b) Der Umlauf des Geldes

[79] Die wirkliche Zirkulation stellt sich zunächst dar als eine Masse zufällig nebeneinanderlaufender Käufe und Verkäufe. Im Kauf wie im Verkauf stehen sich Ware und Geld stets in derselben Beziehung gegenüber, der Verkäufer auf Seite der Ware, der Käufer auf Seite des Geldes. Geld als Zirkulationsmittel erscheint daher stets als Kaufmittel, womit seine unterschiedenen Bestimmungen in den entgegengesetzten Phasen der Warenmetamorphose unerkenntlich geworden sind.

Das Geld geht in demselben Akt in die Hand des Verkäufers über, worin die Ware in die Hand des Käufers übergeht. Ware und Geld laufen also in entgegengesetzter Richtung, und dieser Stellenwechsel, worin die Ware auf die eine, und das Geld auf die andre Seite tritt, vollzieht sich gleichzeitig an unbestimmt vielen Punkten auf der ganzen Oberfläche der bürgerlichen Gesellschaft. Der erste Schritt aber, den die Ware in die Zirkulation tut, ist zugleich ihr letzter Schritt.71 Ob sie aus der Stelle rückt, weil Gold von ihr[79] (W – G), oder weil sie vom Gold angezogen wird (G – W), mit dem einen Ruck, dem einen Stellenwechsel, fällt sie aus der Zirkulation in die Konsumtion. Die Zirkulation ist fortwährende Bewegung von Waren, aber von stets andern Waren, und jede Ware bewegt sich nur einmal. Jede Ware beginnt die zweite Hälfte ihrer Zirkulation nicht als dieselbe Ware, sondern als eine andere Ware, als Gold. Die Bewegung der metamorphosierten Ware ist also die Bewegung des Goldes. Dasselbe Stück Geld oder das identische Goldindividuum, das im Akt W – G einmal die Stelle gewechselt hat mit einer Ware, erscheint umgekehrt wieder als Ausgangspunkt von G – W und wechselt so die Stelle zum zweiten Male mit einer andern Ware. Wie es aus der Hand des Käufers B in die Hand des Verkäufers A, geht es nun aus der Hand des Käufers gewordenen A in die Hand von G über. Die Formbewegung einer Ware, ihre Verwandlung in Geld und ihre Rückverwandlung aus Geld, oder die Bewegung der Gesamtmetamorphose der Ware stellt sich also dar als die äußerliche Bewegung desselben Geldstücks, das zweimal die Stellen mit zwei verschiedenen Waren wechselt. So zersplittert und zufällig Käufe und Verkäufe nebeneinanderfallen, stets steht in der wirklichen Zirkulation einem Käufer ein Verkäufer gegenüber, und das Geld, das an die Stelle der verkauften Ware rückt, muß, bevor es in die Hand des Käufers kam, schon einmal die Stelle mit einer andern Ware gewechselt haben. Andrerseits geht es früher oder später wieder aus der Hand des Käufers gewordenen Verkäufers in die eines neuen Verkäufers über, und in dieser öfteren Wiederholung seines Stellenwechsels drückt es die Verkettung der Metamorphosen der Waren aus. Dieselben Geldstücke rücken also, stets in entgegengesetzter Richtung zu den bewegten Waren, das eine häufiger, das andere minder häufig, von einer Stelle der Zirkulation zur andern, und beschreiben daher einen längern oder kürzern Zirkulationsbogen. Diese verschiedenen Bewegungen desselben Geldstücks können nur in der Zeit aufeinanderfolgen, wie umgekehrt die Vielheit und Zersplitterung der Käufe und Verkäufe in dem gleichzeitigen, räumlich nebeneinanderlaufenden einmaligen Stellenwechsel von Waren und Geld erscheint.

Die Warenzirkulation W – G – W in ihrer einfachen Form vollzieht sich im Übergang des Geldes aus der Hand des Käufers in die des Verkäufers und aus der Hand des Käufers gewordenen Verkäufers in die eines neuen Verkäufers. Damit ist die Metamorphose der Ware beendet und folglich die Bewegung des Geldes, soweit sie ihr Ausdruck. Da aber stets neue Gebrauchswerte als Waren produziert und daher stets von neuem in die Zirkulation geworfen werden müssen, wiederholt und erneuert sich W – G – W von seiten derselben Warenbesitzer. Das Geld, das sie als Käufer ausgegeben, kehrt in[80] ihre Hand zurück, sobald sie von neuem als Verkäufer von Waren erscheinen. Die beständige Erneuerung der Warenzirkulation spiegelt sich so darin ab, daß das Geld nicht nur beständig rouliert aus einer Hand in die andere, über die ganze Oberfläche der bürgerlichen Gesellschaft, sondern zugleich eine Summe verschiedener kleiner Kreisläufe beschreibt, ausgehend von unendlich verschiedenen Punkten und zurückkehrend zu denselben Punkten, um von neuem dieselbe Bewegung zu wiederholen.

Wenn der Formwechsel der Waren als bloßer Stellenwechsel des Geldes erscheint und die Kontinuität der Zirkulationsbewegung ganz auf Seite des Geldes fällt, indem die Ware immer nur einen Schritt in entgegengesetzter Richtung mit dem Geld, das Geld aber stets den zweiten Schritt für die Ware tut und B sagt, wo die Ware A gesagt hat, so scheint die ganze Bewegung vom Geld auszugehen, obgleich die Ware beim Verkauf das Geld aus seiner Stelle zieht, also ebensowohl das Geld zirkuliert, wie sie vom Geld im Kauf zirkuliert wird. Da das Geld ihr ferner stets in derselben Beziehung als Kaufmittel gegenübertritt, als solches die Waren aber nur bewegt durch Realisieren ihres Preises, erscheint die ganze Bewegung der Zirkulation so, daß Geld den Platz mit den Waren wechselt. Indem es ihre Preise realisiert, sei es in gleichzeitig nebeneinander vorgehenden, besondern Zirkulationsakten, sei es sukzessiv, indem dasselbe Geldstück verschiedene Warenpreise der Reihe nach realisiert. Betrachten wir z.B. W – G – W' – G – W'' – G – W''' etc. ohne Rücksicht auf die qualitativen Momente, die im wirklichen Zirkulationsprozeß unerkenntlich werden, so zeigt sich nur dieselbe monotone Operation. G, nachdem es den Preis von W realisiert hat, realisiert der Reihe nach die Preise von W' – W'' usw., und die Waren W' – W'' – W''' usw. treten stets an die Stelle, die das Geld verläßt. Das Geld scheint also die Waren zu zirkulieren, indem es ihre Preise realisiert. In dieser Funktion des Realisierens der Preise zirkuliert es selbst beständig. Indem es bald bloß eine Stelle wechselt, bald einen Zirkulationsbogen durchläuft, bald einen kleinen Kreis beschreibt, wo Ausgangspunkt und Punkt der Rückkehr zusammenfallen. Als Zirkulationsmittel hat es seine eigene Zirkulation. Die Formbewegung der prozessierenden Waren erscheint daher als seine eigene, den Austausch der an sich bewegungslosen Waren vermittelnde Bewegung. Die Bewegung des Zirkulationsprozesses der Waren stellt sich also dar in der Bewegung des Geldes als Zirkulationsmittel – im Geldumlauf.

Wie die Warenbesitzer die Produkte ihrer Privatarbeiten als Produkte gesellschaftlicher Arbeit darstellten, indem sie ein Ding, Gold, in unmittelbares[81] Dasein der allgemeinen Arbeitszeit und darum in Geld verwandelten, so tritt ihnen jetzt ihre eigene allseitige Bewegung, wodurch sie den Stoffwechsel ihrer Arbeiten vermitteln, als eigentümliche Bewegung eines Dings gegenüber, als Umlauf des Goldes. Die gesellschaftliche Bewegung selbst ist für die Warenbesitzer einerseits äußerliche Notwendigkeit, andrerseits bloß formeller vermittelnder Prozeß, der jedes Individuum befähigt, für den Gebrauchswert, den es in die Zirkulation wirft, andere Gebrauchswerte von demselben Wertumfang aus ihr herauszuziehen. Der Gebrauchswert der Ware beginnt mit ihrem Herausfallen aus der Zirkulation, während der Gebrauchswert des Geldes als Zirkulationsmittel sein Zirkulieren selbst ist. Die Bewegung der Ware in der Zirkulation ist nur ein verschwindendes Moment, während rastloses Umhertreiben in ihr zur Funktion des Geldes wird. Diese seine eigentümliche Funktion innerhalb des Zirkulationsprozesses gibt dem Geld als Zirkulationsmittel neue Formbestimmtheit, die nun näher zu entwickeln ist.

Zunächst leuchtet ein, daß der Geldumlauf eine unendlich zersplitterte Bewegung ist, da sich in ihm die unendliche Zersplitterung des Zirkulationsprozesses in Käufe und Verkäufe und das gleichgültige Auseinanderfallen der sich ergänzenden Phasen der Warenmetamorphose widerspiegeln. In den kleinen Kreisläufen des Geldes, wo Ausgangspunkt und Punkt der Rückkehr zusammenfallen, zeigt sich zwar sich zurückbiegende Bewegung, wirkliche Kreisbewegung, aber einmal sind ebenso viele Ausgangspunkte da wie Waren, und schon durch ihre unbestimmte Vielheit entziehen sich diese Kreisläufe aller Kontrolle, Messung und Berechnung. Ebensowenig ist die Zeit bestimmt zwischen der Entfernung und der Rückkehr zum Ausgangspunkt. Auch ist es gleichgültig, ob ein solcher Kreislauf in einem gegebenen Fall beschrieben wird oder nicht. Kein ökonomisches Faktum ist allgemeiner bekannt, als daß einer Geld mit der einen Hand ausgeben kann, ohne daß er es mit der andern wieder einnimmt. Geld geht von unendlich verschiedenen Punkten aus und kehrt an unendlich verschiedenen Punkten zurück, aber das Zusammenfallen von Ausgangspunkt und Rückkehrpunkt ist zufällig, weil in der Bewegung W – G – W die Rückverwandlung des Käufers in Verkäufer nicht notwendig bedingt ist. Noch weniger aber stellt der Geldumlauf eine Bewegung dar, die von einem Zentrum nach allen Punkten der Peripherie ausstrahlt, und von allen Punkten der Peripherie nach demselben Zentrum zurückkehrt. Der sogenannte Zirkellauf des Geldes, wie er als Bild vorschwebt, beschränkt sich darauf, daß auf allen Punkten sein Erscheinen und sein[82] Verschwinden, sein rastloser Stellenwechsel gesehen wird. In einer höhern vermittelnden Form der Geldzirkulation, z.B. der Banknotenzirkulation, werden wir finden, daß die Bedingungen der Ausgabe des Geldes die Bedingungen seiner Rückströmung einschließen. Für die einfache Geldzirkulation ist es dagegen zufällig, daß derselbe Käufer wieder Verkäufer wird. Wo sich wirkliche Zirkelbewegungen konstant in ihr zeigen, sind sie bloße Widerspiegelung tieferer Produktionsprozesse. Z.B. der Fabrikant nimmt am Freitag Geld von seinem Bankier, zahlt es am Samstag seinen Arbeitern aus, diese zahlen den größten Teil desselben gleich weg an Krämer usw., und letztere bringen es am Montag zum Bankier zurück.

Wir haben gesehn, daß das Geld in den räumlich bunt nebeneinanderfallenden Käufen und Verkäufen eine gegebene Masse von Preisen gleichzeitig realisiert und nur einmal die Stelle mit den Waren wechselt. Andrerseits aber, soweit in seiner Bewegung die Bewegung der Gesamtmetamorphosen der Waren und die Verkettung dieser Metamorphosen erscheint, realisiert dasselbe Geldstück die Preise verschiedener Waren und vollzieht so eine größere oder geringere Anzahl von Umläufen. Nehmen wir also den Zirkulationsprozeß eines Landes in einem gegebenen Zeitabschnitt, einem Tag z.B., so wird die zur Realisation der Preise und daher zur Zirkulation der Waren erheischte Goldmasse bestimmt sein durch das doppelte Moment einerseits der Gesamtsumme dieser Preise, andrerseits der Durchschnittsanzahl der Umläufe derselben Goldstücke. Diese Anzahl der Umläufe oder die Geschwindigkeit des Geldumlaufs ist ihrerseits wieder bestimmt oder drückt nur aus die Durchschnittsgeschwindigkeit, worin die Waren die verschiedenen Phasen ihrer Metamorphose durchlaufen, worin diese Metamorphosen sich als Kette fortsetzen und worin die Waren, die ihre Metamorphosen durchlaufen haben, durch neue Waren im Zirkulationsprozeß ersetzt werden. Während also in der Preisgebung der Tauschwert aller Waren ideell in ein Goldquantum von derselben Wertgröße verwandelt und in den beiden isolierten Zirkulationsakten G – W und W – G dieselbe Wertsumme doppelt vorhanden war, auf der einen Seite in Ware, auf der andern in Gold, ist das Dasein des Goldes als Zirkulationsmittel bestimmt nicht durch seine isolierte Beziehung auf die einzelnen ruhenden Waren, sondern durch sein bewegtes Dasein in der prozessierenden Warenwelt; durch seine Funktion, in seinem Stellenwechsel den Formwechsel der Waren, also durch die Geschwindigkeit seines Stellenwechsels die Geschwindigkeit ihres Formwechsels darzustellen. Sein wirkliches Vorhandensein im Zirkulationsprozeß, d.h. die wirkliche Masse Gold, die zirkuliert, ist also nun bestimmt durch sein funktionierendes Dasein im Gesamtprozeß selbst.[83]

Die Voraussetzung der Geldzirkulation ist die Warenzirkulation, und zwar zirkuliert das Geld Waren, die Preise haben, d.h. Ideell schon bestimmten Goldquantitäten gleichgesetzt sind. In der Preisbestimmung der Waren selbst ist die Wertgröße des als Maßeinheit dienenden Goldquantums oder der Wert des Goldes als gegeben vorausgesetzt. Unter dieser Voraussetzung also ist das für die Zirkulation erheischte Quantum Gold zunächst bestimmt durch die Gesamtsumme der zu realisierenden Warenpreise. Diese Gesamtsumme selbst aber ist bestimmt 1. durch den Preisgrad, die relative Höhe oder Niedrigkeit der in Gold geschätzten Tauschwerte der Waren und 2. durch die Masse der zu bestimmten Preisen zirkulierenden Waren, also durch die Masse der Käufe und Verkäufe zu gegebenen Preisen.72 Kostet ein Quarter Weizen 60 sh., so ist noch einmal soviel Gold nötig, um ihn zu zirkulieren oder seinen Preis zu realisieren, als wenn er nur 30 sh. kostet. Zur Zirkulation von 500 Quarter zu 60 sh. ist noch einmal soviel Gold nötig, als zur Zirkulation von 250 Quarter zu demselben Preis. Endlich zur Zirkulation von 10 Quarter zu 100 sh. ist nur halb soviel Gold nötig, als zur Zirkulation von 40 Quarter zu 50 sh. Es folgt daher, daß die zur Warenzirkulation erheischte Quantität von Gold fallen kann, trotz dem Steigen der Preise, wenn die Masse der zirkulierten Waren in größerem Verhältnis abnimmt, als die Gesamtsumme der Preise wächst, und daß umgekehrt die Masse der Zirkulationsmittel steigen kann, wenn die Masse der zirkulierten Waren fällt, aber ihre Preissumme in größerem Verhältnis steigt. Schöne englische Detailuntersuchungen haben so z.B. nachgewiesen, daß in England in den ersten Stadien einer Getreideteurung die Masse des zirkulierenden Geldes zunimmt, weil die Preissumme der verminderten Getreidemasse größer ist, als die Preissumme der größern Getreidemasse war, zugleich aber die Zirkulation der übrigen Warenmasse zu ihren alten Preisen für einige Zeit ungestört fortdauert. In einem späteren Stadium der Getreideteurung fällt dagegen die Masse des zirkulierenden Geldes, entweder weil neben dem Getreide weniger Waren zu den alten Preisen oder ebensoviel Waren zu niedrigern Preisen verkauft werden.[84]

Die Quantität des zirkulierenden Geldes ist aber, wie wir sahen, nicht nur durch die Gesamtsumme der zu realisierenden Warenpreise bestimmt, sondern zugleich durch die Geschwindigkeit, womit das Geld umläuft oder in einem gegebenen Zeitabschnitt das Geschäft dieser Realisation vollbringt. Wenn derselbe Sovereign an demselben Tage zehn Käufe macht, jedesmal von Ware zum Preis eines Sovereign, also 10mal die Hände wechselt, vollbringt er exakt dasselbe Geschäft wie 10 Sovereigns, deren jeder in einem Tag nur einmal umläuft.73 Geschwindigkeit im Umlauf des Goldes kann also seine Quantität ersetzen, oder das Dasein des Goldes im Zirkulationsprozeß ist nicht nur durch sein Dasein als Äquivalent neben der Ware, sondern auch durch sein Dasein innerhalb der Bewegung der Warenmetamorphose bestimmt. Die Geschwindigkeit des Geldumlaufs ersetzt jedoch seine Quantität nur zu einem bestimmten Grad, da unendlich zersplitterte Käufe und Verkäufe in jedem gegebenen Zeitpunkt räumlich nebeneinanderfallen.

Steigen die Gesamtpreise der zirkulierenden Waren, aber in kleinerem Verhältnis als die Geschwindigkeit des Geldumlaufs wächst, so wird die Masse der Zirkulationsmittel fallen. Nimmt umgekehrt die Geschwindigkeit der Zirkulation ab in größerem Verhältnis als der Gesamtpreis der zirkulierenden Warenmasse fällt, so wird die Masse der Zirkulationsmittel steigen. Wachsende Quantität der Zirkulationsmittel mit allgemein fallenden Preisen, abnehmende Quantität der Zirkulationsmittel mit allgemein steigenden Preisen ist eins der bestkonstatierten Phänomene in der Geschichte der Warenpreise. Die Ursachen aber, die Steigen im Grad der Preise und gleichzeitig noch höheres Steigen im Grad der Umlaufsgeschwindigkeit des Geldes hervorbringen, sowie die umgekehrte Bewegung, fallen außerhalb der Betrachtung der einfachen Zirkulation. Beispielsweise kann angeführt werden, daß unter anderm in Epochen vorherrschenden Kredits die Geschwindigkeit des Geldumlaufs schneller wächst als die Preise der Waren, während mit abnehmendem Kredit die Preise der Waren langsamer fallen als die Geschwindigkeit der Zirkulation. Der oberflächliche und formelle Charakter der einfachen Geldzirkulation zeigt sich eben darin, daß alle die Anzahl der Zirkulationsmittel bestimmenden Momente, wie Masse der zirkulierenden Waren, Preise, Steigen oder Fallen der Preise, Anzahl gleichzeitiger Käufe und Verkäufe, Geschwindigkeit des Geldumlaufs, abhängen von dem Prozeß der Metamorphose der Warenwelt, der wieder abhängt vom Gesamtcharakter[85] der Produktionsweise, Populationsmenge, Verhältnis von Stadt und Land, Entwickelung der Transportmittel, von größerer oder geringerer Teilung der Arbeit, Kredit usw., kurz von Umständen, die alle außerhalb der einfachen Geldzirkulation liegen und sich in ihr nur abspiegeln.

Die Geschwindigkeit der Zirkulation vorausgesetzt, ist die Masse der Zirkulationsmittel also einfach bestimmt durch die Preise der Waren. Preise sind also nicht hoch oder niedrig, weil mehr oder weniger Geld umläuft, sondern es läuft mehr oder weniger Geld um, weil die Preise hoch oder niedrig sind. Es ist dies eins der wichtigsten ökonomischen Gesetze, dessen Nachweisung im Detail durch die Geschichte der Warenpreise vielleicht das einzige Verdienst der Nach-Ricardoschen englischen Ökonomie bildet. Zeigt nun die Erfahrung, daß das Niveau der metallischen Zirkulation oder die Masse des zirkulierenden Goldes oder Silbers in einem bestimmten Lande zwar temporären Ebbungen und Flutungen ausgesetzt ist und manchmal sehr heftigen Ebbungen und Flutungen74, im ganzen aber für längere Zeitperioden sich gleichbleibt und die Abweichungen vom Durchschnittsniveau nur zu schwachen Oszillationen fortgehn, so erklärt sich dies Phänomen einfach aus der gegensätzlichen Natur der Umstände, die die Masse des zirkulierenden Geldes bestimmen. Ihre gleichzeitige Modifikation paralysiert ihre Wirkung und läßt alles beim alten.

Das Gesetz, daß bei gegebener Umlaufsgeschwindigkeit des Geldes und gegebener Preissumme der Waren die Quantität des zirkulierenden Mediums bestimmt ist, läßt sich auch so ausdrücken, daß, wenn die Tauschwerte der Waren und die Durchschnittsgeschwindigkeit ihrer Metamorphosen gegeben sind, die Quantität des zirkulierenden Goldes von seinem eigenen Wert abhängt. Nähme daher der Wert des Goldes, d.h. die zu seiner Produktion[86] erheischte Arbeitszeit, zu oder ab, so würden die Warenpreise in umgekehrtem Verhältnisse steigen oder fallen, und diesem allgemeinen Steigen oder Fallen der Preise würde bei gleichbleibender Umlaufsgeschwindigkeit eine größere oder geringere Masse des Goldes entsprechen, das zur Zirkulation derselben Warenmasse erheischt wäre. Derselbe Wechsel fände statt, wenn das alte Wertmaß durch ein wertvolleres oder wertloseres Metall verdrängt würde. So bedurfte Holland, als es aus zarter Rücksicht auf die Staatsgläubiger und aus Furcht vor den Wirkungen der kalifornischen und australischen Entdeckungen das Goldgeld durch Silbergeld ersetzte, 14- bis 15mal mehr Silber als früher Gold, um dieselbe Warenmasse zu zirkulieren.

Aus der Abhängigkeit des zirkulierenden Goldquantums von der wechselnden Summe der Warenpreise und von der wechselnden Zirkulationsgeschwindigkeit folgt, daß die Masse der metallischen Zirkulationsmittel der Kontraktion und Expansion fähig sein muß, kurz, daß dem Bedürfnis des Zirkulationsprozesses entsprechend das Gold bald als Zirkulationsmittel in den Prozeß eintreten, bald wieder aus ihm ausscheiden muß. Wie der Zirkulationsprozeß selbst diese Bedingungen verwirklicht, werden wir später sehn.

71

Dieselbe Ware kann mehrmals gekauft und wieder verkauft werden. Sie zirkuliert dann nicht als bloße Ware, sondern in einer Bestimmung, die auf dem Standpunkt der einfachen Zirkulation, des einfachen Gegensatzes von Ware und Geld, nicht vorhanden ist.

72

Die Masse des Geldes ist gleichgültig, »vorausgesetzt, daß genug vorhanden ist, um die durch die Waren gegebenen Preise aufrechtzuerhalten«. Boisguillebert, »Le détail de la France«, l. c. pag. 209. »Wenn die Zirkulation von Waren von 400 Millionen Pfd. St. eine Masse Gold von 40 Millionen erheischt und diese Proportion von 1/10 das adäquate Niveau war, dann, wenn der Wert der zirkulierenden Waren aus natürlichen Gründen zu 450 Millionen steigt, müßte die Goldmasse, um auf ihrem Niveau zu bleiben, zu 45 Millionen wachsen.« W. Blake, »Observations on the effects produced by the expenditure of Government etc.«, London 1823, pag. 80, 81.

73

»Es ist die Schnelligkeit des Geldumlaufs und nicht die Menge des Metalls, was macht, daß viel oder wenig Geld vorhanden zu sein scheint.« (Galiani, l. c. pag. 99.)

74

Ein Beispiel vom außerordentlichen Fallen der metallischen Zirkulation unter ihr Durchschnittsniveau bot England im Jahre 1858, wie man aus folgendem Auszug aus dem »London Economist« sehen wird: »Der Natur der Sache entsprechend« (nämlich dem zersplitterten Charakter der einfachen Zirkulation) »kann man keine sehr genauen Angaben erhalten über die Menge des Bargeldes, das auf dem Markt und in den Händen der Klassen fluktuiert, die nicht Bankgeschäfte treiben. Aber vielleicht ist die Aktivität oder Unaktivität der Münzstätten der großen Handelsnationen eins der richtigsten Anzeichen für die Veränderungen jener Menge. Es wird viel erzeugt werden, wenn viel gebraucht wird, und wenig, wenn wenig gebraucht wird... In der englischen Münze betrug die Prägung im Jahre 1855: 9245000 Pfd. St., 1856: 6476000 Pfd. St., 1857: 5293858 Pfd. St. Während des Jahres 1858 hatte die Münze kaum etwas zu tun.« »Economist«, 10. Juli 1858. Gleichzeitig aber lagen im Bankkeller ungefähr 18 Millionen Pfund Sterling Gold.

Quelle:
Karl Marx, Friedrich Engels: Werke. Berlin 1961, Band 13, S. 79-87.
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