Polydorus

[385] Polydorus (Gr. M.),

1) der jüngste Sohn des Priamus von Laothoë oder von Hecuba. Iliona, seine älteste Schwester, war an Polymestor, einen thracischen König, vermählt, welchem Priamus den P. zur Erziehung sandte. Polymestor aber, den siegreichen Waffen Agamemnons huldigend, ermordete den ihm anvertrauten Jüngling und bemächtigte sich der von demselben mitgebrachten Schätze. Aeneas kam zu der Stelle, wo dies geschehen war, wollte von den Myrten eines Hügels Aeste nehmen, um einen Altar zu schmücken; doch wie er sie abreisst, ertönt ein jammervolles Geächze und eine Stimme rief ihm zu: »schone doch meiner im Grabe, ich bin P.; hier deckte mich Durchbohrten die Speersaat, hier wuchs aus den Schäften der Wald auf.« (Virgil.) - Die Tragiker erzählen, dass später sich Hecuba fürchterlich rächte, indem sie dem verrätherischen Polymestor die Augen ausgekratzt habe. Anders wird die Sache von Hygin erzählt: Iliona soll, da sie ihren Bruder auf das Zärtlichste liebte, denselben mit ihrem eigenen Sohne gleichen Alters verwechselt haben, wovon selbst ihr Gatte nichts wusste; er lieferte nun den vermeinten P. den Griechen aus, welche denselben im Lager, Angesichts des Priamus, steinigten; Iliona rächte mit P. diese Schandthat, indem sie dem Bruder seine wahre Abkunft enthüllte, und beide den Polymestor ermordeten.

2) P., Sohn des Cadmus und der Harmonia, Vater des Labdacus, den er mit Nycteïs erzeugte.

3) P., Sohn des Hippomedon, half den Epigonen das mächtige Theben erobern.

Quelle:
Vollmer, Wilhelm: Wörterbuch der Mythologie. Stuttgart 1874, S. 385.
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