Baer, Joseph

[23] Baer, Joseph. 1785 siedelte Joseph Baer, in Hanau ansässig, nach Bockenheim über, wo er einen kleinen Handel mit Büchern betrieb. Naturgemäß zog es ihn nach Frankfurt a. M., doch durfte er dort, da er kein Bürgerrecht besaß, ein offenes Geschäft nicht betreiben. Er fand jedoch Mittel und Wege, im Dominikanerkloster ein buchhändl. Antiquariatsgeschäft zu gründen. Große Umsicht und Thatkraft erweiterten es schnell, im Verein mit einflußreichen Gönnern räumte er die bestehenden Schwierigkeiten hinweg und verlegte seine Handlung in die Steingasse als offenes Geschäft. 1824 übernahmen die beiden Brüder Leopold Joseph B. und Hermann Joseph B. das väterliche Geschäft für eigene Rechnung. Leopold Joseph war am 2. 10. 1804 in Bockenheim geboren, trat nach Besuch des Frankfurter Gymnasiums 1820 in des Vaters Geschäft ein. Er hat auch nach der Uebernahme dasselbe geleitet, während der jüngere Bruder weite Reisen nach England, Frankreich, Holland und Italien unternahm, um Ankäufe seltener und hervorragender Werke zu machen. Das Baersche Geschäft wurde der Tummelplatz aller Frankfurter Bücherliebhaber, aber auch nach dem engeren und weiteren Deutschland und nach dem Auslande wurden weitverzeigte Geschäftsverbindungen angeknüpft, namentlich mit den größeren Bibliotheken Rußlands. 1853 wurde die Handlung zum Hauptkommissionär der Kaiserl. öffentlichen Bibliothek in St. Petersburg und des Oeffentlichen Museums in Moskau ernannt.

Leopold Joseph B. starb am 31. 12. 1861. In Gemeinschaft mit seiner Witwe führte der Bruder die Handlung fort, errichtete 1869 eine Filiale in Paris und siedelte selbst dorthin über, wo er 1881 im Alter von 70 Jahren auch starb. Sein 2. Sohn, Joseph Baer, hatte das Pariser Geschäft übernommen, starb aber schon 1884, infolge dessen dasselbe an F. Fetscherin & Chuit überging. – Das Frankfurter Stammhaus wurde seit 1873 von Saly Baer (geb. 1855, gest. 1882) und von Simon Leopold Baer, geb. 17. 11. 1845, weitergeleitet, dann von 1882 ab von letzterem allein. Seit 1901 ist Moriz Sondheim Teilhaber.

Auch Verlag hat die Firma gepflegt, worunter besonders neben[23] Frankfurter Lokalverlag zu erwähnen ist: Benders Privatrecht und Civilprozeß, sowie dessen Sammlung Frankfurter Verordnungen aus den Jahren 1808-16; Gwinners Kunst und Künstler in Frankfurt vom 13. Jahrh. bis zur Eröffnung des Städelschen Kunstinstituts; ferner wurden eine Reihe wissenschaftlicher Werke erworben aus dem Verlage von Cotta-Stuttgart, Engelmann-Heidelberg, Carl Hoffmann-Stuttgart, Rudolf Weigel-Leipzig u. s. w. Das Antiquariat der Firma Joseph Baer & Comp. hat seit 1864 ca. 450 große Fachkataloge und etwa 500 monatliche Anzeiger herausgegeben. 1899 bezog sie ihr speziell für Antiquariatszwecke gebautes Haus Hochstraße 6, in dem sich dauernd ein Lager von über 500000 Bänden befindet.

Quellen: Börsenblatt 1862, 1885 Allgem. Dtsche. Biographie, Band II, Zeitschrift f. Bücherfreunde, Dez. 1899.

Quelle:
Rudolf Schmidt: Deutsche Buchhändler. Deutsche Buchdrucker. Band 1. Berlin/Eberswalde 1902, S. 23-24.
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