3. Annahme und Ablehnung von Geschenken

[79] Tschen Dschen3 fragte und sprach: »Früher, in Tsi, hat Euch der König als Geschenk hundert Pfund feines Silber geschickt, und Ihr nahmt es nicht an. In Sung sandte man Euch siebenzig Pfund, und Ihr nahmet sie an. In Süo sandte man Euch fünfzig Pfund, und Ihr nahmet sie an. Wenn es früher richtig war, das Geschenk nicht anzunehmen, so ist es nun unrichtig, es anzunehmen. Ist es aber jetzt richtig, das Geschenk anzunehmen, so war es früher unrichtig, es nicht anzunehmen. Ihr müßt bei einem von beiden verharren, Meister!«

Mong Dsï sprach: »Ich handelte jedesmal richtig. Als ich in Sung[79] war, hatte ich eine weite Reise vor. Einem Abreisenden macht man ein Geschenk an Wegzehrung. Das Geschenk kam mir zu mit der Bezeichnung als Wegzehrung. Warum hätte ich nicht annehmen sollen?

Als ich in Süo war, hatte ich im Sinn, mich gegen feindliche Angriffe vorzusehen. Die Gabe kam mir zu mit der Erklärung des Fürsten: ›Ich höre, Ihr wollt Euch gegen Angriffe schützen; die Gabe soll ein Beitrag sein zum Ankauf von Waffen.‹ Warum hätte ich nicht annehmen sollen?

In Tsi dagegen war kein Anlaß da. Ohne Anlaß aber einen beschenken, heißt ihn kaufen. Wo gibt es einen anständigen Menschen, der sich durch Kauf gewinnen läßt!«

Quelle:
Mong Dsï: Die Lehrgespräche des Meisters Meng K'o. Köln 1982, S. 79-80.
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