Spar- und Vorschußkassen

[96] Spar- und Vorschußkassen (Darlehensvereine). Zur Pflege der Sparsamkeit sind bei vielen Verwaltungen teils von diesen, teils auf ihre Anregung oder aus freiem Antrieb des Personals S. errichtet worden, an die die Mitglieder regelmäßig Beiträge zahlen, auch einmalig größere Einlagen machen können. Die Beiträge werden am Gehalt und Lohn einbehalten und der Kasse überwiesen, die die Gelder in mündelsicherer Weise gewinnbringend anlegt und dem Personal verzinst. Diesem ist so beste Gelegenheit zur Ansammlung eines kleinen Kapitals geboten, auf das es in Zeiten der Not zurückgreifen kann. Auch kann es aus der Kasse unter günstigen Bedingungen (mäßiger Zinsfuß und ratenweise Abtragung) ein Darlehen erhalten, wodurch es vor Wucherhänden bewahrt wird. Voraussetzung für das Gedeihen ist Fernhaltung von jeder Spekulation, unsicherer oder zweifelhafter Kapitalanlage, Ansetzung eines niedrigen Zinsfußes für die Spareinlage verbunden mit Ausschüttung von Dividenden nach Abschreibung wirklicher oder wahrscheinlicher Verluste und nach Zuweisung eines bestimmten Anteils an den Reservefonds. Darlehen etwa im Rahmen von einem Monatseinkommen bis zum Jahresgehalt (höchstens) sind zur Unterstützung von Notlagen oder zu wirtschaftlichen Zwecken und gegen einen den üblichen Satz nur mäßig überschreitenden Zins zu gewähren, wobei im einzelnen ausreichende Bürgschaften zu fordern sind, soweit sie nicht durch einen Bürgschaftsfonds ersetzt werden. Darlehen zu unwirtschaftlichen Zwecken oder an Mitglieder mit selbstverschuldetem, andauernd ungeordnetem Haushalt sind abzulehnen.

Die Eisenbahnverwaltungen unterstützen diese Vereine, die bei guter Leitung sehr segensreich wirken, durch kostenfreie Führung der Kassengeschäfte, durch Ersatz der Verwaltungskosten oder auf andere Weise, insbesondere auch durch eine Beaufsichtigung hinsichtlich der Kassenverwaltung.


In Deutschland sind bei allen größeren Staatsbahnverwaltungen S. eingerichtet, die vom Personal durch einen gewählten Vorstand, auch durch einen Ausschuß (Bayern) unter Mitwirkung der Mitglieder in einer Hauptversammlung selbständig geführt werden. Die Eisenbahnverwaltungen besorgen die Kassengeschäfte kostenfrei und behalten sich die Genehmigung der Satzungen und ihrer Änderungen vor, so in Baden, Bayern, Sachsen und Württemberg; in Preußen sind die S. vom Staat geförderte Einrichtungen der Eisenbahnervereine und erst in der[96] Entwicklung begriffen. Während in Deutschland mehr der Sparzweck betont und erfüllt wird, ist in Österreich mehr das Vorschußwesen ausgebildet worden. Die Kassen sind hier vielfach Organe der Bahnverwaltung, wobei das Personal von Amts wegen in der Regel zu ehrenamtlicher Mitwirkung berufen wird.

Quelle:
Röll, Freiherr von: Enzyklopädie des Eisenbahnwesens, Band 9. Berlin, Wien 1921, S. 96-97.
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