Lebender

1. Besser dem Lebenden einen Bissen, als dem Todten ein weiches Kissen.

Die Russen: Lieber den Lebenden ein Lächeln als den Todten tausend Thränen. (Altmann VI, 482.) Aber sie klagen auch sehr richtig: Den Lebenden kränzt man kaum, die Todten möchte man krönen. (Altmann VI, 482.) Und die Jakuten klagen: Den Lebenden versagt man ein Bret, den Todten wird ein ganzer Kasten gegeben. Die Perser empfehlen: Den Lebenden Häuser, den Todten Gräber.


2. Der Lebende gibt keine Erbschichtung.Graf, 184. 17.

Vor des Erblassers Tode ist keine Erbschaft denkbar. »De lewendige Deid nene Erbschichtinge.« (Normann, 159, 123.)


3. Die Lebenden müssen die Todten begraben.

Holl.: Met de levenden begraaft men de dooden. (Harrebomée, II, 20; Bohn I, 334.)


4. Man soll an keinem Lebenden verzweifeln.

Dän.: Man skal ei mistvivle om nogen levende. (Prov. dan., 416.)


5. Mit den Lebenden kann man hausen, mit den Todten kann man's nimmer. (Weingarten.) – Birlinger, 334.

Engl.: We must live by the quick and not by the dead. (Bohn II, 127.)


6. Niemand kann einen Lebenden erben.Graf, 184, 16.

Es kann sich daher auch niemand sein Erbtheil herausgeben lassen. (S. Erben 7.)


[1865] 7. Nur der Lebende hat Recht.

Die Russen: Der Lebende ist im Recht vor dem Todten. (Altmann V, 110.) Ferner: Der Lebende hat keinen Grabhügel. (Altmann V, 70.) Und: Die unter den Gräbern liegen, müssen stumm bleiben für die, die über den Gräbern ihrer lachen. (Altmann VI, 478.)

Böhm.: Ziví se všeho dočekají, a mrtví doleží. (Čelakovsky, 262.)

Dän.: Jeg holder med de levende, de lærde med de døde. (Prov. dan., 298.)

Frz.: Les absens ont tort. (Venedey, 131.)


8. Unter den Lebenden vergisst man die Todten.

Holl.: Men zal met de levenden de dooden vergeten. (Harrebomée, II, 20.)

Quelle:
Karl Friedrich Wilhelm Wander (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon, Band 2. Leipzig 1870, Sp. 1865-1866.
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