Bruckmann, Friedrich

[112] Bruckmann, Fr. Kommerzienrat Friedrich Bruckmann wurde am 4. Juni 1814 zu Deutz bei Köln a. Rh. geboren. Er ist von Jugend auf künstlerisch verlangt gewesen und hat sein künstlerisches Streben durch weite Reisen ausgebildet. In Paris hielt er sich längere Zeit auf, erlernte in der berühmten Porzellanfabrik von Sèvres das Bemalen und Glasieren von Porzellan und errichtete nach seiner Rückkehr in die Heimat in Gemeinschaft mit seinem älteren Bruder eine Werkstätte zur Dekorierung von Kunstporzellan. Eine Feuersbrunst vernichtete das Geschäft; Bruckmann zog Frankfurt a. M. Angeregt durch intimen geistigen Verkehr mit Gelehrten wie dem Geographen Daniel, dem Aesthetiker Kuno Fischer, mit dem Dichter Roquette und dem Architekt Semper, begründete Bruckmann am 15. 11. 1858 unter der Firma Verlag für Kunst und Wissenschaft ein neues Geschäft. Da er weder gelernter Buchhändler noch Frankfurter Bürger war, durfte er sich selbst als Besitzer der Handlung nicht nennen; eine mit den nötigen Eigenschaften ausgerüstete Persönlichkeit (die auch Bürger Frankfurts war) fand er in Fr. Suchsland. Seine ersten Verlagsunternehmungen waren Daniels berühmtes Handbuch der Geographie (jetzt Verlag von O. R. Reisland in Leipzig), kleinere Werke von Roquette und Gottfried Sempers »Der Stil in den technischen und tektonischen Künsten« (2 Bände 1860-63). Während einer Anwesenheit in München lernte Bruckmann den Maler Wilhelm von Kaulbach kennen, dem er den Auftrag erteilte, Goethes Frauengestalten in großen Kartons darzustellen; so entstanden die weltbekannten Meisterwerke der Kaulbachschen Goethegallerie (das komplette Exemplar, 21 Kartons, wurde für 224, einzelne Blätter für 14 Thaler verkauft). In Verbindung mit Joseph Albert gelang es, was bis dahin für unmöglich gehalten wurde, nach vielen kostspieligen Versuchen eine vervollkommnete photographische Reproduktion in der Größe von 48×68 Centim. zu erzielen, was die wesentlichste Förderung für das Unternehmen bedeutete.[112]

1860 wurde das Geschäft nach Stuttgart verlegt, 1863 siedelte es nach München über, wo Bruckmann nun eine erhöhte Thätigkeit auf dem Gebiete des Kunstverlags entfaltete. Ihren ersten Ausdruck fand sie in der Herausgabe einer Reihe von Porträt-Tableaus »Ruhmeshallen« benannt; sie gaben Gruppendarstellungen deutscher und außerdeutscher Dichter, Musiker und Gelehrter; ihr folgten die Schiller-, die Shakespeare- und Reuter-Gallerie, wozu W. Lindenschmit, Viktor Müller, K. Beckmann, K. Beyschlag u. a. die Originale lieferten; ferner Scheffels Ekkehard, illustriert von A. Liezen-Mayer, dessen Bilderziklus Bruckmann 1874 von Flüggen & Co. in München übernommen hatte.

Bruckmann begann ferner mit der Herausgabe einer Reihe monumentaler wissenschaftlicher Werke, darunter die bekannten »Denkmäler griechischer und römischer Skulptur«, deren Plan von Heinrich Brunn aufgestellt wurde, und die mit hundert Lieferungen à 20 Mark, nach Brunns Tode von dessen Schüler Paul Arndt fortgeführt, ihren vorläufigen Abschluß erreicht haben; die »Denkmäler der Renaissance-Skulptur Toscanas«, herausgegeben von Wilhelm Bode, die (in etwa 70 Lieferungen à 20 Mk.) noch im Erscheinen begriffen sind; die »Griechischen und Römischen Porträts«, unveränderliche Phototypien nach Originalaufnahmen (etwa 100 Lieferungen à 20 Mk.), herausgegeben von Heinr. Brunn und Paul Arndt; »Die Architektur der Renaissance in Toscana« von Geymüller und Stegmann (in 40 Lieferungen à 50 Mk.).

Während der siebziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts versammelte sich in Bruckmanns gastfreiem Hause stets ein ausgedehnter Kreis von Gelehrten und Künstlern. Justus von Liebig, Ignaz von Döllinger, W. von Giesebrecht, Moritz Carrière, Karl Stieler, Hans Makart, Moritz von Schwind u. a. gehörten zu dessen ständigen und gern gesehenen Gästen. Diesem regen geistigen und künstlerischen Verkehr sind ohne Zweifel auch manche der erfolgreichen Unternehmungen Bruckmanns entsprungen; so unter anderem die seinen Namen tragende »Porträt-Collektion berühmter Personen in Photographien, Photogravüren, Stichen etc.

nach Original-Oelgemälden und Zeichnungen«, die weltbekannt ist, sowie die berühmte Ausgabe der Prellerschen Odysseelandschaften und der italienischen Landschaften Rottmanns. Eine Reihe großer Künstlerwerke wurde 1885 mit dem Werke Adolf von Menzels, mit Text von Max Jordan, begonnen. Franz von Lenbachs Zeitgenössische Bildnisse in 2 Bänden, sowie das Werk Fritz August von Kaulbachs folgten, und das Arnold Böcklinwerk[113] bildet vorläufig den Abschluß dieser großen Serie. Aus dem patriotischen Verlage Fr. Bruckmanns ist vor allem Stillfried-Kuglers Hohenzollern und das deutsche Vaterland, ein Werk größten Stils, sowie Berners Geschichte des Preußischen Staates, zu nennen; das länder- und völkerbeschreibende Gebiet der reich illustrierten Prachtlitteratur ist mit einem Werke über die Schweiz von Gsell-Fels betreten worden.

Damit ist aber der gediegene Verlag keinesfalls erschöpft. Kurz genannt seien aus neuester Zeit noch Chamberlain, Die Grundlagen des 19. Jahrhunderts; desselben Verfassers Richard Wagner; Furtwänglers monumentales Werk über griechische Vasenmalerei; Franz von Rebers – des Herausgebers des vor Kurzem seinen Abschluß gefundenen »Klassischen Bilderschatzes« – Geschichte der Malerei u. s. w.

Erwähnt seien noch die periodischen Erscheinungen »Kunst für Alle«, die jetzt bereits im siebzehnten Jahrgang steht, und die 1897 begründete »Dekorative Kunst«. Beide sind in neuester Zeit auch in einer Gesamtausgabe unter dem Titel »Die Kunst« erhältlich und geben so das übersichtlichste Bild des Kunstschaffens unserer Zeit.

Im Jahre 1864 hatte Fr. Bruckmann eine eigene photographische Anstalt eingerichtet. Er verfolgte alle Verbesserungen in der Photographie und der photographischen Reproduktion mit wachsamem Auge; so versuchte er den »Woodburydruck«, der aber dem zuverlässiger und rascher arbeitenden Lichtdruck (Phototypie) weichen mußte. Neuerdings ist den Bruckmannschen Reproduktionsanstalten auch eine solche für Photogravüre nebst Kupferdruckerei angegliedert worden.

Das zunehmende Alter Bruckmanns und der Wunsch nach Erleichterung und Erholung wurde die Veranlassung zur Umwandlung des Geschäfts in eine fast ausschließlich auf die Familie beschränkte Privat-Aktiengesellschaft (1. Mai 1883), an deren Spitze indes der 70jährige Gründer des Hauses als Vorsitzender des Aufsichtsrats blieb – das Sortiment, bisher unter der Firma Schandri & Cie. betrieben, ging an die neue Aktiengesellschaft, deren Leiter A. Bruckmann war, über, wurde indessen 1887 an Ulrich Putze weiterverkauft, der es heute unter seinem Namen weiterführt – obwohl er sich aus Gesundheitsrücksichten in ein milderes Klima begeben mußte. In Arco ereilte ihn am 17. 3. 1898 der Tod; bis in die letzten Stunden hatten sich seine Gedanken mit der Vervollkommnung des von ihm geschaffenen großen Werkes beschäftigt.[114]

Alphons Bruckmann, k. k. österreichischer Konsul, wurde Besitzer der 1886 aus kleinen Anfängen hervorgegangenen Bruckmannschen Buch- und Kunstdruckerei, während Hugo Bruckmann zusammen mit Fritz Schwartz als Direktor an der Spitze der Verlagsanstalt Fr. Bruckmann A.-G. steht.

Schon im Jahre 1884 hatte die Verlagsanstalt eine solche Ausdehnung gewonnen, daß, um ihren Geschäftsbetrieb zu erleichtern und zu vereinfachen, eine Teilung derselben in zwei getrennte Geschäftsbranchen beschlossen wurde, von denen der unterm 3. März des genannten Jahres neugeschaffene Zweig die Bezeichnung Photographische Union erhielt, während dem andern die bis dahin geführte Firma verblieb. Der neuen Geschäftsabteilung gehörte in den Jahren 1884 und 1885 Dr. E. Albert (siehe diesen Artikel) als Teilhaber an. Nach dessen Austritt, 1886, behielt die Verlagsanstalt Fr. Bruckmann die Photographische Union bis 1. Januar 1892 in alleinigem Besitz. An diesem Tage trat der in der Hauptfirma seit dem Jahre 1880 thätige Fritz Schwartz als Teilhaber ein, zugleich als Direktor der Verlagsanstalt Bruckmann fungierend.

Ursprünglich in der Garten- (späterhin Kaulbach-) Straße ansässig, befinden sich die Geschäftslokalitäten und technischen Betriebe der Verlagsanstalt Bruckmann seit dem Herbst 1898 in dem nach eigenen Angaben vom Architekten Martin Dülfer aufgeführten Neubau Nymphenburgerstraße 86.

Bereits 1877 hatte Bruckmann die Auslieferung seines Verlages für Norddeutschland, Holland, Belgien und Rußland seinem bisherigen Prokuristen der seit 1870 bestandenen Berliner Filiale, Adolf Tietze übertragen, der nunmehr für eigene Rechnung das Geschäft unter der Firma Fr. Bruckmanns Auslieferungslager Adolf Tietze weiterführte, es aber 1878 nach Leipzig verlegte und seit dieser Zeit unter eigenem Namen neben seinem Verlagsgeschäft betrieb. 1885 kam das Auslieferungslager wieder nach Berlin und wurde von der neugegründeten Firma Goens & Nau übernommen.

Quellen: Fischers Mitteilungen 1900, Nr. 7; Börsenblatt für den deutschen Buchhandel 1898; Kunst für Alle 1898.

Quelle:
Rudolf Schmidt: Deutsche Buchhändler. Deutsche Buchdrucker. Band 1. Berlin/Eberswalde 1902, S. 112-115.
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