Raabe, Ferdinand

[788] Raabe, F. Im Jahre 1791 begründete Christian Friedrich Kindler zu Königsberg i. Pr. ein Antiquariat, das sich in kurzer Zeit sehr ausdehnte. Kindler besaß ein bedeutendes Lager und »hat sich – wie Ferd. Raabe, sein Nachfolger, in der Vorrede zum ersten Katalog schreibt – in unserer Stadt das Verdienst erworben, zuerst eine geordnete Büchersammlung aufzustellen und dieselbe nach und nach durch gedruckte Verzeichnisse bekannt zu machen; daß er dadurch der Gelehrsamkeit nützlich und der Verbreitung allgemeiner Bildung durch erleichterten Ankauf literarischer Werke beförderlich gewesen, wird durch das Andenken an ihn von gelehrten und geachteten Personen bestätigt«.

Kindler, dessen Familie aus Thüringen stammte, war 1760 geboren. Nach seinem 1813 erfolgten Tode – seine Frau war ihm acht Tage später in den Tod nachgefolgt – wurde das Geschäft zum[788] Verkauf gestellt und im Oktober 1814 von Ferdinand Raabe erworben.

Als Sohn eines Riemermeisters am 29.1.1780 geboren, besuchte Raabe das Friedrichskollegium und verließ die Schule als Primaner, um nach dem Willen des Vaters das Riemerhandwerk zu erlernen. Während der Lehrzeit beschäftigte sich Raabe viel mit den neueren Sprachen und ging nach beendigten Lehrjahren auf die Wanderschaft. Er durchstreifte Deutschland, Oesterreich, Italien, Frankreich und kam 1804 gerade zu Napoleons Kaiserkrönung nach Paris. Das Leben hier zog ihn mächtig an, besonders das Theater. Er beschloß, Schauspieler zu werden und bildete sich zu diesem Zweck mehrere Jahre in Paris aus. 1813 kehrte er als Schauspieler Bergheim nach der Heimatstadt zurück. Sein Vater war schon 1810 gestorben; Raabe beschloß nun den Ankauf des Kindlerschen Antiquariats, da er glaubte, sich damit eine gute Existenz sichern und weil er als Antiquar seinen Wissensdrang am ehesten meinte damit befriedigen zu können. Er richtete auch bald eine Leihbibliothek ein, welche aber 1839 einging. Raabe war sehr vertrauensselig, und da er kein Geschäftsmann war, unredlichen Geschäftsführern fast ganz ausgeliefert. Er lebte, wie in seiner Jugend, ganz den schönen Wissenschaften, las und studierte viel, schrieb Theaterstücke, Novellen und Gedichte. Seine Tragödie »Hans von Sagan« wurde 1843 am Königsberger Stadttheater aufgeführt und seine für das Königsberger Unterhaltungsblatt geschriebenen Novellen und Gedichte wurden gern gelesen. 1828 gab er eine Zeitschrift für Gebildete »Der Luftballon« heraus. Vom Jahre 1839 ab war Raabes Tochter Caecilie 20 Jahre lang Leiterin des Geschäfts. Am 22.1.1859 starb Raabe. Caecilie Raabe behielt auch jetzt noch die Leitung der Firma und hat bis 1875 im Ganzen 36 Kataloge, durchschnittlich 3000 Nummern enthaltend, veröffentlicht. Im Herbst 1875 übernahm ein Sohn ihrer jüngeren Schwester, Eugen Heinrich, das Geschäft und dieser setzte es, indem er jetzt auch mit dem Gesamtbuchhandel in Verkehr trat, unter der neuen Firma F. Raabes Nachfolger fort.

Große und kostbare Bibliotheken bedeutender Gelehrten, Theologen und Aerzte, wie Bohn, E. Burdach, E. Burow, Carus, Rob. Caspary, Herbart, Hildebrant, Joh. Jacobi, A. Kahle, K. Rosenkranz usw. wurden angekauft und in die Kataloge aufgenommen. Die Spezialität des Antiquariats ist Prussica.

Quellen: Gesch. d. Antiqu. F. Raabes Nachf. Königsberg 1892.

Quelle:
Rudolf Schmidt: Deutsche Buchhändler. Deutsche Buchdrucker. Band 5. Berlin/Eberswalde 1908, S. 788-789.
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