Schnizwerk

[1036] [1036] Schnizwerk. (Bildhauerey)

Unter den Ueberbleibseln der griechischen und römischen Bildhauerkunst findet sich nichts häufiger, als historische und allegorische Vorstellungen, da die in Marmor gehauenen Figuren, mehr oder weniger erhaben, aus dem Marmor hervorstehen. Dieses Schnizwerk, das die Italiäner Relievo nennen, stellt also Schildereyen in Marmor ausgehauen vor, aber so, daß die Bilder, wie auf den Münzen, nur zum Theil über den flachen Grund des Marmors heraustreten, daher solche Arbeit der Beschädigung weniger unterworfen ist, als die Statuen, denen durch Stoßen oder Umstürzen gemeiniglich die Aerme, Beine oder Köpfe abgebrochen werden.

Dergleichen Schnizwerk, das die Stelle der Gemählde vertreten sollte, wurd an Tempeln und andern großen Gebäuden an schiklichen Orten in die glatte Mauer, etwas vertieft eingesezt, und man konnte natürlicher Weise versichert seyn, daß diese Art Gemählde ziemlich wol erhalten bis auf die spätheste Nachwelt kommen würde.

Unter den römischen Kaysern hatte man den Einfall dergleichen Schnizwerk an den Schaften großer zum Andenken vorzüglicher Thaten oder Begebenheiten auf freyen Pläzen aufgerichteter Säulen anzubringen, und noch izt stehen in Rom zwey solche Säulen, davon die eine dem Antoninus, die andre dem Trajanus zu Ehren gesezt worden. Aber sehr lange vorher hatten die Egyptier flaches Schnizwerk von Hieroglyphen auf ihre Obelisken eingehauen.

Man unterscheidet zwey Arten dieses Schnizwerks; eine erhabenere, da die Figuren stark und oft viel über die Hälfte ihrer Dike aus dem Grund hervorstehen; und eine flachere, da sie unter der Hälfte ihrer Dike herausstehen: jene Art wird von den Italiänern Alto relievo; diese basso relievo genennt. Hievon haben wir an einen andern Orte mit mehrerm gesprochen.1

Quelle:
Sulzer: Allgemeine Theorie der Schönen Künste, Band 2. Leipzig 1774, S. 1036-1037.
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