Raspe, Gabriel Nicolaus

[790] Raspe, G. N. Der verdienstvolle Nürnberger Buchhändler Gabriel Nicolaus Raspe wurde am 4.12.1712 auf dem Rittergut Crelpa, wo sein Vater, der spätere Bürgermeister von[790] Lauche an der Unstrut, Verwalter war, geboren. Er besuchte die Lateinschule in Naumburg, erlernte den Buchhandel in der Cörnerischen Buchhandlung in Leipzig und war als Gehilfe tätig zu Helmstädt, Wittenberg, Zerbst und Leipzig. 1739 wurde er zum Leiter der Johann Steinschen Buchhandlung in Nürnberg (gegr. 1603, vergl. Band IV S. 739 ds. W.) berufen, die er 1743 für eigene Rechnung übernahm und sie aus einer Sortiments- in eine Verlagsbuchhandlung umwandelte, die bereits über 600 Verlagsartikel umfaßte. Darunter sind namentlich folgende anzuführen: die juridischen Schriften J. J. Mosers; P. Daniels Geschichte von Frankreich, 16 Quartbände 1781 uff.; Heisters Chirurgie mit 38 Kupferstichen 1779; C. von Linne vollst. Natursystem, von P. L. St. Müller, 9 Bde.; desselben Pflanzensystem, 13 Bde. usw., überhaupt viele Schriften aus dem Gebiete der Naturwissenschaft; das noch heute unerreichte bekannte Monumentalwerk Siebmachers Wappenbuch, 6 Teile und 12 Suppl. groß Folio 1785 (2. Ausg. 1855 uff. von Dr. O. Titan von Hefner; die neueste 3. Ausgabe dieses Nationalwerkes umfaßt nicht weniger als 525 Lieferungen); daneben noch eine große Auswahl von Schriften auf dem Gebiete der schönen Wissenschaften und Künste, Musikalien, Schul- und Wörterbücher, Kupferstiche, Landkarten usw. usw. Vor allem aber muß hier sein großes Conchilienwerk, ein Ehrenunternehmen, genannt werden. Er hat es selbst als solches angesehen, denn er schreibt an seinen Autor, daß er aus Erfahrung wisse, daß solche großen Werke gemeinhin keinen Gewinn bringen, denn auch »die letzten Teile anderer Werke blieben mir größtenteils auf dem Halse und wurden Ladenhüter. Das ist gemeiniglich das Schicksal weitläufiger Werke, welche ein Verleger endlich in Makulatur verwandeln muß. Das will ich aber von unserm großen conchiliologischen Werke nicht hoffen, noch hingedeutet wissen, ob ich gleich aus langer Erfahrung weiß, daß 200 Exemplare bey Werken, die von Corallen, Insecten und Conchylien handeln, vollkommen hinreichen, die ganze entomologische und conchyliologische Welt zu befriedigen.« Das gewaltige Werk, herausgegeben von Martini und Chemnitz, in neuer Vervollständigung unter Mitwirkung von Philippi, Pfeiffer, Dunker, Troschel u.a., bearbeitet von Dr. H. C. Küster, fortgesetzt von Dr. W. Kobelt, ist unter dem jetzigen rührigen Verleger Küster bereits bis Lieferung 522 gediehen.

Im Jahre 1763 hatte Raspe die Auslieferung des gesamten Verlages der Firma Johann Friedrich Gaum in Ulm und Joh. Mich. Seiz in Nürnberg übernommen. Nach seinem am 25.10.1785 erfolgten Tode wurde dies Kommissionslager wiederum aufgelöst. Das Geschäft wurde durch die Witwe weitergeführt und demnächst an ihren Tochtermann Gspahn abgegeben. Dessen Witwe [791] Sophia Barbara Gspahn veräußerte 1819 die Handlung an Johann Michael Bauer, von wo ab die bisherige Raspesche Kunst- und Buchhandlung unter der neuen noch heute existierenden Firma Bauer & Raspe fortgeführt wurde. Bauers Nachfolger war Julius Merz, der Besitzer der seit 1780 in Nürnberg bestehenden Firma Schneider & Weigel. Unter Merz nahm der Verlag wiederum einen erheblichen Aufschwung und auch die Zahl Verlagswerke vermehrte sich bedeutend. Genannt seien aus dieser Zeit: v. Hefner, Wappenkunst; Eye-Falke, Kunst und Leben der Vorzeit, 36 Hefte; S. v. Praun, Europäische Schmetterlinge; Zeitschrift für Kulturgeschichte, herausgegb. von Joh. Müller und Joh. Falke, 1856 uff.; die literarhistorischen Arbeiten des Studienlehrers J. L. Hoffmann. 1838-39 erschien das »Athenäum für Wissenschaft, Kunst und Leben«, welche Zeitschrift infolge der Zensurplackereien geschlossen werden mußte. Aus dem alten übernommenen Verlage von Schneider & Weigel seien erwähnt: Bechsteins Abbildungen naturhistorischer Gegenstände; Bibliothek der neuesten Reisebeschreibungen, 21 Bde.; die Schriften Gleichen-Rußworms; Köhlers historische Münzbelustigungen, 24 Bde., 50 Tlr.; sowie endlich eine größere Reihe von Kinder- und Jugendschriften. 1839 vereinigte Merz den Verlag der letzteren Firma mit derjenigen von Bauer & Raspe. Seit dem Jahre 1872 ist Emil Küster Besitzer der altangesehenen Firma, der, hauptsächlich Naturwissenschaft pflegend, die Spinnenwerke von Koch und Keyserling, die Käfer von Küster, die Molluskensauna von Clebbs und Kobelt usw. zur Ausgabe brachte.

Quellen: Waldau, Beyträge zur Geschichte der Stadt Nürnberg, 1787 Selbstverlg.; Raspes Lebensgeschichte, Nürnberg 1787; Verlagskataloge 1819, 1835, 1847 und 1857; Chemnitz, G. N. Raspe, Nürnberg 1787.

Quelle:
Rudolf Schmidt: Deutsche Buchhändler. Deutsche Buchdrucker. Band 5. Berlin/Eberswalde 1908, S. 790-792.
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