Quentell, Heinrich

[786] Quentell. Heinrich Quentell, einer der hervorragendsten Kölner Buchdrucker, überragte an Leistungsfähigkeit und Unternehmungsgeist die meisten seiner Zeitgenossen, er war der Begründer einer Offizin, die noch die Stürme des 30-jährigen Krieges erlebt hat.

Quentell stammte aus Straßburg, wo er vermutlich die Buchdruckerkunst erlernte; vor seiner Druckertätigkeit scheint er bereits als Verleger tätig gewesen zu sein. Er betrieb sein Geschäft in der Nähe des Doms im Hause »Zum Palast«. Ueber die weiteren Schicksale Quentells sind wir nicht unterrichtet, er muß spätestens im Herbste 1501 gestorben sein.[786]

Der Beginn der Quentell'schen Druckertätigkeit wird neuerdings in das Jahr 1477 verlegt, während man bisher als das erste der 400 bekannten Drucke des Meisters den 1479 erschienenen 500 Seiten starken Folianten der Summa Astesani nannte. In 15 von den 22 mit den Typen seiner deutschen Bibel in den Jahren 1479 bis 82 hergestellten Werken hat sich Quentell ausdrücklich als Drucker genannt, dann verschwindet plötzlich sein Name, um erst 1489 wieder in Druckwerken zu erscheinen, obschon während dieser Zeit Quentell keinesfalls still gelegen haben kann.

Seine berühmte »Kölner Bibel«, eines der bekanntesten Druckwerke des 15. Jahrhunderts, erschien um 1479 in einer holländischen und kölnischen Mundart, und leitete eine neue Epoche der Bilder-Bibeln ein. Sie enthält 113 Bilder und ist mithin die erste, welche die Bezeichnung »Bilderbibel« auch wirklich verdient. Warum Quentell bei seiner Bibelübersetzung sich nicht genannt hat – am Ende des kostbaren Bandes befindet sich nur die Bemerkung, daß das Werk »nicht geschrieben, sondern mit großem Fleiß und Arbeit gedruckt sei« – ist bis jetzt noch nicht festzustellen gewesen. Daß er der Bibeldrucker gewesen sei, galt seither bei den meisten Bibliographen als bewiesen durch die große Ähnlichkeit, wenn nicht Gleichheit der Typen, Holzschnitte und Randverzierungen mit anderen Quentell'schen Drucken, während neuerdings Zaredtzky Quentell nur als Verleger des Werkes anerkennen will und Götz von Schlettstadt für seinen Drucker hält. Dieser soll Quentell, der das Papier zum Druck geliefert hatte, eine namhafte Summe geschuldet haben.

Welche Ausdehnung der Quentell'sche Verlag allmählich nahm, ist aus einem 1501 veröffentlichten Verzeichnis des Kölner Bibliographen L. v. Büllingen ersichtlich, das nach Merlo bereits 134 Verlagswerke mit Quellen Namen anführt. Die meisten seiner Bücher sind religiösen oder religionsphilosophischen Inhalts, in Bezug auf die Ausstattung ist von Holzschnitten, besonders auf den Titelblättern, ausgiebiger Gebrauch gemacht, die Datierung geschieht noch mehrfach nach dem römischen Kalender, Signatur bildet nahezu die Regel. Quentells Geschäftsteilhaber war sein Schwiegervater Johannes Helman, von dem nur der Druck: »Dyt is die Passie ons heren Jhesu christi« von 1505 bekannt ist.

Quentells Offizin wurde von seinen Kindern fortgeführt. 1520 erscheint Peter Quentell als alleiniger Leiter; unter ihm nahm das Geschäft einen bedeutenden Aufschwung, sodaß er neben den eigenen auch noch fremde Pressen dauernd beschäftigen konnte. Unter den zahlreichen Erzeugnissen dieser Zeit ist vor allem der aus neun Blättern bestehende, von dem Maler und Holzschneider Anton Woensam von Worms nach der Natur aufgenommene und in Holz[787] geschnittene große Prospekt der Stadt Köln zu nennen, von dem zwei Ausgaben, aus dem Jahre 1531 und 1557 stammend, bekannt sind. Ratsherr Peter Quentell starb am 29.2.1546; das Geschäft wurde von seinem zweiten Sohn, Johann Quentell fortgeführt, der mit dem bekannten Buchhändler Arnold Birkmann verschwägert war. Nach seinem schon 1551 erfolgten Tode erscheint die Firma Haeredes Joannis Quentel, bis 1557, die aber infolge einer zweiten Heirat von Johanns Frau mit dem Senator und Lizenziat der Rechte Gervin Calenius (gest. 1600) von diesem bis zur Volljährigkeit von dem aus erster Ehe stammenden Arnold Quentell fortgeführt wurde.

Calenius verstand es, das Geschäft auf der alten Höhe zu halten. Unter den damals herausgekommenen Verlagswerken verdienen besondere Erwähnung die prachtvoll ausgestattete 1564 erschienene Dietenbergersche Bibelübersetzung und des Leonhard Surius De probatis sanctorum historiis, 1570. Etwa ums Jahr 1596 hat dann Arnold Quentell das Geschäft übernommen. 1598 gab er einen Verlagskatalog, betitelt: Quentelianae officinae librorum tam suis typis guam expensis excusorum Catalogus heraus, der 181 Werke historischen, juridischen, theologischen, medizinischen und vermischten Inhalts verzeichnet, von denen nur 61 in deutscher Sprache gedruckt sind. Arnold Quentell starb 1623. Leiter des Geschäfts wurde durch Testamentsverfügung Arnolds Johann Krebs, dem Heinrich Berchem als Geschäftsnachfolger und letzter Inhaber des alten Quentellschen Geschäftes folgte.

Quellen: Heitz-Zaretzky, Kölner Büchermarken, Straßburg 1898; Voullieme, der Buchdruck Kölns, Bonn 1903; Zeitschrift für Bücherfreunde 1899; Niederrheinische Annalen Heft 42.

Quelle:
Rudolf Schmidt: Deutsche Buchhändler. Deutsche Buchdrucker. Band 5. Berlin/Eberswalde 1908, S. 786-788.
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