Trübner, Nikolaus

[955] Trübner, N. Nikolaus Trübner wurde als der älteste Sohn eines Goldschmieds am 16. Juni 1817 in Heidelberg geboren, besuchte das Gymnasium dortselbst und erlernte den Buchhandel bei Mohr ebenda. Nach sechsjährigen Aufenthalte verließ er die Handlung, um zu Vandenhoeck und Ruprecht nach Göttingen zu gehen, von da aus zu Hoffmann & Campe nach Hamburg. Hatte Trübner bei Mohr in Heidelberg Bekanntschaft gemacht mit berühmten Gelehrten der neu aufblühenden Universität, so lernte er in Hamburg die unruhigen Geister des jungen Deutschlands kennen; beides hat seine Wirkung auf ihn nicht verfehlt. In Frankfurt a. M., wohin er nunmehr übersiedelte, machte er als Angestellter des Fremden- und Hofgeschäftes Wilmanns, das einen beträchtlichen Import französischer und englischer Luxuswerke betrieb, Bekanntschaft mit dem Senior des berühmten Verlagshauses Longmann & Co. in London, der ihn bald darauf für die ausländische Abteilung seines großen Geschäftes engagierte. Als Trübner 1843 in England landete, hatte er 30 Schillinge in der Tasche. Mit Eifer warf er sich nunmehr auf sprachliche und bibliographische Studien.

1852 verließ Trübner das Longmannsche Geschäft und begründete mit höchst bescheidenen Mitteln einiger Heidelberger Freunde und Angehörigen eine Buchhandlung, in die später D. Nutt als Teilhaber eintrat.

Das nächste Ziel, das sich die neue Firma Trübner & Co. steckte, war der Import amerikanischer Literatur. Trübner unternahm zu diesem Zwecke eine mehrmonatige Reise über den Ozean, um die großen amerikanischen Verlagshäuser selbst kennen zu lernen.[955] Ueberall wurde er gut aufgenommen; die damals von ihm angeknüpften Bekanntschaften waren dauernd für das ganze Leben. Die literarische Frucht dieser Reise und eines dreijährigen angestrengten Studiums war sein im Jahre 1855 veröffentlichter »Biblio graphical Guide to American Litterature«, der die gesamte selbständige Literatur der Nordamerikaner seit Beginn des Jahrhunderts verzeichnet und als Beigabe wertvolle Mitteilungen über die Bibliotheken der Vereinigten Staaten enthält. 1859 erschien bereits eine zweite Auflage des Werkes. Zum geschäftlichen Aufschwunge der jungen Firma trug diese Publikation viel bei.

Eine der frühesten Unternehmungen seines Verlags war die Verbindung mit dem bekannten englischen Romanschriftsteller Charles Reade, dessen erste Romane Trübner verlegte.

Der Gedanke, die Literaturschätze des Orients durch einen geregelten Verkehr der europäischen Wissenschaft zugänglich zu machen, versuchte zum erstenmal sein seit 1865 erschienener »American and Oriental Literary Record«, der mit annähernder Vollständigkeit die literarische Produktion Nord- und Südamerikas, sowie die von Indien, Persien, China, Australien, Nord- und Ostafrika des 3. Viertels des 19. Jahrhunderts verzeichnet. Neben dieser fortlaufenden Bibliographie gingen aus dem Geschäft wertvolle bibliographische Verzeichnisse hervor, wie der Catalogue of Sanskrit Litterature und der Catalogue of Dictionaries and grammars. Ferner erschienen in seinem Verlage die bedeutenden Werke von Muir, Legge, Wheeler, Elliot, Cuningham, Beal, Beames, Caldwell, Childers, Max Müller u. a. Viele der in England sehr zahlreichen literarischen Gesellschaften ließen bei Trübner ihre Publikationen erscheinen, so die Early English Text Society, Chaucer Society, Ballad Society, New Shakespeare Society u. v. a. Die englische Regierung und die der Kolonien betrauten Trübner mit dem Debit der amtlichen Publikationen, von denen hier nur als Gegenstück zu unserer Monumenta Germaniae die Chronicles and Memorials genannt seien.

Trübner, der am 30. März 1884 starb, war, trotzdem er sich in England vollständig einheimisch gemacht hat, stets ein warmherziger deutscher Patriot und hat als solcher z.B. den hervorragendsten Anteil an der großartigen Sammlung, die in England und den Kolonien für die Wiederherstellung der Straßburger Bibliothek zusammengebracht wurde.

Trübner hat die Weltstellung Londons im Buchhandel mit scharfem Blick erkannt; er schrieb einmal: »Ich hoffe den Engländern durch meine Tätigkeit zu zeigen, was die Weltherrschaft dieses Landes[956] buchhändlerisch bedeutet, und was der Buchhandel für die Förderung des literarischen Verkehrs zwischen Mutterland und Kolonien, sowie für die Verschmelzung der gegenseitigen geistigen Interessen tun kann.«

Nach dem Tode Trübners wurde die Firma von Edwards und Duffing, die schon früher als Teilhaber eingetreten waren, fortgeführt.

Quellen: Centralblatt für Bibliothekswesen 1884.

Quelle:
Rudolf Schmidt: Deutsche Buchhändler. Deutsche Buchdrucker. Band 5. Berlin/Eberswalde 1908, S. 955-957.
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