtschaffen und außerdem gelehrig und vernünftig, statt daß man die, welche man heutzutage Fromme nennt, der Härte, Herrschsucht und des Eigensinns anklagt. Ihre Mißhelligkeiten zeigen wenigstens, daß ihr inneres Zeugnis einer äußeren Beglaubigung bedarf, um geglaubt zu werden, und sie hätten Wunder nötig, um mit Recht für Propheten und Inspirierte zu gelten.

Gleichwohl gibt es einen Fall, wo diese Inspirationen ihren Beweis mit sich bringen würden. Das wäre, wenn sie in der Tat den Geist durch die bedeutsame Entdeckung[564] irgend einer außerordentlichen Erkenntnis aufklärten, welche über die Kräfte desjenigen hinausginge, der sie ohne äußere Hilfe erworben hätte. Wenn der berühmte Lausitzer Schuster Jakob Böhme, dessen Schriften unter dem Namen des Philosophus teutonicus in andere Sprachen übersetzt sind, die in der Tat etwas Großartiges und Schönes für einen Mann dieser Lebensstellung haben, hätte Gold machen können, wie einige es sich einreden, oder wie der Evangelist Johannes es konnte, wenn wir das glauben, was ein zu seiner Ehre gemachter Hymnus sagt:


Inexhaustum fert thesaurum,

Qui di virgis fecit aurum,

Gemmas de lapidibus.

Unermeßnen Schatz besitzt,

Der aus Ruten Gold gemacht

Und aus Kieseln Edelstein.


so würde man Anlaß haben, diesem außerordentlichen Schuster mehr Glauben zu schenken. Und wenn Antoinette Bourignon dem französischen Ingenieur Bertrand La Coste in Hamburg das Licht in den Wissenschaften, welches er von ihr empfangen zu haben glaubte, geliefert hätte, wie er es in seiner Dedikation des Werkes über die Quadratur des Zirkels bemerkt (wo er auf Antoinette und Bertrand anspielend, sie das A in der Theologie nannte, wie er sich selbst als das B in der Mathematik bezeichnet), so würde man nicht wissen, was man dazu sagen sollte. Aber man sieht keine Beispiele eines bedeutenden Erfolges dieser Art noch auch wohl detaillierte Voraussagungen, die solchen Leuten geglückt wären. Die Prophezeiungen der Poniatovia, des Drabitius und anderer, welche der gute Comenius in seiner Lux in Tenebris (Licht in der Finsternis) veröffentlichte und welche zu Unruhen in den kaiserlichen Erblanden beitrugen, erwiesen sich als falsch, und diejenigen, welche ihnen Glauben schenkten, machten sich unglücklich. Der Fürst von Siebenbürgen Ragozky wurde von Drabitius zur Unternehmung gegen Polen angetrieben, in welcher er sein Heer und infolgedessen seine Staaten mit dem Leben verlor, und dem armen Drabitius wurde lange nachher im Alter von 80 Jahren endlich auf Befehl des Kaisers[565] der Kopf abgeschlagen. Indessen zweifle ich nicht, daß es jetzt Leute gibt, welche diese Voraussagungen zu übler Stunde in der gegenwärtigen Konjunktur der Unruhen in Ungarn wieder beleben wollen, indem sie nicht in Betracht ziehen, daß diese angeblichen Propheten von Ereignissen ihrer Zeit sprachen, worin sie es ungefähr machten wie der, welcher nach der Beschießung von Brüssel ein fliegendes Blatt veröffentlichte, worin eine aus einem Buche der Antoinette Bourignon genommene Stelle vorkam, die nicht in diese Stadt kommen wollte, weil – wenn ich mich recht erinnere – sie geträumt hatte, dieselbe in Feuer gesehen zu haben; aber jene Beschießung erfolgte lange Zeit nach ihrem Tode. Ich habe einen Menschen gekannt, welcher während des durch den Frieden von Nymwegen geendeten Krieges nach Frankreich ging, um die Herren von Montausier und von Pomponne wegen der angeblichen Wahrheit der von Comenius veröffentlichten Prophezeiungen zu belästigen, und ich glaube, er wäre sich selbst als inspiriert vorgekommen, wenn er seine Gedanken in einer Zeit wie die unsrige hätte vorbringen können. Hieraus läßt sich nicht nur die Unbegründetheit, sondern auch das Gefährliche solcher Einbildungen erkennen. Die Geschichte ist voll von der üblen Wirkung falscher oder unrichtig verstandener Prophezeiungen, wie man in einer gelehrten und scharfsinnigen Abhandlung de officio viri boni circa futura contingentia (über die Pflicht des Rechtschaffenen hinsichtlich zukünftiger Ereignisse) ersehen kann, welche der verstorbene Jakob Thomasius, ein berühmter Leipziger Professor, vormals veröffentlicht hat. Mitunter haben diese Glaubensartikel eine gute Wirkung und dienen zu großen Dingen, denn Gott kann sich des Irrtums bedienen, um die Wahrheit aufzurichten oder aufrechtzuerhalten. Aber ich glaube nicht, daß es uns so leicht verstattet ist, frommen Betrug zu einem guten Zweck anzuwenden. Und was die Lehrsätze der Religion anbetrifft, so haben wir keine neuen Offenbarungen nötig; es reicht hin, daß man uns die Heilsgesetze vorlegt, damit wir verpflichtet seien, ihnen zu folgen, mag auch der, welcher sie vorlegt, kein Wunder tun; und obgleich Jesus Christus damit ausgerüstet war, verweigerte er mitunter doch, solche zu verrichten, um einem verkehrten Geschlecht, das[566] Zeichen verlangte, zu willfahren, während er nur die Tugend und das, was schon durch die natürliche Vernunft und die Propheten gelehrt worden war, predigte.

Quelle:
Gottfried Wilhelm Leibniz: Neue Abhandlungen über den menschlichen Verstand. Leipzig 21904, S. 559-567.
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