Crampton

[211] Crampton, Thomas Rusell, einer der bedeutendsten englischen Ingenieure, wurde am 6. August 1816 zu Broadstairs (Kent) geboren; er starb am 19. April 1888 und wurde in Kensal Green beigesetzt. Nach Besuch einer Privatschule und Absolvierung der Lehrlingszeit in technischen Betrieben, kam er 1839 zur Great Western-Bahn, wo er unter dem Vorstande des maschinentechnischen Bureaus, Daniel Gooch, an den Entwürfen für die ersten Goochschen Breitspurlokomotiven mitwirkte.

Von 1844–1848, in welch letzterem Jahre er sich in London als Zivilingenieur niederließ, war er in verantwortungsvoller Stellung in der Lokomotivfabrik von G. Rennie.

In diesen Jahren hatte er Gelegenheit, die Eignung der Breitspurlokomotiven (Great Western-Bahn) und der Normalspurlokomotiven für hohe Geschwindigkeit und große Leistung kennen zu lernen. In dem geistigen Kampfe der Anhänger der beiden Spurweiten, »The battle of the gauges«, trat er auf die Seite der Normalspur. Sein erstes, Normalspurlokomotiven für hohe Geschwindigkeiten betreffendes Patent stammt aus dem Jahre 1842. Die erste Ausführung von seinen Namen tragenden Lokomotiven – System Crampton – erfolgte 1846 nach den weiteren Patenten aus den Jahren 1845 und 1846.

Diese ersten LokomotivenNamur und Liège – wurden von Tulk & Ley in[211] Whitehaven für die Eisenbahn von Namur nach Lüttich gebaut. Da die Fertigstellung dieser Bahn sich verzögerte, kam die »Namur« probeweise auf der englischen Grand Junction-Bahn in Verwendung, auf der sie bei Leerfahrten eine Geschwindigkeit von 120 km in der Stunde erreichte, eine Leistung, die bis dahin von keiner Breitspurlokomotive erzielt wurde.

Nach Ausführung einiger ähnlicher Lokomotiven für die London-North-Western-Bahn, wurde nach C. Plänen für eben diese Bahn im Jahre 1848 bei Bury Curtis & Kennedy in Liverpool eine vierachsige Schnellzugslokomotive seines Systems gebaut, die »Liverpool«, die in ihren Abmessungen an die heutigen größten Schnellzugslokomotiven heranreichte. Diese in London 1851 ausgestellte Lokomotive erreichte eine Geschwindigkeit von 126 km in der Stunde; sie wurde aber, als für den damaligen Oberbau zu schwer, schon im Jahre 1858 demoliert.

In England fanden C. Lokomotiven keine große Verbreitung, wohl aber ab Ende der Vierzigerjahre in Frankreich auf den Linien der Nordbahn, Paris-Lyon-Mediterrannée-Bahn und der Ostbahn zur Beförderung der schnellsten Züge. Noch zu Anfang dieses Jahrhunderts waren viele dieser Lokomotiven im Dienste.

Zwischen 1852 und 1862 wurden für viele deutsche – hauptsächlich süddeutsche – Bahnen mehr als 100 C.-Lokomotiven gebaut, von denen manche, wenn auch längst nicht mehr bei Schnellzügen, bis Ende des verflossenen Jahrhunderts Dienst machten (vgl. Die C.-Lokomotive, von F. Gaiser; ferner die Zeitschrift »Lokomotive«).

Vielleicht das bedeutendste Werk C. war die Fertigstellung des ersten unterseeischen Telegraphenkabels zwischen Calais und Dover im Jahre 1851.

Außerdem sind von seinen Werken noch hervorzuheben: die alten Wasserwerke von Berlin, die Bahnlinien von Smyrna nach Aïdin, von Varna nach Rustschuk, die Ost-Kent-Bahn von Strood nach Dover, die Bahn von Herne-Bay nach Faversham und die von Sevenoaks nach Swanley. Die drei letzten Linien bildeten den Anfang des London-Chatham-Dover-Netzes, bei dessen weiterem Ausbau C. gleichfalls tätig war. An Erfindungen sind außer seiner Lokomotive zu erwähnen: eine Feuerung für pulverförmigen Brennstoff, ein Drehofen für Erzeugung von Eisen und Stahl, eine Backsteinpresse, ein gußeisernes Fort und eine Tunnelbohrmaschine.

Quelle:
Röll, Freiherr von: Enzyklopädie des Eisenbahnwesens, Band 3. Berlin, Wien 1912, S. 211-212.
Lizenz:
Faksimiles:
211 | 212
Kategorien: