Anfechten

[292] Anfêchten, verb. irreg. act. S. Fechten. 1. Eigentlich, fechtend, d.i. mit den Waffen, angreifen; welche Bedeutung aber nicht mehr üblich ist. 2. Figürlich. 1) Einen schwachen Angriff auf etwas thun, im figürlichen Verstande. Von einer Krankheit angefochten werden. Das ficht meine Ehre an. Auch diese Bedeutung ist bey guten Hochdeutschen Schriftstellern ungewöhnlich, ob sie gleich im Oberdeutschen häufig vorkommt. 2) Mit schwachen oder bloß scheinbaren Gründen angreifen, zum Unterschiede von dem bestreiten. Eines andern Meinung anfechten. Einen Satz anfechten. Besonders den Besitz einer Sache vor Gerichte auf diese Art, d.i. mit schwachen, bloß scheinbaren Gründen, streitig machen. Einen Kauf, einen Tausch, einen Vertrag anfechten. 3) Zum Bösen reitzen, den Verstand mit Zweifeln versuchen, im theologischen Verstande. Von dem Satan, von der Sünde angefochten werden. 4) Bekümmern, beunruhigen, so wohl im theologischen Verstande, als auch im gemeinen Leben. Das lasse ich mich nicht anfechten, ich lasse mich dadurch nicht unruhig machen. Er läßt sich nichts anfechten, bekümmert sich um nichts. Was, Geyer, ficht ihn an? Less. was fällt ihm ein, beunruhiget ihn?

Anm. Anfechten, Schwed. anfekta, Dän. anfegte, kommt bey den Schriftstellern der ältern und mittlern Zeiten noch häufig in der ersten und eigentlichen Bedeutung vor. Er fiht die mih anafehtent, sagt Notker Ps. 34, 1. Mehr Beyspiele hat Frisch gesammelt. Auch in der Bedeutung des Versuchens zum Bösen ist es alt, weil es in diesem Verstande schon bey dem Notker vorkommt.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 1. Leipzig 1793, S. 292.
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