Anderthalb

[281] Anderthalb, adj. indeclin. für, ein und ein halb. Anderthalb Pfund. Anderthalb Jahr. Anderthalb Acker. Anderthalb Faß. Man hüthe sich, anderthalb hier für den Singular zu halten, und wohl gar die Regel darauf zu bauen, daß es gar keinen Plural haben könne, weil dieser wenigstens zwey Dinge erfordere. Man kann mit eben so vielem Grunde behaupten, daß hier kein Singular Statt finden könne, weil dieser nur Einem Dinge allein zukommt. Die angeführten Substantiva stehen hier materialiter, folglich im Singular, wie schon bey den Wörtern Acker und Ahm angemerket worden. In andern Fällen, z.B. anderthalb Ellen; ich habe ihn vor anderthalb Jahren gesehen;[281] es sind anderthalb Monathe, daß ich ihn nicht gesehen habe; anderthalb Deutsche Meilen u.s.f. ist der Plural unläugbar, und läßt sich nicht mit dem Singular vertauschen.

Anm. Anderthalb kommt schon bey dem Notker und den folgenden Schwäbischen und Fränkischen Schriftstellern vor, aber nicht in der heutigen Bedeutung, sondern für, auf der andern Halbe oder Seite, S. Halbe. Die heutige Bedeutung scheint neuer zu seyn. Indessen haben wir das Wort auch in dieser den Oberdeutschen zu danken. Denn das t in der Mitte ist ein deutlicher Beweis, daß ander hier die Oberdeutsche Ordnungszahl anderter für zweyter ist. Diejenigen, welche von dieser Ordnungszahl nichts wissen wollen, dürfen daher auch nicht anderthalb, sondern zweytehalb sagen. Frisch hat die Bedeutung des ander nicht genug gekannt, sonst würde er das t hier nicht für überflüssig erkläret haben. Indessen ist doch nicht zu läugnen, daß in dem Theuerdank und andern Oberdeutschen Schriftstellern auch anderthalb und andirhalb ohne t vorkommt.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 1. Leipzig 1793, S. 281-282.
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