Tablatur

[1129] Tablatur. (Musik)

War lange die Benennung der musikalischen Zeichen überhaupt, nach denen ein Stük gespiehlet werden konnte. Noch lange nach der Erfindung der Noten bedienten sich viele deutsche Tonsezer, fürnehmlich zu vielstimmigen Clavierstüken, der bloßen Buchstaben und Sylben, womit die Töne noch heute benennet werden, über denen gewisse Zeichen die Octave, in welcher der Ton genommen werden mußte, und seine Geltung andeuteten. Diese Art mit Buchstaben zu schreiben, wurde die deutsche, und die mit Noten, die italiänische Tablatur genennet. Heut zu Tage versteht man unter der Tablatur allezeit nur die deutsche.

Nachdem die Noten den Buchstaben durchgängig vorgezogen worden, hat man sich wenig mehr um die Tablatur bekümmert. Indessen hat man der Bequämlichkeit wegen, in Gesprächen oder theoretischen Schriften, folgende Benennungen und Zeichen, womit jeder Ton bestimmt und kurz angedeutet werden kann, aus der Tablatur beybehalten. Man theilt nämlich alle Töne des Systems in sogenannte Octaven ein. Jede dieser Octaven begreift die sieben von c bis h und alle dazwischen liegenden Töne in sich. Auf einem Clavier von vier Octaven, nämlich von

Tablatur

bis

Tablatur

wird die unterste die große Octave genennet, und statt der Noten werden die Töne desselben mit großen Buchstaben angedeutet, als C D E etc. Die darauf folgende heißt die ungestrichene Octave, und die Töne desselben werden durch kleine Buchstaben angedeutet, c d e etc. Dann folgt die eingestrichene Octave TablaturDann die zweygestrichene Tablaturund mit dem höchsten c des Claviers fängt die dreygestrichene Octave an, Tablatur. Die Töne, die unter dem großen C liegen, werden Contratöne genennet, als Contra-H, Contra-B etc.

Die übrigen Zeichen der Tablatur, wodurch die Geltungen der Buchstaben und die Pausen angedeutet wurden, findet man in Walthers musikalischem Lexicon auf der XXI Tabelle. Es ist nicht unrecht gethan, daß man sich mit der Tablatur bekannt mache, damit man die in dieser Schreibart noch vorhandenen Stüke einiger braven alten deutschen Tonsezer, dergleichen Scheidt, Kindermann, u.a.m. gewesen sind, wenigstens in Noten übersezen könne.

Quelle:
Sulzer: Allgemeine Theorie der Schönen Künste, Band 2. Leipzig 1774, S. 1129.
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