Zweites Capitel.

Von den Namen.

[26] §. 1. »Ein Name,« sagt Hobbes,4 »ist ein Wort, das willkürlich als ein Zeichen gewählt worden ist, welches in unserm Geist einen Gedanken erwecken kann, der einem früher gehabten Gedanken gleicht, und der, wenn er vor anderen ausgesprochen wird, ihnen ein Zeichen sein kann, welchen Gedanken der Sprechende vorher in seinem Geiste hatte«.5 Diese einfache Definition eines Namens als eines Wortes (oder einer Reihe von Wörtern), welches dem doppelten Zweck dient, uns selbst die Aehnlichkeit früherer Gedanken zurückzurufen, und ein Zeichen zu sein, sie anderen kundzugeben, scheint untadelhaft. Die Namen thun in der That viel mehr als dieses; aber was sie auch immer sonst noch thun mögen, so ist es ein aus diesem hervorgehendes Resultat, wie man am geeigneten Orte sehen wird.

Ist es besser zu sagen, die Namen seien Namen der Dinge, oder sie seien Namen unserer Ideen von den Dingen? das erstere ist der Ausdruck des gewöhnlichen Sprachgebrauches; das letztere der Ausdruck einiger Metaphysiker, welche durch dessen Annahme eine höchst wichtige Unterscheidung zu machen glaubten. Auch der eben angeführte hervorragende Denker scheint dieser Meinung zu sein. »Da die in der Sprache aneinander gereiheten Wörter,« fährt er fort, »Zeichen unserer Vorstellungen sind, so ist es offenbar, dass sie nicht Zeichen der Dinge selbst sind; denn dass der Laut des Wortes Stein das Zeichen des Steines sein soll, kann nur in dem Sinne verstanden werden, dass derjenige, welcher es hört, schliesst, dass derjenige, welcher es ausspricht, an einen Stein denkt.« Wenn[26] hiermit gemeint ist, dass nur an die Vorstellung und nicht an das Ding selbst durch den Namen erinnert, oder dass sie dem Hörer mitgetheilt wird, so kann dies natürlich nicht geläugnet werden. Nichtsdestoweniger sind gute Gründe vorhanden, um bei dem gewöhnlichen Gebrauche zu bleiben, und das Wort Sonne den Namen der Sonne und nicht den Namen unserer Idee von der Sonne zu nennen; denn die Namen sollen nicht allein bezwecken, bei dem Hörer dieselbe Vorstellung zu erwecken, die wir haben, sondern auch ihm mitzutheilen, was wir glauben. Wenn ich nun aber einen Namen gebrauche, um einen Glauben auszudrücken, so ist es ein Glaube in Beziehung auf das Ding selbst, und nicht in Beziehung auf meine Idee von demselben. Wenn ich sage, »die Sonne ist die Ursache des Tages«, so meine ich nicht, dass meine Idee von der Sonne die Idee des Tages in mir verursacht oder erregt, oder mit anderen Worten, dass mich das Denken an die Sonne anöden Tag denken macht. Ich meine aber, dass eine gewisse physische Thatsache, welche die Gegenwart der Sonne genannt wird (und welche bei der weitem Analyse in Sensationen und nicht in Ideen aufgelöst wird), eine andere physische Thatsache verursacht, welche man den Tag nennt. Es scheint geeignet, ein Wort als den Namen von dem zu betrachten, was wir verstanden haben wollen, wenn wir das Wort gebrauchen; von dem, was unter einer Thatsache, die wir von ihm behaupten, verstanden werden soll; kurz von dem, was wir mittheilen wollen, wenn wir das Wort gebrauchen. In diesem Werke wird daher immer von den Namen gesprochen werden als von Namen der Dinge selbst, und nicht bloss von unseren Ideen der Dinge.

Es entsteht nun aber die Frage, von welchen Dingen? für die Beantwortung dieser Frage ist es nöthig die verschiedenen Arten von Namen in Betracht zu ziehen.

§. 2. Es ist gebräuchlich, vor der Prüfung der verschiedenen Classen, in welche die Namen gewöhnlich eingetheilt werden, von den Namen jeder Art diejenigen Wörter zu unterscheiden, welche nicht Namen, sondern nur Theile von Namen sind. Unter diese rechnet man die Partikel wie: von, zu, wahrlich, oft; die Beugefälle von Substantiven als: mich, ihm, Johanns, und sogar die Adjective: breit, schwer. Diese Wörter drücken nicht[27] Dinge aus, von denen etwas behauptet oder verneint werden kann; wir können nicht sagen: Schwer fiel, oder: ein Schwer fiel; Wahr, oder ein Wahr wurde behauptet; oder: von Esel war in dem Zimmer; wir müssten denn von den Wörtern selbst sprechen, indem wir z.B. sagen: Wahr ist ein deutsches Wort, oder: Schwer ist ein Adjectiv. Im letzten Falle sind es vollständige Namen, nämlich Namen jener besonderen Laute, oder jener besonderen Reihen von geschriebenen Charakteren. Dieser Gebrauch eines Wortes, bloss um die Buchstaben und Silben zu bezeichnen, aus denen es besteht, wurde von den Scholastikern suppositio materialis des Wortes genannt. In keinem andern Sinne können wir eines dieser Wörter in das Subject eines Urtheils einführen, als in der Verbindung mit anderen Wörtern, wie: Ein schwerer Körper fiel; – Eine wahrhaft wichtige Thatsache wurde behauptet; – Ein Mitglied des Parlaments war in dem Zimmer.

Ein Adjectiv kann indessen als das Prädicat eines Satzes stehen, wie wenn wir sagen: der Schnee ist weiss; gelegentlich kann es sogar als Subject stehen, denn wir können sagen: Weiss ist eine angenehme Farbe. Von dem Adjectiv sagt man oft, dass es als eine grammatikalische Ellipse gebraucht wird: der Schnee ist weiss, anstatt: der Schnee ist ein weisser Gegenstand. Weiss ist eine angenehme Farbe, anstatt: eine weisse Farbe oder die weisse Farbe ist angenehm. Die Regeln der Sprache erlaubten den Griechen und Römern diese Ellipse allgemein sowohl in dem Subject als in dem Prädicat eines Urtheils zu gebrauchen. Im Englischen kann dies im Allgemeinen nicht geschehen, wir können im englischen sagen: die Erde ist rund, wir können aber nicht sagen: Hund ist leicht zu bewegen,6 wir müssen sagen: Ein runder Gegenstand. Diese Unterscheidung ist indessen mehr grammatikalisch als logisch. Da in der Bedeutung von rund und ein runder Gegenstand kein Unterschied ist, so ist es nur der Gebrauch, welcher vorschreibt, dass in einem gegebenen Fall das eine und nicht das andere anzuwenden ist. Wir werden daher ohne Scrupel von den Adjectiven als von Namen sprechen, sei es zufolge ihres eigenen Rechtes, sei es als von Repräsentanten der oben erläuterten umständlicheren Ausdrucksweise. Die anderen Classen von Hülfswörtern[28] haben gar keinen Anspruch darauf, als Namen betrachtet zu werden. Ein Adverb oder ein Accusativ kann unter keinerlei Umständen (ausgenommen wenn man von ihren Buchstaben und Silben sprüht) als ein Theil eines Satzes figuriren.

Wörter, welche nicht als Namen, sondern nur als Theile von Namen gebraucht werden können, worden von einigen Scholastikern synkategoremathische Ausdrücke genannt, von syn mit, und katêgoseô aussagen, da sie nur mit einem andern Wort ausgesagt werden konnten. Ein Wort, welches sowohl als Subject als auch als Prädicat eines Satzes allein gebraucht werden konnte, wurde von denselben Autoritäten ein kategorematischer Ausdruck genannt. Eine Verbindung von einem oder mehreren kategorematischen Ausdrücken und einem oder mehreren synkategorematischen Wörtern, wie: Ein schwerer Körper, oder: Eine Stätte der Gerechtigkeit, wurden zuweilen ein gemischter Ausdruck genannt; dies scheint aber eine unnöthige Vermehrung der technischen Ausdrücke. Ein gemischter Ausdruck ist in dem allein nützlichen Sinne des Wortes kategorematisch, er gehört der Classe von dem an, was man vielwörterige Namen genannt hat.

Denn gleich wie ein Wort häufig nicht ein Name, sondern nur ein Theil eines Namens ist, so setzt eine Anzahl von Wörtern nur einen einzigen Namen und nicht mehr zusammen. Die Worte: »der Ort, den die Klugheit oder die Staatskunst des Alterthums für die Residenz der abyssinischen Prinzen bestimmt hatte«, bilden in der Meinung des Logikers nur einen einzigen Namen, einen kategorematischen Ausdruck. Die Art und Weise, zu bestimmen, ob eine Reihe von Wörtern nur einen Namen oder mehrere Namen ausmacht, besteht darin, dass man etwas von Ihr aussagt und zusieht, ob man durch diese Ausgage nur eine Behauptung gemacht hat oder mehrere. Wenn wir sagen, John Nokes, welcher Mayor der Stadt war, starb gestern, – so enthält diese Aussage nur eine Bemerkung, worin hervorgeht, dass »John Nokes, welcher Mayor der Stadt war«, wir ein Name ist und nicht mehr. Es ist wahr, dass in diesem Satze ausser der Behauptung, John Nokes starb gestern, noch eine andere Behauptung eingeschlossen liegt, die nämlich, dass John Nokes Mayor der Stadt war. Die letztere Behauptung war aber schon gemacht, wir machten sie nicht, meiern wir das Prädicat »starb gestern« hinzufügten. Wir wollen indessen annehmen,[29] die Worte hätten gelautet: »John Nokes und der Mayor der Stadt,« so hätten sie statt eines zwei Namen gebildet. Denn wenn wir sagen, John Nokes und der Mayor der Stadt starben gestern, so stellen wir zwei Behauptungen auf; die eine, dass John Nokes gestern starb, die andere, dass der Mayor der Stadt gestern starb.

Da es unnöthig ist, den Gegenstand der vielwörterigen Namen noch weiter zu erläutern, so gehen wir zu den Unterscheidungen über, welche zwischen Namen gemacht worden sind, nicht nach den Wörtern, aus denen sie zusammengesetzt sind, sondern nach ihrer Bedeutung.

§. 3. Alle Namen sind Namen von etwas, sei dies etwas wirklich oder eingebildet, reell oder imaginär; aber nicht alle Dinge haben Namen, welche ihnen individuell zukommen. Für einige individuelle Gegenstände bedürfen wir und haben wir folglich besondere unterscheidende Namen; es giebt einen Namen für eine jede Person, für einen jeden merkwürdigen Ort. Andere Gegenstände, von denen wir nicht so häufig zu sprechen Gelegenheit haben, bezeichnen wir nicht mit ihnen eigens zugehörigen Namen; wenn sich aber die Nothwendigkeit, sie zu bezeichnen, einstellt, so thun wir dies indem wir mehrere Wörter, von denen jedes allein für eine unbestimmte Anzahl von anderen Gegenständen gebraucht werden kann und gebraucht wird, zusammen stellen; so wenn ich sage, dieser Stein, indem »dies« und »Stein« Namen und, welche ausser den speciell gemeinten von vielen anderen Gegenständen gebraucht werden können, obgleich der einzige Gegenstand, von dem sie beide in einem gegebenen Augenblick gebraucht werden können, in Uebereinstimmung mit ihrer Bedeutung derjenige ist, von welchem ich zu sprechen wünsche.

Wenn dies der einzige Zweck wäre, für welchen Namen, die mehreren Dingen gemeinsam sind, gebraucht werden können; wenn sie nur dazu dienten, um durch gegenseitige Beschränkung eine Bezeichnung für solche individuellen Gegenstände darzubieten, welche keine eigenen Namen haben: so könnten sie nur unter die Erfindungen gerechnet werden, welche den Gebrauch der Sprache sparsamer machen. Es ist aber klar, dass dies nicht ihre einzige Function ist. Wir sind durch sie in den Stand gesetzt, allgemeine[30] Urtheile zu behaupten; auf einmal von einer unbestimmten Anzahl von Dingen irgend ein Prädicat zu behaupten oder zu verneinen. Die Unterscheidung zwischen allgemeinen Namen und zwischen individuellen oder einzelnen Namen ist daher fundamental und kann als die erste grosse Abtheilung der Namen betrachtet werden.

Ein allgemeiner Name (Gemeinname) wird gewöhnlich definirt als ein Name, welcher in demselben Sinne von jedem einer unbestimmten Anzahl von Dingen wahrheitsgemäss behauptet werden kann. Ein individueller oder einzelner Name (Eigenname) ist ein Name, welcher in demselben Sinne nur von einem Dinge wahrhaftig behauptet werden kann.

In solcher Weise kann Mensch wahrheitsgemäss von Johann, Peter, Georg, Marie, und ohne angebbare Grenze von anderen Personen behauptet werden, und wird von allen in demselben Sinne behauptete denn das Wort Mensch drückt gewisse Eigenschaften aus, und wenn wir es von diesen Personen aussagen, so behaupten wir, dass alle diese Eigenschaften besitzen. Aber Johann kann, wenigstens in demselben Sinne, nur von einer einzelnen Person wahrheitsgemäss behauptet werden. Denn wenn es auch viele Personen giebt, welche diesen Namen führen, so wird er ihnen nicht gegeben, um irgend Eigenschaften oder etwas anzuzeigen, was ihnen gemeinsam ist; man kann nicht sagen, dass er von ihnen in irgend einem Sinne überhaupt und folglich auch nicht, dass er in demselben Sinne behauptet wird. »Der König, welcher auf Wilhelm den Eroberer folgte« ist also ein individueller Name, denn dass es jedesmal nur eine Person geben kann, von dem er wahrheitgemäss behauptet werden kann, liegt in der Bedeutung dieser Worte eingeschlossen. Sogar »der König«, wenn das darunter verstandene Individuum durch die Umstände oder durch den Context bezeichnet wird, darf ganz gerecht als ein individueller Name betrachtet werden.

Es ist nicht ungewöhnlich, dass man als eine Erklärung der Bedeutung eines allgemeinen Namens sagt, dass es der Name einer Classe sei. Wenn auch für manche Zwecke eine bequeme Ausdrucksweise so ist diese Definition doch mangelhaft, da sie das klarere von zwei Dingen durch das unklarere erklärt. Es wäre logischer, den Satz umzukehren und ihn in eine Definition des[31] Wortes Classe zu verwandeln: »Eine Classe ist die durch einen allgemeinen Namen ausgedrückte unbestimmte Menge von Individuen.«

Es ist nöthig, zwischen allgemeinen und collectiven Namen, zwischen Gemeinnamen und Collectivnamen, zu unterscheiden. Ein Gemeinname ist ein solcher, der von einem jeden Individuum einer Menge von Individuen ausgesagt wird; ein Collectivname kann nicht von jedem einzelnen, sondern nur von allen zusammengenommen ausgesagt werden. »Das 76ste Regiment Infanterie«, was ein Collectivname ist, ist nicht ein Gemeinname, sondern ein individueller Name, ein Eigenname; denn obgleich er von einer Menge Soldaten zusammengenommen ausgesagt werden kann, so kann er doch nicht von dem einzelnen ausgesagt werden. Wir können sagen, Johann ist ein Soldat und Thomas ist ein Soldat; wir können aber nicht sagen, Johann ist das 76ste Regiment, Thomas ist das 76ste Regiment und Schmitt ist das 76ste Regiment. Wir können nur sagen, Johann, Thomas und Schmitt u.s.w. (indem wir alle Soldaten anführen) sind das 76ste Regiment.

»Das 76ste Regiment« ist ein Collectivname, aber kein Gemeinname; »ein Regiment« ist zugleich ein Collectivname und ein Gemeinname; Gemeinname in Beziehung auf alle einzelnen Regimenter, und kann von jedem separat behauptet werden; Collectivname in Beziehung auf die einzelnen Soldaten, aus denen ein Regiment zusammengesetzt ist.

§. 4. Die zweite allgemeine Eintheilung der Namen ist die in concrete und in abstracte. Ein concreter Name ist ein Name, der für ein Ding, ein abstracter Name ist ein Name, der für ein Attribut steht. Johann, das Meer, dieser Tisch sind Namen von Dingen. Weiss ist der Name eines Dinges oder vielmehr von Dingen; Weisse ist der Name einer Eigenschaft oder eines Attributs dieser Dinge. Mensch ist der Name vieler Dinge, Menschlichkeit ist ein Name eines Attribute diener Dinge. Alt ist ein Name von Dingen; Alter ist der Name eines ihrer Attribute.

Ich habe die Wörter concret und abstract in dem Sinne gebraucht, der ihnen von den Scholastikern beigelegt wurde, welche[32] ungeachtet der Unvollkommenheit ihrer Philosophie in dem Aufbau der technischen Sprache unerreicht blieben, und deren Definitionen in der Logik wenigstens, obgleich sie nie tief in den Gegenstand eindrangen, bei ihrer Aenderung nur verdorben wurden. In neuerer Zeit ist indessen ein Gebrauch entstanden, der zwar nicht von Locke selbst eingeführt wurde, der aber durch dessen Beispiel doch sehr an Verbreitung gewann, der Gebrauch nämlich, den Ausdruck »abstracte Namen« auf alle Namen anzuwenden, welche das Resultat der Abstraction und Generalisation sind, anstatt ihn auf die Namen von Attributen zu beschränken. Die Metaphysiker aus der Schule von Condillac – deren Bewunderung für Locke über die tiefsinnigsten Speculationen dieses wahrhaft originellen Geistes hinweggeht und mit besonderem Eifer auf den schwächsten Punkten verweilt – haben diesen Missbrauch der Sprache so lange fortgeübt, dass es nun einige Schwierigkeit hat, das Wort auf seine ursprüngliche Bedeutung zurückzubringen. Eine muthwilligere Veränderung der Bedeutung eines Wortes ist selten vorgekommen; denn der Ausdruck Gemeinname, dessen genaues Aequivalent sich in allen mir bekannten Sprachen wiederfindet, konnte schon für den Zweck gelten, wofür man abstract missbrauchte, während dieser Missbrauch jene wichtige Classe von Wörtern, die Namen von Attributen, ohne eine bündige unterscheidende Benennung lässt. Die alte Bedeutung kam indessen nicht so vollständig aus dem Gebrauch, dass diejenigen, welche ihr noch anhängen, ganz und gar nicht mehr verstanden werden sollten, unter abstract verstehe ich darum immer das Entgegengesetzte von concret; unter einem abstracten Namen den Namen eines Attributs; unter einem concreten Namen den Namen eines Gegenstandes.

Gehören abstracte Namen zu der Classe der Gemeinnamen, oder zu derjenigen der Einzelnamen? Einige von ihnen sind gewiss Gemeinnamen, diejenigen nämlich, welche nicht Namen eines einzelnen und bestimmten Attributes, sondern einer Classe von Attributen sind. Der Art ist das Wort Farbe, welches ein der Weisse, der Röthe etc. gemeinsamer Name ist. Der Art ist auch das Wort Weisse in Beziehung auf die verschiedenen Schattirungen von Weisse, auf die es gewöhnlich angewendet wird; das Wort Grösse, in Beziehung auf die verschiedenen Grade von Grösse und die verschiedenen Dimensionen des Raumes; das Wort Gewicht,[33] in Beziehung auf die verschiedenen Abstufungen von Gewicht. Der Art ist sogar das Wort Attribut selbst, als der gemeinsame Name aller besonderen Attribute. Wenn aber nur ein einziges, weder der Art noch dem Grade nach veränderliches Attribut durch den Namen bezeichnet wird, wie Sichtbarkeit, Berührbarkeit, Gleichheit, Viereckigkeit, Milchweisse etc., so kann der Name kaum als ein Gemeinname betrachtet werden, denn obgleich er ein Attribut vieler verschiedenen Gegenstände bezeichnet, so ist das Attribut selbst doch immer als eines, nicht aber als viele verstanden. Die Frage ist indessen ohne Wichtigkeit und es wäre vielleicht die beste Art sie zu entscheiden, wenn man diese Namen weder als Gemeinnamen noch als Einzelnamen betrachten, sondern sie zu einer besondern Classe vereinigen würde.

Unserer Definition des Ausdrucks »ein abstracter Name« kann man entgegenhalten, dass nicht allein die Namen, welche wir abstract genannt haben, sondern auch die Adjective, welche wir in die concrete Classe gesetzt haben, Namen von Attributen sind; dass z.B. weiss so gut wie Weisse der Name der Farbe ist. Aber wie oben bemerkt muss ein Wort als der Name von dem betrachtet werden, was wir verstanden haben wollen, wenn wir es in seiner hauptsächlichen Anwendung gebrauchen, d.h. wenn wir es in der Prädication gebrauchen. Wenn wir sagen: Schnee ist weiss, Milch ist weiss, Leinwand ist weiss; so wollen wir nicht damit verstanden haben, dass Schnee, Milch oder Leinwand eine Farbe sei; wir meinen, dass sie Dinge sind, welche die Farbe besitzen. Das Umgekehrte ist der Fall bei dem Worte Weisse; was wir behaupten Weisse zu sein, ist nicht Schnee, sondern die Farbe des Schnees. Weisse ist daher ausschliesslich der Name der Farbe; weiss ist ein Name aller Dinge, welche die Farbe haben, ein Name, nicht der Eigenschaft Weisse, sondern eines jeden weissen Gegenstandes. Dieser Name wurde zwar allen diesen verschiedenen Gegenständen der Eigenschaft wegen gegeben, und wir können daher ganz geeignet sagen, dass die Eigenschaft einen Theil seiner Bedeutung bildet; man kann aber von einem Namen nur sagen, er stehe für das Ding oder sei ein Name des Dinges, von welchem er ausgesagt (prädicirt) werden kann. Wir werden sogleich sehen, dass man von allen Namen, von denen man sagen kann, sie hätten eine Bedeutung, von allen Namen, durch deren[34] Anwendung auf ein Individuum wir eine Information in Beziehung auf das Individuum geben, sagen kann, dass sie irgend ein Attribut einschliessen; sie sind aber nicht Namen des Attributes, letzteres hat seinen eigenen abstracten Namen.

§. 5. Dieses führt zu der Betrachtung einer dritten grossen Classe von Namen, der mitbezeichnenden (connotativen) und nichtmitbezeichnenden (non-connotativen), oder, wie die letzteren zuweilen unrichtigerweise genannt werden, absoluten. Dies ist eine der wichtigsten Unterscheidungen, welche wir Gelegenheit haben werden hervorzuheben, eine von denjenigen, welche am tiefsten in die Natur der Sprache eindringen.

Ein nichtmitbezeichnender Ausdruck ist ein solcher, der nur einen Gegenstand oder ein Attribut bezeichnet. Ein mitbezeichnender Ausdruck ist ein solcher, der einen Gegenstand bezeichnet und ein Attribut einschliesst. Unter einem Gegenstand wird hier etwas verstanden, was Attribute besitzt. So sind Johann, London oder England Namen, welche nur einen Gegenstand bedeuten. Weisse, Länge, Tugend bedeuten ein Attribut. Keiner dieser Namen ist daher mitbezeichnend. Aber weiss, lang, tugendhaft sind mitbezeichnend. Das Wort weiss bezeichnet alle weissen Dinge, wie Schnee, Papier, Meeresschaum etc. und schliesst ein, oder wie es die Scholastiker nannten, mitbezeichnet (connotirt),7 das Attribut Weisse. Das Wort weiss wird nicht von dem Attribut, sondern von den Gegenständen Schnee etc. ausgesagt; wenn wir es aber von ihnen aussagen, so schliessen wir ein oder mitbezeichnen, dass das Attribut Weisse ihnen zukommt. Dasselbe kann von den anderen oben angeführten Wörtern gesagt werden. Tugendhaft z.B. ist der Name einer Classe, welche Sokrates, Howard, den Mann von Ross und eine unbestimmte Anzahl anderer, vergangener, gegenwärtiger und zukünftiger Individuen einschliesst. Von diesen Individuen allein, zusammengenommen und einzeln, kann man passenderweise sagen, dass sie durch das Wort bezeichnet werden; von ihnen allein kann man geeigneterweise sagen, dass es der Name sei. Aber es ist ein Name, der auf alle angewendet wird in Folge eines Attributes,[35] welches ihnen der Voraussetzung nach gemeinsam ist; eines Attributes, welches den Namen Tugend erhalten hat. Er wird auf alle Wesen angewendet, von denen man glaubt, dass sie dieses Attribut besitzen, und auf keine, von welchen man dieses nicht glaubt.

Alle concrete Namen sind mitbezeichnend. Das Wort Mensch z.B. bezeichnet Peter, Hans, Christoph und eine unbestimmte Anzahl anderer Individuen, von welchen es, als von einer Classe, ein Name ist. Aber es wird auf sie angewendet, weil sie gewisse Attribute besitzen, und soll bezeichnen, dass sie dieselben besitzen. Diese scheinen zu sein, Körperlichkeit, thierisches Leben, Vernunft und eine gewisse äusserliche Form, welche wir der Unterscheidung wegen menschlich nennen. Ein jedes existirende Ding, das diese Attribute besitzt, würde ein Mensch genannt werden; und was keines, oder nur eines, oder zwei, oder sogar drei dieser Attribute ohne das vierte besässe, würde nicht so genannt werden. Wenn z.B. in dem Innern von Afrika eine Thierclasse entdeckt würde, welche so viel Vernunft als menschliche Wesen, aber die Form des Elephanten besitzt, so würde man sie nicht Menschen nennen. Swift's Houyhnhnms wurden nicht so genannt; oder wenn solche neuentdeckten Wesen die menschliche Form ohne eine Spur Vernunft besässen, so würde wahrscheinlich für sie ein anderer Name, als der »Mensch« erfunden werden. Warum hierüber überhaupt irgend ein Zweifel bestehen kann, wird später klar werden. Das Wort Mensch bedeutet demnach alle diese Attribute, und alle Gegenstände, welche diese Attribute besitzen; aber es kann nur von den Gegenständen ausgesagt werden. Was wir Menschen nennen, sind die Gegenstände, die Individuen, Nokes und Stiles, nicht die Eigenschaften, welche ihre Menschlichkeit ausmachen. Man sagt daher von dem Namen, dass er den Gegenstand direct, die Attribute indirect bedeutet; er bedeutet die Gegenstände, und schliesst ein, oder umfasst, oder zeigt an, oder, wie wir künftig sagen werden, mitbezeichnet die Attribute. Er ist ein mitbezeichneter Name.

Die connotativen Namen wurden auch benennende (denominative) genannt, weil der Gegenstand, welchen sie bezeichnen, durch sie benannt wird, oder von dem Attribut, welches sie mitbezeichnen, einen Namen erhält. Schnee und andere Gegenstände erhalten den Namen weiss, weil sie das Weisse genannte Attribut besitzen;[36] Johann, Marie und andere erhalten den Namen Mensch, weil sie die die Menschlichkeit ausmachenden Attribute besitzen. Man kann daher sagen, dass die Attribute diese Gegenstände benennen oder ihnen einen gemeinsamen Namen geben.8

Wir wir sahen, so sind alle concrete Gemeinnamen mitbezeichnend. Obgleich nur Namen von Attributen, so können doch auch abstracte Namen in manchen Fällen mit allem Recht als mitbezeichnend betrachtet werden; denn Attribute selbst können Attribute besitzen, die ihnen beigelegt werden, und ein Wort, welches Attribute bezeichnet, kann ein Attribut dieser Attribute mitbezeichnen. Es ist dies z.B. der Fall mit dem Worte Fehler, gleichbedeutend mit böse oder schädliche Eigenschaft. Dieses Wort ist ein vielen Attributen gemeinsamer Name, und mitbezeichnet Schädlichkeit, ein Attribut dieser verschiedenen Attribute. Wenn wir z.B. sagen, bei einem Pferd ist Langsamkeit ein Fehler, so wollen wir damit nicht sagen, dass die langsamen Bewegung, die Ortsveränderung des langsamen Pferdes ein zu vermeidendes Ding ist, sondern dass die Eigenschaft und Eigenthümlichkeit des Pferdes, welche ihm diesen Namen verschaffen die Eigenschaft, sich langsam zu bewegen, eine nicht wünschenswerthe Eigenthümlichkeit ist.

In Beziehung auf jene concreten Namen, welche nicht allgemein, sondern individuell sind, ist eine Unterscheidung zu machen.

Eigennamen sind nicht connotativ; sie bezeichnen die mit diesem Namen benannten Individuen, sie zeigen aber nicht jenem Individuen zugehörige Attribute an, schliessen sie nicht ein. Wenn wir einen Knaben Paul oder einen Hund Cäsar nennen, so sind diese Namen blosse Zeichen, vermittelst deren man jene Gegenstände zum Gegenstand der Rede machen kann. Es mögen Gründe vorhanden sein, dass wir ihnen diese Namen eher geben als andere, aber wenn der Name einmal gegeben ist, so ist er unabhängig von diesen Gründen. Ein Mensch wurde Johann genannt weil sein Vater so hiess; eine Stadt wurde Dortmund genannt, weil sie an der Mündung der Dort liegt. Es ist kein Theil[37] der Bedeutung des Wortes Johann, dass der Vater der so genannten Person ebenso hiess; noch ist es ein Theil der Bedeutung des Wortes Dortmund, dass dies an der Mündung der Dort liegt. Wenn die Mündung des Flusses durch Sand verstopft, oder der Lauf desselben durch ein Erdbeben verändert würde, so müsste der Name der Stadt nicht nothwendigerweise geändert werden. Diese Thatsache kann daher nicht einen Theil der Bedeutung des Namens ausmachen, denn sonst würde man beim Aufhören der Thatsachen den Namen nicht mehr anwenden. Eigennamen werden den Gegenständen selbst angehängt, und sind unabhängig von der Dauer der Attribute der Gegenstände.

Es giebt indessen eine andere Art von Namen, welche, obgleich sie individuelle, d.h. von einem einzigen Gegenstand aussagbare Namen, wirklich mitbezeichnend sind. Denn obgleich wir einem Individium einen höchst bedeutungslosen Namen, einen sogenanntem Eigennamen, beilegen können, ein Wort, welches den Zweck erfüllt, zu zeigen, von welchem Ding wir sprechen, ohne etwas anderes von ihm auszusagen: so ist doch nicht ein jeder einem Individuum eigene Name nothwendig von dieser Art; er kann ein Attribut oder eine Reihe von Attributen andeuten, welche nur im Besitz eines einzigen Gegenstandes sind, und daher den Namen des Individuums ausschliesslich bestimmen. Die »Sonne« ist ein solcher Name, ebenso »Gott« in dem monotheistischen Sinne. Dies sind indessen kaum Beispiele von dem, was wir erörtern wollen, da sie in strenger Sprache allgemeine und nicht individuelle Namen sind; denn obgleich sie factisch nur von einem Gegenstand aussagbar sind, so liegt letzteres doch nicht in der Bedeutung der Wörter eingeschlossen, und wenn wir nur erdichten und nicht affirmiren wollen, so können wir von vielen Sonnen sprechen; ebenso hat die Mehrzahl der Menschen geglaubt und glaubt noch jetzt, dass es viele Götter giebt. Man kann indessen ohne Mühe viele mitbezeichnende individuelle Namen anführen. Es kann ein Theil der Bedeutung des mitbezeichnenden Namens selbst sein, dass nur ein Individuum existirt, welches das dadurch mitbezeichnete Attribut besitzt, z.B. »der einzige Sohn von John Stiles«, »der erste Kaiser von Rom«; oder das mitbezeichnete Attribut kann ein Zusammenhang mit einem bestimmten Ereigniss, und der Zusammenhang der Art sein, dass[38] ihn nur ein Individuum haben könnte oder wenigstens in der That nur hatte, und dies kann in der Form des Ausdrucks eingeschlossen sein: »der Vater des Sokrates« ist ein Beispiel der ersten Art (denn Sokrates konnte nicht zwei Väter haben); »der Sänger der Ilias«, »der Mörder von Heinrich dem Vierten« sind Beispiele der zweiten Art. Denn obgleich es denkbar ist, dass beider Verfassung der Iliade oder bei dem Morde Heinrich des Vierten mehrere Personen betheiligt waren, so schliesst doch der Gebrauch des Artikels der ein, dass dies nicht der Fall war. Was hier durch den Artikel der, geschieht in anderen Fällen durch den Context; so ist »Cäsar's Armee« ein individueller Name, wenn aus dem Context ersichtlich wird, dass die gemeinte Armee diejenige ist, welche von Cäsar in einer besondern Schlacht befehligt wurde. Die noch allgemeineren Ausdrücke »die römische Armee« oder »die christliche Armee« können in einer ähnlichen Weise individualisirt werden. Ein anderer, häufig vorkommender Fall wurde bereits angeführt, nämlich der folgende. Der vielwörterige Name kann erstens ein Gemeinname sein, der also an und für sich von vielen Dingen behauptet werden kann, der aber zweitens durch so viele hinzugefügte Wörter so beschränkt wird, dass in Uebereinstimmung mit der Bedeutung der allgemeinen Namen der ganze Ausdruck nur von einem Gegenstand ausgesagt werden kann, z.B. »der gegenwärtige erste Minister von England«. Erster Minister von England ist ein Gemeinname; die von ihm mitbezeichneten Attribute können in dem Besitz einer unbestimmten Anzahl von Individuen sein, wenn sie auch nicht gleichzeitig, sondern nacheinander erste Minister sind, da die Bedeutung des Wortes einschliesst, dass es meiner bestimmten Zeit nur eine derartige Person geben kann. Da dies also der Fall ist, und die Anwendung des Namens hernach durch das Wort gegenwärtig auf solche Individuen beschränkt wird, welche in einem untheilbaren Zeitraum diese Attribute besitzen, so kann es nur für ein Individuum gebracht werden. Da dies aus der Bedeutung des Namens ersichtlich ist, so ist es im strengsten Sinne ein individueller Name, ein Einzelname.

Aus den vorhergehenden Bemerkungen wird man leicht ersehen, dass immer, wenn die den Gegenständen beigelegten Namen[39] eine Information, eine Auskunft übermitteln, d.h. wenn sie eigentlich eine Bedeutung haben, die Bedeutung nicht in dem liegt, was sie bezeichnen, sondern in dem was sie mitbezeichnen. Die Eigennamen sind die einzigen nicht mitbezeichnenden Namen von Gegenständen, und diese haben, streng genommen, keine Bedeutung.9

Wenn wir ähnlich dem Räuber in Tausend und eine Nacht mit Kreide einen Strich an ein Haus machen, damit wir es wiedererkennen können, so hat der Strich einen Zweck, er hat aber eigentlich keine Bedeutung. Der Kreidestrich erklärt nichts in Begehung auf das Hans; er bedeutet nicht: dies ist das. Haus von diesem oder jenem, oder dies ist das Haus, welches Beute enthält. Der Zweck des Zeichens ist einfach Unterscheidung. Ich sage mir, alle diese Häuser sind einander so ähnlich, dass, wenn ich sie einmal aus dem Gesicht verliere, ich dasjenige, welches ich suche, nicht mehr erkennen werde, ich muss daher suchen, das Aeussere dieses Hauses dem der anderen unähnlich zu machen, damit, wenn ich später das Zeichen – nicht ein Attribut des Hauses – erblicke, ich einfach nur erkenne, dass das gesuchte Haus das ist, welches ich ansehe. Morgiana strich alle anderen Häuser mit Kreide an und vereitelte so den Plan des Räubers: und wie? einfach, indem er den Unterschied in dem Aeussern der Häuser beseitigte. Die Kreidestriche waren noch alle da, aber sie entsprachen nicht dem Zweck ein unterscheidendes Zeichen zu sein.

Wenn wir einen Eigennamen beilegen, so gleicht das Verfahren gewissermaassen dem des Räubers, als er das Haus mit einem Kreidestrich[40] bezeichnete. Wir machen in der That ein Zeichen, nicht auf den Gegenstand selbst, sondern auf unsere Idee von dem Gegenstand. Ein Eigenname ist ein bedeutungsloses Zeichen, welches wir in unserm Geist mit der Idee des Gegenstandes in Verbindung bringen, damit wir an den besondern Gegenstand denken, wenn wir das Zeichen erblicken, oder wenn es in unseren Gedanken auftaucht. Da es dem Ding nicht selbst angehängt ist, so setzt es uns nicht ähnlich dem Kreidestrich in den Stand, den Gegenstand zu unterscheiden, wenn wir es sehen; aber es setzt uns in den Stand, ihn in dem Verzeichniss unseres eigenen Gedächtnisses oder in der Rede anderer zu unterscheiden, wenn von ihm gesprochen wird, zu wiesen, dass das, was in einem Satz, von welchem es der Gegenstand ist, behauptet wird, von dem besondern Ding behauptet wird, mit dem wir vorher schon bekannt waren.

Wenn wir den Eigennamen von etwas aussagen; wenn wir auf einen Menschen deutend sagen, dies ist Braun oder Schmidt, oder auf eine Stadt deutend, dies ist York, so theilen wir damit dem Hörer keine weitere Auskunft, keine Information mit, als dass dies deren Name ist. Indem wir ihn in den Stand setzen, die einzelnen Dinge zu identificiren, können wir sie mit der Auskunft in Verbindung bringen, die er schon früher von ihnen besass; indem wir sagen, dies ist York, können wir ihm sagen, dass es den Münster enthält, dies aber nur kraft dessen, was er früher von York gehört hat, nicht durch das, was im Namen eingeschlossen liegt. Anders verhält es sich, wenn man von Gegenständen vermittelst mitbezeichnender Namen spricht. Wenn wir sagen, die Stadt ist aus Marmor gebaut, so geben wir dem Leser eine möglicherweise ganz neue Auskunft, und dies einfach durch die Bedeutung des vielwörterigen mitbezeichnenden Namens »aus Marmor gebaut«. Derartige Namen sind nicht Zeichen der blossen Gegenstände erfunden weil wir Gelegenheit haben, an die einzelnen Gegenständer zu denken und von ihnen zu sprechen, sondern Zeichen, welche ein Attribut begleiten, eine Art Livrée, in welche das Attribut alle Gegenstände kleidet, von denen erkannt ist, dass sie es besitzen. Sie sind nicht blosse Zeichen, sondern mehr, d.h. bedeutsame Zeichen, und die Mitbezeichnung, die Connotation, macht ihre Bedeutung aus.

Da ein Eigenname der Name des einen Individuums heisst,[41] von welchem er prädicirt wird, so sollte (sowohl der Analogie als der früher angeführten Gründe wegen) ein mitbezeichnender Name als ein Name aller der verschiedenen Individuen angesehen werden, von denen er ausgesagt werden kann, oder mit anderen Worten, die er bezeichnet, und nicht als ein Name von dem, was er mitbezeichnet. Aber indem wir lernen, von welchen Dingen er ein Name ist, lernen wir nicht die Bedeutung des Namens; denn wir gebrauchen für dasselbe Ding ebenso schicklich viele andere nicht gleichbedeutende, nicht in der Bedeutung äquivalente Namen. So nenne ich einen gewissen Menschen mit dem Namen Sophroniscus, dann nenne ich ihn Vater des Sokrates. Beides sind Namen desselben Individuums, aber ihre Bedeutung ist völlig verschieden; sie werden auf dasselbe Individuum zu zwei ganz verschiedenen Zwecken angewendet; der erste, um das Individuum von andern zu unterscheiden, von denen geredet wird, der zweite, um eine Thatsache in Beziehung auf dasselbe anzugeben, die Thatsache, dass Sokrates sein Sohn war. Ich wende ferner die folgenden anderen Ausdrücke auf ihn an: ein Mensch, ein Grieche, ein Athener, ein Bildhauer, ein alter Mann, ein ehrlicher Mann, ein braver Mann. Es sind dies alles Namen von Sophroniscus, aber in der That nicht von ihm allein, sondern von ihm und einer unbestimmten Anzahl anderer menschlichen Wesen. Ein jeder von diesen Namen wird auf den Sophroniscus aus einem andern Grund angewendet, und jeder, der die Bedeutung des Namens versteht, erfährt eine bestimmte Thatsache oder eine Reihe von Thatsachen in Beziehung, auf ihn; diejenigen hingegen, welche von den Namen nichts mehr wissen sollten, als dass sie auf Sophroniscus anwendbar sind, würden ihrer Bedeutung völlig unkundig sein. Es ist sogar denkbar, dass ich ein jedes Individuum kenne, von dem ein gegebener Name mit Wahrheit ausgesagt werden könnte, ohne dass man behaupten könne, dass ich die Bedeutung des Namens kenne. Ein Kind weiss, welches seine Brüder und Schwestern sind, lange bevor es eine bestimmte Vorstellung von den Thatsachen hat, welche in der Bedeutung dieser Wörter eingeschlossen liegen.

Es ist in manchen Fällen nicht leicht zu entscheiden, wieviel ein besonderes Wort mitbezeichnet, und wieviel nicht, d.h. wir wissen nicht genau (da der Fall noch nicht vorgekommen ist), welcher Grad von Verschiedenheit im Gegenstand einen Unterschied[42] im Namen verursachen würde. Es ist klar, dass das Wort Mensch ausser animalischem Leben und Vernunft eine gewisse äussere Form mitbezeichnet, es wäre aber nicht möglich, genau zu sagen, welche Form, d.h. zu entscheiden, wie gross die Abweichung von der Form, die wir gemeiniglich bei Wesen finden, welche wir gewohnt sind, Menschen zu nennen, sein müsste, damit wir einer etwa neuentdeckten Race den Namen Mensch versagen. Da also Vernunft eine Eigenschaft ist, welche eine Abstufung zulässt, so ist es nicht ausgemacht, welches der niedrigste Grad dieser Eigenschaft ist, der einem Geschöpf Anspruch verschafft, als ein menschliches Wesen angesehen zu werden. In allen solchen Fällen ist die Bedeutung des Gemeinnamens unbestimmt und schwankend; das Menschengeschlecht ist in dieser Sache nicht zu einer positiven Uebereinkunft gelangt. Wenn wir von der Classification handeln, werden wir Gelegenheit haben, zu zeigen, unter welchen Bedingungen diese Undeutlichkeit ohne praktische Nachtheile stattfinden kann, und es werden sich Fälle zeigen, in denen der Zweck der Sprache dadurch besser erreicht wird, als durch Vollständigkeit und Genauigkeit; in der Naturgeschichte z.B. wenn Individuen oder Species von nicht besonders hervortretendem Charakter besser charakterisirten, denen sie, alle Fähigkeiten zusammengenommen, noch am nächsten stehen, angereiht werden müssen.

Aber diese theilweise Ungewissheit in der Mitbezeichnung der Namen kann nur dadurch unschädlich gemacht werden, dass man sich streng dagegen vorsieht. Die Gewohnheit mitbezeichnende Wörter ohne eine deutlich festgestellte Mitbezeichnung zu gebrauchen, und ohne ein genaueres Verständniss ihrer Bedeutung, als sich in einer laxen Weise und in der Art ableiten lässt, dass man beobachtet, welche Gegenstände man mit diesen Wörtern zu bezeichnen pflegt, ist in der That eine der hauptsächlichsten Quellen nachlässiger Denkgewohnheiten. Ohne es vermeiden zu können, erlangen wir gerade in dieser Weise die erste Kenntniss unserer Muttersprache. Ein Kind lernt die Bedeutung der Wörter Mensch oder weiss, indem es dieselben auf eine Menge von Gegenständen angewendet hört, und durch einen ihm nur unvollkommen bewussten Process der Verallgemeinerung und der Analyse ausfindig macht, was diesen verschiedenen Gegenständen gemeinsam ist. In Beziehung auf diese zwei Wörter ist der Process so leicht, dass er[43] von der Cultur keine Hülfe verlangt, indem sich die, menschliche Wesen genannten, und die weiss genannten Gegenstände von allen anderen Gegenständen durch Eigenschaften von besondere bestimmtem und deutlichem Charakter unterscheiden. Aber in anderen Fällen haben die Gegenstände eine allgemeine Aehnlichkeit mit einander – was zu ihrer Classification unter einem gemeinsamen Namen führt – während es bei den gewöhnlichen analytischen Gewohnheiten der Mehrzahl der Menschen nicht unmittelbar ersichtlich ist, welches die besonderen Attribute sind, von deren gemeinsamem Besitz die allgemeine Aehnlichkeit abhängig ist. Wenn dies der Fall ist, so gebrauchen die Menschen den Namen ohne eine anerkannte Mitbezeichnung, d.h. ohne eine genaue Bedeutung; sie sprechen und folglich denken sie auch ganz vage und sind damit zufrieden, mit ihren eigenen Worten denselben Grad von Bedeutsamkeit zu verbinden, welche ein Kind von drei Jahren mit den Worten Bruder und Schwester verbindet. Bei dem Auftreten neuer Individuen, von denen es noch nicht weiss, ob es ihnen diesen Titel geben soll, wird das Kind wenigstens nicht in Verlegenheit gebracht, da gewöhnlich eine Autorität in der Nähe ist, welche seine Zweifel zu lösen vermag. Aber für die Allgemeinheit der Fälle ist ein solcher Rückhalt nicht vorhanden, und Männern, Frauen und Kindern bieten sich beständig neue Gegenstände dar, die sie proprio motu zu classificiren aufgefordert werden. Sie thun dies nur nach dem Princip einer oberflächlichen Aehnlichkeit, indem sie jedem neuen Gegenstand den Namen jenes familiären Gegenstandes geben, dessen Vorstellung er am leichtesten zurückruft, oder dem er bei einer oberflächlichen Besichtigung am meisten zu gleichen scheint, sowie eine in dem Boden gefundene unbekannte Substanz je nach ihrer Textur Erde, Sand oder ein Stein genannt wird. Auf diese Weise kriechen Namen von Gegenstand zu Gegenstand, bis zuweilen eine jede Spur einer gemeinsamen Bedeutung verloren geht, und das Wort zuletzt eine ganze Anzahl von Dingen bezeichnet, und zwar nicht allein unabhängig von einem gemeinschaftlichen Attribut, sondern thatsächlich Dinge, welche gar kein, oder wenigstens kein anderes gemeinsames Attribut besitzen, als auch andere Dinge besitzen, denen man den Namen hartnäckig verweigert. Sogar wissenschaftliche Schriftsteller haben zu dieser Sprachverkehrung beigetragen; zuweilen[44] weil sie es gleich dem grossen Haufen nicht besser verstanden, und zuweilen aus Nachgiebigkeit gegen jene Abneigung, neue Wörter zuzulassen, eine Abneigung, welche die Menschen zu dem Bestreben veranlasst, bei allen Gegenständen, die nicht als technische betrachtet werden, den ursprünglich nur geringen Vorrath von Namen möglichst wenig zu vermehren, und durch ihn eine fortwährend zunehmende Anzahl von Gegenständen und Unterscheidungen auszudrücken, und; dies folglich in einer mehr und mehr unvollkommenen Weise.10

Bis zu welchem Grade diese nachlässige Weise, die Gegenstände zu classificiren und zu benennen, das Wörterbuch der speculativen und der Moralphilosophie unbrauchbar für die Zwecke eines genauen Denkens gemacht haben, ist einem jeden bekannt, der über den Zustand dieser Zweige des Wissens nachgedacht hat. Da indessen die Einführung einer neuen technischen Sprache als des Vehikels von Betrachtungen über Gegenstände der täglichen Erörterung äusserst schwierig auszuführen ist, und wenn ausgeführt sogar nicht frei von Nachtheilen sein würde: so ist es die Aufgabe des Philosophen – und es ist dies eine der schwierigsten, welche er zu lösen hat – die Unvollkommenheiten der bestellenden Ausdrucksweise bei deren Beibehaltung unschädlich zu machen. Dies kann er nur dadurch erreichen, dass er einem jeden allgemeinen concreten Namen, den er häufig auszusagen Gelegenheit hat, eine bestimmte und feststehende Mitbezeichnung giebt, damit, wenn wir einen Gegenstand mit dem Namen nennen, man wisse, welche Attribute wir wirklich[45] von dem Gegenstande aussagen wollen. Die schwierigste Aufgabe hierbei ist, einem Namen diese feststehende Mitbezeichnung mit der möglichst geringen Aenderung in den Gegenständen zu geben, für deren Bezeichnung der Name gewöhnlich gebraucht wird; mit der möglichst geringen Störung der Gruppe von Gegenständen, welche er, wenn auch noch so unvollkommen zu umschreiben und zusammenzuhalten dient, und mit dem geringsten Ungültigmachen von Sätzen, welche gemeiniglich als wahr angenommen werden.

Eine festgesetzte Mitbezeichnung zu geben wo sie erfordert wird, ist das Ziel, wonach jeder strebt, wenn er eine Definition eines bereits gebräuchlichen Ge meinnamens giebt, indem eine jede Definition eines mitbezeiehnenden Namens ein Versuch ist, die Mitbezeichnung des Namens bloss anzuzeigen, oder anzugeben und zu Analysiren. Die Thatsache, dass in den moralischen Wissenschaften keine Fragen mehr zum Gegenstand eifriger Controversen gemacht worden sind, als die Definitionen fast all der leitenden Ausdrücke, ist ein Beweis, bis zu welcher Ausdehnung das angeführte Uebel gediehen ist.

Namen mit unbestimmter Mitbezeichnung sind nicht zu verwechseln mit Namen, welche mehr als eine Mitbezeichnung haben, d.h. mit zweideutigen Wörtern. Ein Wort kann mehrere Bedeutungen haben, die aber alle festgesetzt und anerkannt sind; wie z.B. das Wort Kammer, dessen verschiedene Bedeutungen kaum aufzuzählen sind. Die Spärlichkeit der bestehenden Namen im Vergleich mit dem Bedarf macht es oft rathsam und sogar nothwendig, einen Namen mit dieser Mannigfaltigkeit von Bedeutungen beizubehalten, indem man die letzteren so deutlich und klar unterscheidet, dass einer Verwechselung derselben mit einander vorgebeugt wird. Ein solches Wort kann als zwei oder mehr Namen betrachtet werden, welche zufällig gleich geschrieben und gesprochen werden.11

[46] §. 6. Die vierte Hauptabtheilung der Namen ist die der positiven und negativen. Positiv wie Mensch, Baum, Gut; negativ[47] wie Nicht-mensch, Nicht-baum, Nicht-gut. Für jeden positiven concreten Namen könnte ein entsprechender negativer hergestellt werden. Nachdem wir irgend einem Dinge oder einer Anzahl von Dingen einen Namen gegeben haben, könnten wir einen zweiten Namen bilden, der ein Name aller Dinge, nur nicht jenes besonderen Dinges oder Dinge ist. Diese negativen Namen werden immer gebraucht, wenn wir Gelegenheit haben, collectiv von allen anderen Dingen zu sprechen, die von irgend einem Dinge oder einer Classe von Dingen verschieden sind. Wenn der positive Name mitbezeichnend ist, so ist der entspechende negative ebenfalls mitbezeichnend, aber in einer besonderen Weise, indem er nicht die Gegenwart, sondern die Abwesenheit eines Attributs mitbezeichnet. So bezeichnet nicht-weiss alle Dinge, ausgenommen weisse Dinge, und mitbezeichnet das Attribut keine Weisse zu besitzen. Denn der Nichtbesitz eines gegebenen Attributes ist auch ein Attribut, und kann als solches einen Namen erhalten, und auf diese Weise können negative concrete Namen ihnen entsprechende negative abstracte Namen erhalten.

Namen, welche der Form nach positiv sind, sind in Wirklichkeit häufig negativ, und andere sind wirklich positiv, obgleich ihre Form negativ ist. Das Wort unbequem z.B. drückt nicht die blosse Abwesenheit der Bequemlichkeit aus, es drückt ein positives Attribut aus, das, die Ursache von Betrübniss oder Belästigung zu sein. So mitbezeichnet das Wort unbequem, ungeachtet seiner negativen Form, nicht die blosse Abwesenheit von Annehmlichkeit, sondern einen geringeren Grad von dem, was durch das Wort schmerzhaft ausgedrückt wird, ein Wort, das, wie kaum nöthig zu sagen, positiv ist. Auf der anderen Seite ist träge ein Wort, welches, obgleich der Form nach positiv, nichts ausdrückt, als was entweder durch die Redensart nicht-arbeitend, oder durch nicht aufgelegt zu arbeiten gemeint ist; eben so ist nüchtern gleichbedeutend mit nicht trunken, oder mit nicht betrunken.

Es giebt eine Classe von privativ genannten Namen. Ein privativer Name ist in seiner Bedeutung äquivalent mit einem positiven[48] und einem negativen Namen zusammengenommen, indem er der Name von etwas ist, was einst ein besonderes Attribut hatte, oder von dem man eines andern Grundes wegen hätte erwarten können, dass es dasselbe besitze, in der That aber nicht besitzt. Der Art ist das Wort blind, welches nicht gleichbedeutend ist mit nicht sehend, oder mit nicht fähig zu sehen, denn man würde es nicht, ausgenommen als poetische oder rhetorische Figur, aufstocke und Steine anwenden. Ein Ding wird gewöhnlich nicht blind genannt, wenn nicht die Classe, welcher es gemeiniglich, oder welcher es bei einer besonderen Gelegenheit zugezählt wird, hauptsächlich aus Dingen zusammengesetzt ist, welche sehen können, wie es der Fall ist bei einem blinden Manne oder bei einem blinden Pferde; oder wenn nicht aus einem besonderen Grunde vorausgesetzt wird, dass es sehen sollte, z.B. wenn man von jemand sagt, er eile blindlings dem Abgrund zu, oder wenn man von Philosophen oder von der Geistlichkeit sagt, sie seien grösstentheils blinde Führer. Die privativ genannten Namen mitbezeichnen daher zwei Dinge: die Abwesenheit gewisser Attribute, und die Gegenwart anderer, wonach die Anwesenheit auch der ersteren naturgemäss hätte erwartet werden dürfen.

§. 7. Die fünfte Hauptabtheilung der Namen zerfällt in relative und absolute, oder sagen wir in relative und nicht-relative, denn das Wort absolut hat in der Metaphysik zu harte Pflichten zu erfüllen, als dass wir es nicht schonen sollten, wenn wir seiner Dienste nicht bedürfen. Es gleicht dem Wort civil in der Sprache der Jurisprudenz, welches als das Entgegengesetzte von criminal, von kirchlich, von militär, von politisch, kurz als das Entgegengesetzte eines jeden positiven Wortes steht, das eines negativen bedürftig ist.

Relative Namen sind die folgenden: Vater, Sohn; Herrscher, Unterthan; ähnlich, gleich, unähnlich, ungleich; länger, kürzer; Ursache, Wirkung. Ihre charakteristische Eigenschaft ist, dass sie immer paarweise gegeben werden. Ein jeder relative Namen, der von einem Gegenstande ausgesagt wird, setzt einen anderen Gegenstand (oder Gegenstände) voraus, von dem wir entweder denselben Namen oder einen anderen relativen Namen aussagen, welcher der correlative der mitbeziehliche des ersteren heisst. Wenn wir[49] z.B. jemanden einen Sohn nennen, so setzen wir andere Personen voraus, welche Eltern genannt werden müssen. Wenn wir irgend ein Ereigniss eine Ursache nennen, so setzen wir ein anderes Ereigniss voraus, welches eine Wirkung ist. Wenn wir von einer Entfernung sagen, sie sei länger, so setzen wir eine andere Entfernung voraus, welche kürzer ist. Wenn wir von einem Gegenstande sagen, er sei ähnlich, so meinen wir, dass er einem andern Gegenstande ähnlich ist, von dem es ebenfalls heisst, er sei dem erstern ähnlich. Im letztern Falle erhalten beide Gegenstände denselben Namen, das relative Wort ist sein eigenes correlatives.

Es ist klar, dass wenn diese Wörter concret sind, sie wie andere concrete Gemeinnamen mitbezeichnend sind; sie bezeichnen ein Subject und mitbezeichnen ein Attribut, und ein jedes von ihnen hat oder könnte einen entsprechenden abstracten Namen haben, um das durch den concreten Namen mitbe zeichnete Attribut zu bezeichnen. So hat das concrete ähnlich das abstracte Aehnlichkeit; die concreten Vater und Sohn haben oder könnten haben, Vaterschaft und Kindschaft oder Sohnschaft. Der concrete Name mitbezeichnet ein Attribut, und der ihm entsprechende abstracte bezeichnet dieses Attribut. Aber welcher Natur ist das Attribut? Worin besteht die Eigenthümlichkeit in der Mitbezeichnung eines relativen Namens?

Das durch einen relativen Namen angezeigte Attribut, sagen einige, ist eine Beziehung, eine Relation, und geben dies, wenn auch nicht als eine genügende, so doch wenigstens als die einzige mögliche Erklärung. Wenn sie gefragt werden, was ist aber eine Relation? so gestehen sie, dies nicht sagen zu können. Sie wird allgemein als etwas besonders Verborgenes und Mysteriöses betrachtet. Ich kann indessen nicht wahrnehmen, in welcher Beziehung sie dies mehr sein sollte als ein jedes andere Attribut, sie scheint es mir im Gegentheil weniger zu sein. Ich stelle mir eher vor, durch eine Prüfung der Bedeutung relativer Namen, oder mit anderen Worten, der Natur des von ihnen mitbezeichneten Attributes, sei eine klare Einsicht in die Natur von allen Attributen, von allem was mit einem Attribute gemeint ist, am besten zu erlangen.

Es ist in der That einleuchtend, dass, wenn wir zwei correlative,[50] zwei mitbeziehliche Namen nehmen, z.B. Vater und Sohn, so mitbezeichnen sie beide in einem gewissen Sinne dasselbe Ding, obgleich die durch die Namen bezeichneten Gegenstände verschieden sind. Man kann in Wahrheit nicht sagen, dass sie dasselbe Attribut mitbezeichnen, ein Vater sein ist etwas anderes, als ein Sohn sein. Wenn wir aber jemanden einen Vater, einen andern seinen Sohn nennen, so wollen wir eine Reihe von Thatsachen behaupten, welche in beiden Fällen genau dieselben sind. Von A aussagen, er sei der Vater von B, und von B aussagen, er sei der Sohn von A, heisst eine und dieselbe Thatsache durch verschiedene Worte behaupten. Die zwei Sätze sind genau gleichbedeutend (äquivalent), keiner derselben behauptet mehr oder weniger als der andere. Die Vaterschaft von A und die Sohnschaft von B sind nicht zwei verschiedene Thatsachen, sondern zwei verschiedene Ausdrucksweisen für dieselbe Thatsache. Wenn diese Thatsache analysirt wird, so besteht sie aus einer Reihe von physikalischen Vorgängen oder Erscheinungen, von denen beide Theile, A und B, betroffen werden, und von denen sie beide ihre Namen erhalten. Was durch diese Namen wirklich mitbezeichnet wird, besteht in dieser Reihe von Vorgängen; dies ist die Bedeutung und zwar die ganze Bedeutung, welche ein jeder der beiden Namen ausdrücken soll. Von der Reihe von Vorgängen kann man sagen, dass sie die Beziehung ausmacht (constituirt); die Scholastiker nannten sie die Grundlage der Beziehung (fundamentum relationis).

Auf diese Weise kann eine Thatsache (oder eine Reihe von Thatsachen), mit welcher zwei verschiedene Gegenstände in Verbindung stehen, und welche daher von beiden aussagbar ist, sowohl als ein Attribut des einen, als auch als ein Attribut des anderen constituirend angesehen werden. Je nach dem wir sie in der erstern oder in der letztern Beziehung betrachten, wird sie von dem einen oder dem andern der zwei correlativen Namen mitbezeichnet. Vater mitbezeichnet die ein Attribut von A constituirende Thatsache; Sohn mitbezeichnet dieselbe Thatsache, aber als ein Attribut von B ausmachend. Sie kann offenbar ebensogut in dem einen wie in dem andern Lichte betrachtet werden, und alles, was nöthig scheint, um die Existenz von beziehlichen oder relativen Namen zu erklären, ist, dass wenn es eine Thatsache giebt, welche zwei Individuen angeht, so kann ein auf diese[51] Thatsache gegründetes Attribut dem einen oder dem andern dieser Individuen zugeschrieben werden.

Man sagt daher, ein Name sei relativ, wenn er ausser dem Gegenstand, welchen er bezeichnet, in seine Bedeutung die Existenz eines andern Gegenstandes einschliesst, der seine Benennung ebenfalls von derselben Thatsache, welche der Grund des ersten Namens ist, ableitet; oder mit anderen Worten ausgedrückt, ein Name ist relativ, wenn, da es der Name eines Dinges ist, seine Bedeutung nicht erklärt werden kann ohne ein anderes Ding zu erwähnen. Wir können es auch so ausdrücken: wenn der Name in der Rede als ein eine Bedeutung habender Name nicht gebraucht werden kann, ohne dass der Name noch eines andern Dinges als desjenigen, wovon er selbst der Name ist, entweder ausgedrückt oder verstanden wird. Diese Definitionen sind im Grunde alle gleichbedeutend, indem sie verschiedene Ausdrucksweisen des einen unterscheidenden Umstandes sind – dass jedes andere Attribut eines Gegenstandes ohne einen Widerspruch als noch existirend betrachtet werden könnte,12 wenn mit Ausnahme des einen auch niemals ein anderer Gegenstand existirt hätte; aber diejenigen seiner Attribute, welche durch relative Namen ausgedrückt werden, würden bei einer solchen Voraussetzung hinwegfallen.

§. 8. Die Namen sind ferner unterschieden worden in eindeutige und zweideutige (univoke und äquivoke); dies sind indessen nicht zwei Arten von Namen, sondern verschiedene Arten, Namen zu gebrauchen. Ein Name ist eindeutig oder eindeutig angewendet in Beziehung auf alle Dinge, von denen er in demselben Sinne ausgesagt werden kann; er ist aber zweideutig oder zweideutig angewendet in Beziehung auf jene Dinge, von denen er in verschiedenem Sinne ausgesagt wird. Es ist kaum nöthig, Beispiele von einer so bekannten Thatsache zu geben wie die Zweideutigkeit eines Wortes. Ein zweideutiges Wort ist, wie bereits bemerkt, nicht ein Name, sondern es sind zwei Namen, die zufällig denselben Klang haben. Linie steht für einen Strich auf dem Papier, und Linie steht für eine Reihe von Soldaten; sie[52] haben aber, wenn auch gleich geschrieben, nicht mehr Anspruch darauf, als ein Wort betrachtet zu werden, als Währen und Wehren haben, weil ihnen gleiche Aussprache zukommt. – Sie sind ein Laut, der geeignet ist, zwei verschiedene Wörter zu bilden.

Ein dazwischenstehender, ein intermediärer Fall entsteht, wenn ein Name analog oder metaphorisch gebraucht wird, d.h. wenn ein Name von zwei Dingen nicht eindeutig oder genau mit derselben Bedeutung, sondern mit einer einigermaassen ähnlichen Bedeutung ausgesagt wird. Da hier die eine aus der andern abgeleitet wird, so kann die eine Bedeutung als die ursprüngliche (primäre), die andere als die untergeordnete (secundäre) betrachtet werden. So wenn wir von einem glänzenden Licht und von einer glänzenden That sprechen. Das Wort glänzend wird auf Licht und That wohl in demselben Sinne angewendet; da es aber in seiner ursprünglichen Bedeutung auf das Licht angewendet wurde, in der nämlich von Helligkeit für das Auge, so wird es auf die That in einer abgeleiteten Bedeutung, von der vorausgesetzt wird, dass sie der ursprünglichen einigermassen ähnlich sei, übertragen. Das Wort vertrittindessen in diesem Fall sogut, wie in dem vollkommensten Fall von Zweideutigkeit, zwei Namen, und eine der gewöhnlichsten Formen von aus Zweideutigkeit hervorgehenden Trugschlüssen ist diejenige, wo aus einem metaphorischem Ausdruck so geschlossen wird, als wenn es der buchstäbliche Ausdruck wäre, d.h. als wenn ein figürlich gebrauchtes Wort derselbe Name wäre, wie der Name in der ursprünglichen Bedeutung. Hiervon mehr am geeigneten Ort.[53]

Quelle:
John Stuart Mill: System der deduktiven und inductiven Logik. Band 1, Braunschweig 31868, S. 26-54.
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