Bedarfszüge, Erforderniszüge

[99] Bedarfszüge, Erforderniszüge (auxiliary trains; trains facultatifs; treni facoltativi), nennt man Züge, für die zwar ein Fahrplan aufgestellt ist, die aber nur nach jedesmaliger besonderer Anordnung abgelassen werden. Betriebstechnisch gehören die B. zu den Sonderzügen (s.d.). Liegt ein Bedürfnis zur Ablassung eines Zuges nicht täglich vor, kehrt es aber regelmäßig wieder, ohne daß die Tage hierfür schon bei Aufstellung des Fahrplanes bekannt sind, so wird der Fahrplan für einen solchen Zug in den Dienstfahrplan mit dem Zusatz »nach Bedarf« oder »Bedarfszug« aufgenommen. Hierdurch wird die wiederholte Herausgabe ein und desselben Fahrplanes erspart, die Ablassung des Zuges im Falle des Bedürfnisses erleichtert und die Durchführung in erhöhtem Maße gesichert. Während sonst zur Ablassung des Zuges jedesmal die Anordnung der betriebsleitenden Verwaltungsstelle abgewartet werden muß, können B. von den Bahnhöfen, auf denen das Bedürfnis auftritt oder bekannt wird, innerhalb kurzer Zeit unter telegraphischer Benachrichtigung aller beteiligten Stellen in Gang gesetzt werden, besonders wenn hierfür Lokomotive und Zugbegleitbeamte bereitstehen (s. Bereitschaftsdienst). Die Fürsorge für eine pünktliche Abwicklung des Verkehrsdienstes führt deshalb dazu, in den Fahrplänen (s.d.) für die erfahrungsmäßig vorkommenden Fälle B. vorzusehen, die dann, je nach den Schwankungen, denen der Verkehr auf der Bahnstrecke unterworfen ist, einen mehr oder weniger erheblichen Teil sämtlicher Züge ausmachen. So gibt es stark befahrene Bahnstrecken, auf denen nur die Hälfte der für den Güterverkehr bestimmten Züge regelmäßig verkehrt, oder solche, auf denen täglich bis zu 100 B. im Fahrplane vorgesehen sind. Im übrigen geben Verkehrsanforderungen der verschiedensten Art dazu Anlaß, B. in den Fahrplan aufzunehmen. Sie werden u.a. vorgesehen für außergewöhnlichen Andrang bei den Personenzügen (Vor- und Nachzüge [s. d.], besonders an Tagen vor und nach den großen Festen, zum Ferienbeginn u.s.w.), für die Beförderung von Auswanderern, von landwirtschaftlichen Arbeitern, Militärurlaubern, ferner für Dienstzwecke der Verwaltung zu Probefahrten der aus den Werkstätten kommenden Lokomotiven und Wagen, endlich In umfassender Weise für die Zwecke der Güterbeförderung. Im letzteren Falle werden nicht nur B. in Richtung und mit dem Ziel bestehender Züge, sondern auch mit hiervon abweichender Bestimmung im Fahrplan vorgesehen. Dies geschieht besonders für den Fall, daß häufiger leere Wagen in größerer Zahl aus einem Wagenverteilungsgebiet in ein anderes zum Ausgleich der Bestände überwiesen werden müssen (s. Wagenverteilung). Auch wenn damit gerechnet werden muß, daß Bahnstrecken den ihnen zulaufenden Verkehr unter besonderen Umständen nicht aufnehmen können, oder wenn zu befürchten ist, daß Betriebsstockungen oder Störungen stark belasteter Strecken auf den Durchgangsverkehr besonders nachteilig einwirken könnten, werden schon zu Zeiten des gewöhnlichen Verkehrs Fahrpläne für B. zur Ablenkung eines[99] Teiles des Verkehrs vorbereitet. – Um die im Fahrdienst tätigen Beamten über den Zugverkehr zu unterrichten, werden die angesagten B. in der Regel an Tafeln, die an geeigneter Stelle auf den Stationen aufgehängt sind, täglich bekanntgemacht.

Breusing.

Quelle:
Röll, Freiherr von: Enzyklopädie des Eisenbahnwesens, Band 2. Berlin, Wien 1912, S. 99-100.
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