Plagal

[904] Plagal. (Musik)

Dieses Beywort giebt man gewissen Kirchentonarten, die man ansieht, als wenn sie andern Haupttonarten, welche Authentische genennt werden1 untergeordnet, oder von demselben abhänglich wären. Diese Abhänglichkeit ist aber etwas völlig willkührliches, und hat weiter nichts auf sich, als die Mode, oder Gewohnheit gewisse Tonstüke so einzurichten, daß wenn eine Parthie oder Stimme, einen oder mehr Säze in einer gewissen Tonart vorgetragen hat, eine andere Stimme hierauf ähnliche Säze in einer andern Tonart, deren Tonica die Quinte der vorhergehenden ist, vortragen. Wann z.B. nach der heutigen Art zu sprechen, eine Stimme in C dur angefangen hätte, so mußte eine andere in g dur antworten. Und in Rüksicht auf diese Beziehung wurd die erste Stimm authentisch, die andere plagalisch genennt. Also kann eine Tonart, die in einem Stük authentisch ist, in einem andern Stük plagalisch seyn.2

1S. Authentisch.
2 Tonarten der Alten.
Quelle:
Sulzer: Allgemeine Theorie der Schönen Künste, Band 2. Leipzig 1774, S. 904.
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