Libyen

[106] Libyen, nach dem italienisch-türkischen Krieg vom Jahre 1911 eingeführte, amtliche Bezeichnung für die früher türkischen Provinzen Tripolitanien und Kyrenaika (Bengasi). Unter der türkischen Herrschaft gab es in diesen Gebieten keine Eisenbahnen. Italien nahm jedoch sofort nach Eroberung des Landes den Bau von Eisenbahnen in Angriff (Januar 1912), u.zw. zunächst in Tripolitanien. Ende 1912/13 belief sich die Länge der im Betrieb befindlichen Eisenbahnen in L. auf rund 93 km. Die wichtigeren Linien sind: Tripolis Hafen-Tagiura (20∙3 km) mit der Abzweigung von Fornaci nach Ain-Zara (3∙7 km) und Tripolis Rangierbahnhof-Gargaresch-Zanzur (17 km) mit der Abzweigung von Gheran nach Azizia (38∙5 km).

Die Eisenbahnen haben eine Spurweite von 0∙95 m. Anfangs dienten sie fast ausschließlich militärischen Zwecken. Seit 1. Mai 1913 sind jedoch alle Linien dem allgemeinen Verkehr freigegeben. Bis auf weiteres verkehrt täglich ein Zug in jeder Richtung mit einer Geschwindigkeit von 20–30 km in der Stunde. Sowohl der Personen- als auch der Güterverkehr gestaltete sich bald sehr rege.

Das Personal umfaßte 137 Italiener und 169 Eingeborene, zusammen 306 Köpfe.

In Tripolitanien ist der Bau folgender weiterer drei Linien geplant: Azizia-Bir Kuka-Gharian (38 km), Zanzur-Zuara (90 km), die später an die tunesische Küstenbahn angeschlossen werden soll, und Tagiura-Kussabat (70 km), die über Horns, Sliten bis Misurata ausgebaut werden dürfte.

In der Kyrenaika befaßt man sich vorläufig mit dem Bau einer Linie von Bengasi über Slonta nach Derna, die im September 1914 bis Benina (etwa 20 km) eröffnet wurde.

Entsprechend dem ursprünglichen Zwecke der libyschen Eisenbahnen oblag deren Leitung anfangs der Militärverwaltung. Nach den »Bestimmungen für den Bau und Betrieb der Staatsbahnen in Tripolis und der Kyrenaika« sorgt für den Bau und Betrieb der Eisenbahnen das Kolonialministerium unter unmittelbarer Leitung der Generaldirektion der italienischen Staatsbahnen. Die unmittelbare Geschäftsleitung und Rechnungsführung erfolgt durch ein besonderes, von der Generaldirektion getrenntes Amt mit dem Sitz in der Stadt Tripolis. Hier ist auch ein Bauamt errichtet worden, dem für die Kyrenaika ein Zweigamt in Bengasi unterstellt ist.

Literatur: Arch. f. Ebw. Jg. 1913, S. 1125. – Ztg. d. VDEV. Jg. 1913, S. 679, Jg. 1914, S. 513 u. 1149.

Grünthal.

Quelle:
Röll, Freiherr von: Enzyklopädie des Eisenbahnwesens, Band 7. Berlin, Wien 1915, S. 106.
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