Ermittlungsverfahren

[402] Ermittlungsverfahren (constatations; modo di procedere nei casi di constatazioni) bei beschädigten oder mit Minderung vorgefundenen sowie bei fehlenden und überzähligen Gepäckstücken und Gütern.

Über das von den Stationen zu beobachtende E. bestehen besondere Anordnungen; für den VDEV. gelten hierüber »die Vorschriften über das Ermittlungsverfahren bei beschädigten oder mit Minderung vorgefundenen sowie bei fehlenden und überzähligen Gepäckstücken und Gütern« (Ermittlungsvorschriften). Nach dieser Dienstanweisung, deren Bestimmungen auch für den inneren Verkehr der deutschen Bahnen in Kraft stehen und im wesentlichen auch mit den für den inneren Verkehr der österreichischen Bahnen geltenden einschlägigen Vorschriften übereinstimmen, hat die Station, die eine Beschädigung oder[402] Minderung entdeckt, sofort den Tatbestand aufzunehmen. In der Tatbestandsaufnahme sind anzugeben: Zustand der Sendung, Verladeweise, alle Umstände, aus denen die Beschädigung oder Minderung entstanden sein kann, insbesondere die natürliche Beschaffenheit, Fehlen oder Mängel der Verpackung, Leckage, Mängel des Wagens, Gewicht des vorhandenen und des fehlenden, des beschädigten und des unbeschädigten Teiles der Sendung. Unbeteiligte Zeugen, allenfalls Sachverständige und womöglich der Verfügungsberechtigte sind der Tatbestandsaufnahme zuzuziehen.

Entschädigungsanträge sind, wenn die Stationen nicht selbst zur Regelung befugt sind, der vorgesetzten Stelle vorzulegen.

Ein Gepäckstück oder Gut das in einer Güterhalle, auf einem Manipulationsplatz oder in einem Wagen ohne Begleitpapiere (Gepäckschein, Packmeisterkarte, Begleitschein, Frachtbrief, Frachtkarte, Verladeschein u.s.w.) vorgefunden wird, ist »überzählig«, ein solches dagegen, das auf Grund der vorhandenen Begleitpapiere vermißt wird, ist »fehlend« oder »abgängig«.

Behufs Feststellung des Fehlens oder Überzähligseins von Gütern haben die Abfertigungsstellen nach den angeführten Vorschriften sofort einen Meldezettel auszufertigen und das Nachforschungsverfahren einzuleiten. Kann das fehlende Gepäckstück oder Frachtgut nicht ermittelt oder die Zugehörigkeit des überzähligen Gepäckstücks oder Guts nicht festgestellt werden, so ist die Meldung an die Ausgleichstelle zu erstatten, die zur Bewirkung des Ausgleiches von fehlenden und überzähligen Gepäckstücken und Gütern von den Verwaltungen auf Grund besonderer Vereinbarungen errichtet ist.


Für das Vereinsgebiet bestehen folgende Ausgleichsstellen:


Deutsche AusgleichstelleBerlin,
Niederländische AusgleichstelleUtrecht,
Niederländische (holländische) AusgleichstelleAmsterdam,
Österreichische AusgleichstelleWien,
Ungarische AusgleichstelleBudapest,
Rumänische AusgleichstelleBukarest,
Ausgleichstelle der Warschau-Wiener EisenbahnWarschau,
Ausgleichstelle der ChimaybahnChimay.

Den Ausgleichstellen obliegt es, die eingehenden Meldungen nach näherer Anweisung in Gruppen zu trennen und in den einzelnen Gruppen täglich in Kontrollnachweisungen einzutragen.

Die Ausgleichstellen haben alle Fehl- und Überzähligmeldungen, und zwar mindestens auf einen Zeitraum von zwei Monaten miteinander zu vergleichen.

Wird Übereinstimmung eines überzähligen mit einem fehlenden Gut festgestellt oder vermutet, so hat die Ausgleichstelle den Austausch sogleich zu bewirken oder zu versuchen.

Sind Bahnen eines anderen Ausgleichgebietes oder solche, die an den Vereinbarungen über das Ausgleichsverfahren nicht teilgenommen haben, an der Beförderung beteiligt, so hat die Ausgleichstelle, sobald ihr die Erledigung in ihrem Bereiche nicht möglich, die fehlende Sendung also in ihrem Bereiche nicht überzählig gemeldet ist, die an sie gesandte Fehlmeldung an die Ausgleichstellen oder an die an der Beförderung beteiligten Bahnen weiterzuleiten.

Außerdem bleibt es näherer Anweisung der Verwaltungen überlassen, ob die Ausgleichstellen Verzeichnisse über die ihnen überzählig gemeldeten Güter miteinander auszutauschen haben.

Die Ausgleichstelle tritt unmittelbar mit den Stationen in Verkehr.

Die Stationen haben den Weisungen aller Ausgleichstellen unverzüglich Folge zu geben. Insbesondere sind alle Anfragen der Ausgleichstelle sofort, auf Verlangen telegraphisch oder durch Fernsprecher zu beantworten.

Die durch die Ausgleichstelle angeordneten oder durch die Stationen möglichen Ausgleiche sind möglichst schnell vorzunehmen, damit Meldungen entbehrlich werden.

Die Ausgleichstellen haben wiederkehrende Unregelmäßigkeiten und sonstige Wahrnehmungen der der säumigen Station vorgesetzten Stelle mitzuteilen.

Quelle:
Röll, Freiherr von: Enzyklopädie des Eisenbahnwesens, Band 4. Berlin, Wien 1913, S. 402-403.
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