Verweis

[533] Verweis (lat. Reprehensio), die tadelnde Vorhaltung eines zu Schulden gebrachten Vergehens od. Versehens, stärker als die bloße Zurechtweisung, durch welche Jemand auf eine irrige Ansicht od. ein unrechtes Thun aufmerksam gemacht wird. Der V. bildet eine Ehrenstrafe, steht aber als solche auf der untersten Sprosse der Stufenleiter der öffentlichen Strafen u. gilt namentlich noch für geringer als eine Geldstrafe. Die Ertheilung des V-es liegt nicht schon in der Publication des Urtheils, in welchem auf denselben erkannt ist, sondern erfolgt als ein besonderer Strafact in einem besonderen Termin. Je nachdem die Ausdrücke, unter denen er ertheilt wird, des den V. veranlassenden Vorganges nicht besonders Erwähnung thun, od. auf die ungebührliche Handlung ausdrücklich hinweisen, ist der V. ein allgemeiner (unbestimmter), od. ein besonderer (bestimmter); je nachdem er privatim von dem Vorstand der Behörde allein od. auf vorgängige amtliche Untersuchung vor Gericht ertheilt wird, ein außergerichtlicher od. gerichtlicher V. Der außergerichtliche V. kommt nur bei Disciplinarvergehen vor. Der gerichtliche kennt wieder verschiedene Abstufungen, je nachdem er schriftlich od. mündlich u. mit besonderer Solennität ertheilt wird od. nicht. Zu den in letzter [533] Beziehung vorkommenden Schärfungen gehört, wenn der V. bei offenen Thüren od. wenigstens unter Zuziehung der bei dem Verbrechen betheiligten Personen, vor vollständig besetztem Gericht etc. ertheilt wird (geschärfter V.).

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 18. Altenburg 1864, S. 533-534.
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