Kanter, Johann Jakob

[526] Kanter, J. J. Johann Jakob Kanter wurde als Sohn des Buchhändlers Christoph Philipp Kanter in Königsberg i. Pr. im Jahre 1731 geboren. Durch sorgfältigen Unterricht und durch Reisen gut vorgebildet, übernahm er, nachdem er eine Zeit lang ein buchhändlerisches Geschäft in Elbing betrieben hatte – (er besaß auch eine Handlung in Berlin, die er 1770 an Christian Friedrich Himburg abtrat), – um 1764 die Buchhandlung seines Vaters in Königsberg, sowie die mit derselben in Verbindung stehende Herausgabe des Wochenblattes: »Königsberger gelehrte und politische Zeitungen«. Durch die Redaktion des Wochenblattes trat er mit Celebritäten Königsbergs, wie Kant, Hamann, Herder, Hippel, Scheffner in unmittelbaren Verkehr. Durch seine Wochenschrift führten sich Herder und Scheffner in die litterarische Welt ein. Um stattlichere Räume für seine Buchhandlung zu erlangen kaufte er das neugebaute Löbenicht'sche Geschäftshaus an. 1787 wurde die Kantersche Buchhandlung von Gottlieb Leberecht Hartung angekauft. Nachdem er die Buchdruckerkunst in der Offizin seines Bruders, des Hofbuchdruckers Daniel Christoph Kanter, erlernt hatte, übernahm er 1773 zufolge des ihm von König Friedrich II. erteilten Privilegiums die Errichtung der Hofbuchdruckerei in Marienwerder. Die ältesten Statuten derselben sind am 6. März 1774 entworfen und von einem Faktor und 7 Gehilfen neben dem[526] Prinzipal unterschrieben. Die erste Schrift von bedeutenderem Umfange, welche in der Hofbuchdruckerei, soweit bekannt, gedruckt ist, ist das »Reglement für den Magistrat und die Gerichte der Königl. Preuß. Stadt Elbing«, ein starker Foliant. 1775 kaufte er das Gut Trutenau bei Königsberg mit der dazu gehörigen Papiermühle, in welcher er die Fabrikation von Preßspähnen nach englischem Muster einführte; König Friedrich II. gab zu dem Unternehmen 12,000 Thaler. Auch legte Kanter in Trutenau eine Schriftgießerei an. Erst 48 Jahre alt, starb er am 18. April 1786.

Die Regulierung der Hinterlassenschaft Johann Jakob Kanters nahm mehrere Jahre in Anspruch, während welcher die Hofbuchdruckerei zu Marienwerder im Namen der Kanter'schen Erben verwaltet wurde. Sie endete damit, daß seine beiden Brüder Daniel Christoph und Philipp Christoph Kanter durch gerichtlich vollzogenen Vergleich 1789 in den Besitz der letzteren eintraten. Sein Sohn Johann Jakob Daniel Kanter war schon bei Lebzeiten des Vaters, 1783, als Lehrling in die Westpreußische Hofbuchdruckerei eingetreten und etablierte 1796, von seinem Oheim Daniel Christoph Kanter unterstützt, eine Buchdruckerei in der damals eben unter preußische Regierung gekommenen Stadt Bialystock.

Hofbuchdrucker Daniel Christoph Kanter besaß schon seit 1763 in Königsberg eine Buchdruckerei, welche 1789 7 Pressen beschäftigte. Philipp Christoph dagegen war in Königsberg Buchbinder und Besitzer eines Papierladens. Die Brüder kauften 1792 das Wohnhaus in der Stadtfreiheit Diebau Nr. 1a neben der Marienburger Vorstadt und verlegten die Druckerei dorthin. 1800 verkauften sie die Hofbuchdruckerei ihrem Neffen Johann Jakob Daniel Kanter, dem schon erwähnten Sohne des Gründers derselben. Philipp Christoph überwies ihm überdies noch ein bedeutendes Darlehn als Betriebskapital. J. J. Daniel verlegte die Offizin in das Haus Marienburger Vorstadt Nr. 27/28. Er starb am 27. Januar 1813; die Offizin kam an seinen Bruder Johann Jakob Wilhelm Kanter, seines Zeichens Oekonom. Die beginnende Geschäftskonkurrenz trieb ihn, auch seine Offizin zu erweitern und zu vervollkommnen, besonders als die Königl. Regierung 1818 eine Steindruckerei einrichtete. Nach längeren Verhandlungen kam es zwischen der Regierung und Kanter 1825 zu einem Vertrage, nach welchem die erstere dem letzteren für eine festgesetzte Summe ihre Steindruckereiutensilien verkaufte. Aber die Steindruckerei rentierte in den ersten Jahren schlecht, sodaß sie aufgegeben wurde. Inzwischen entschloß[527] sich Kanter, besonders auf Anliegen seines Sohnes Constantin Gustav dieselbe wieder einzurichten und seitdem hat sie einen wesentlichen Bestandteil der Offizin gebildet. Schon vorher hatte Kanter eine Filial-Buchdruckerei in Marienburg angelegt und seinem zweiten Sohne Moritz Kanter übergeben. Während dieselbe noch besteht, hielt sich eine zweite, welche 1835 zu Pelplin errichtet wurde, nur dritthalb Jahre. Auch eine Papiermühle legte er an; er kaufte 1831 die Walk-, Loh- und Grützmühle an der Liebe, nahe bei Marienwerder, errichtete die zur Papierfabrik erforderlichen Gebäude und übergab sie 1833 seinem ältesten Sohn Wilhelm Kanter. Nach einer Inventur von 1840 waren damals in der Buchdruckerei 5 hölzerne Druckpressen, von der um diese Zeit üblichen Konstruktion, außerdem zum Steindruck 3 Stangenpressen und 1 Sternpresse im Gange.

J. J. Wilhelm Kanter starb am 27. Januar 1842 und hinterließ durch testamentarische Verfügung die Hofbuchdruckerei in Marienwerder dem jüngsten seiner Söhne Constantin Gustav Kanter. Geboren den 7. Februar 1809 hatte dieser die Typographie in der Offizin seines Vaters erlernt. Mit außerordentlichem Eifer strebte er den Anforderungen der Zeit gerecht zu werden und den Geschäftsbetrieb zu erweitern.

Constantin Gustav Kanter starb am 7. Mai 1866; Besitzer der Offizin wurde Richard Kanter.

Auch mit Verlag hat sich die Kantersche Firma beschäftigt. Aus den Intelligenzblättern ist im Laufe der Zeiten das »Amtsblatt der Kgl. Westpreußischen Regierung« hervorgegangenen; dazu kamen eine lange Reihe von Jahren hindurch die »landwirtschaftlichen Mitteilungen«, Zentralorgan für die landwirtschaftlichen Vereine von Danzig und Marienwerder, »kath. Schulblatt« v. Wittich, und seit dem Jahre 1852 eine dreimal wöchentlich erscheinende politische Zeitung, die »Ostbahn«. Der Druck amtlicher Erlasse und Formulare beschäftigt einen höchst beträchtlichen Teil der Arbeitskräfte der Offizin. Aber auch der Verlag von Schul- und Erbauungsbüchern, deutscher und polnischer, evangelischer und katholischer, ist bedeutend. Laut Inventur vom 30. März 1800 repräsentierten die damals in der Offizin vorhandenen gedruckten Verlagsbücher und andere gedruckte Sachen einen Wert von 11,806 Thaler 67 Groschen, laut Inventur von 1840 die betr. Vorräte einen Wert von 14,250 Thaler 7 Sgr. 5 Pf.

Quellen: Toeppen, Kurze Nachrichten über die Königl. Westpreuß. Hofbuchdruckerei zu Marienwerder, 1872; Meckelburg, Geschichte der Buchdruckereien in Königsberg, 1840; Neue Preuß. Provinzialblätter, Bd. IX, 1850; Börsenblatt für den deutschen Buchhandel, 1897; Archiv für Geschichte des deutschen Buchhandels, Bd. XVIII.

Quelle:
Rudolf Schmidt: Deutsche Buchhändler. Deutsche Buchdrucker. Band 3. Berlin/Eberswalde 1905, S. 526-528.
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